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1901 bis 1910 · Die Findungsphase des Films
ОглавлениеNachdem der Film sich in seinen ersten Jahren noch mit einzelnen Einstellungen und einer weitgehend starren Kamera zufriedengegeben hat, kann man das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts als eine Zeit der Montage bezeichnen. In diesen Jahren erfolgen die ersten Kombinationen von Master- und Insert-shots, also großen Ansichten des übergeordneten Geschehens, die durch davon abgesetzte Ansichten von Details ergänzt werden. Außerdem etablieren sich nach einer kurzen Übergangsphase die ersten Anschlussschnitte, wie sie bis heute zum Standardinventar der Filmsprache gehören. Parallel-Shots ermöglichen die ersten Vermittlungen von Gleichzeitigkeit und in einigen Pathé-Filmen von 1907 und 1908 kann man gar von ersten Parallelmontagen im engeren Sinne sprechen. Zudem wird 1907 in dem Vitagraph-Film Francesca da Rimini der erste Blick aus der Perspektive einer Figur, ein sogenannter point of view shot (kurz: PoV Shot)in einen Film montiert und sogar noch in eine Detailansicht aufgelöst: Nach dem Blick einer Figur auf ein Amulett ist jener Gegenstand, um seine Wichtigkeit für die Handlung zu betonen, noch einmal, aber aus größerer Nähe zu sehen. All diese Entwicklungen sind Vorläufer des bereits wenige Jahre später verbindlichen und bis heute verständlichen und üblichen Continuity-Stils. Nach der technologischen Findungsphase des späten 19. Jahrhunderts begibt sich der Film in den 1900er-Jahren also in eine stilistische Findungsphase und schafft es damit, nunmehr auf technisch-inhaltlicher Ebene und nicht mehr nur als Novität fortwährend attraktiv zu bleiben.