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EINFÜHRUNG (WALES)

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Man kann Dr. Sutherlands Gedankengänge innerhalb der Wissenschaft und Anwendung der Osteopathie mitverfolgen von seinen Studententagen an der American School of Osteopathy in Kirksville, Missouri, bis hin zu den letzten Vorträgen, die er auf einem Seminar im Januar 1953, erneut in Kirksville, hielt. Diesen Sachverhalt verdanken wir der Tatsache, dass Mrs. Sutherland eine Biografie ihres Ehemannes schrieb, Mit klugen Fingern, und dass sie seine Aufzeichnungen in einem anderen Buch sammelte, das sie Einige Gedanken nannte.

Vor diesem so gut dokumentierten Hintergrund kann man erkennen, dass Dr. Sutherland als Arzt und Osteopath das praktizierte, was er gelernt hat. Durch sein Verständnis von Dr. Stills Lehre war er überzeugt, dass Dr. Andrew Taylor Still den lebenden menschlichen Körper als eine Einheit, einen Gesamtorganismus, betrachtete. Er erkannte auch, dass Dr. Still seinen Unterricht auf das beschränkte, was die Studenten seiner Meinung nach im ersten Jahrzehnt der Lehre der Osteopathie erfassen und sinnvoll anwenden konnten. Ebenso erkannte er, dass Dr. Still in seiner Lehre und in seinen Schriften die Saat einer umfassenderen Sichtweise pflanzte. Und natürlich drückte Dr. Still sein Verständnis der Anatomie, des Skelettsystems und des Konzepts der Osteopathie in der Sprache seiner Zeit aus.

Dr. Sutherland bemerkte oft, dass das Kraniale Konzept nicht seines wäre, sondern das von Dr. Still. Jener hatte behauptet, dass es in einem gesunden, lebenden menschlichen Körper keine Synarthrosen gäbe. Zu jener Zeit glaubte die Mehrheit, dass das Iliosakralgelenk eine Synarthrose und daher unbeweglich sei. In seiner Lehre analysierte Dr. Still nur die Iliosakralgelenke; Dr. Sutherland erkannte jedoch später, dass diese Betrachtungsweise auch auf den knöchernen Schädel angewandt werden konnte.

Dr. Still sprach oft von einem besonderen Entwurf, der die Bewegung in den Gelenken ermöglichte. Um dies besser darzustellen, waren anatomische Ansichtsexemplare im College ausgestellt. Sie konnten von den Studenten genau studiert werden. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so wäre Dr. Sutherland nie zu dem Augenblick in seinem Leben gelangt, als ihn ein Geistesblitz überfiel und er die Artikulation der Sutura sphenosquamosa als einen Entwurf für Beweglichkeit erkannte, die auf einen Atemmechanismus schließen ließ – ähnlich wie die ‚Kiemen eines Fisches‘. Da er in anatomischen Lehrbüchern gelesen hatte, dass die Suturen und andere Gelenke im Bereich des Schädels und des Gesichts beim Erwachsenen verschmelzen oder verknöchern, begegnete er seiner Einsicht jahrelang mit Skepsis und Zurückhaltung.

Schließlich wollte Dr. Sutherland die Unsicherheit ausräumen, indem er die Fakten in seinem Gehirn ordnete und begann, die Gelenkflächen der einzelnen Knochen genau zu untersuchen. Damit wollte er sich selbst beweisen, dass eine Beweglichkeit zwischen den Knochen des Schädels an den Suturen unmöglich sei. Diesen Beweis konnte er nicht erbringen, und so musste er sich der Tatsache stellen, dass eine Beweglichkeit dennoch möglich ist, die nicht durch Muskeln hervorgerufen wird.

In seinen Vorträgen erklärte er, dass jeder, der die gleichen Untersuchungen anstelle, den gleichen Schock bekäme, wenn er diese Realität verstehe. Die Untersuchung der Bewegungslehre von Gelenken im lebendigen menschlichen Körper ließ ihn in seinen Patienten Kräfte erkennen, die Probleme und gesundheitliche Beanspruchungen beseitigen konnten. Die Natur der Gelenkmechanismen im Endo-Skelett, die mechanischen Prinzipien in Bezug auf bestehende Probleme und auf deren Selbstkorrektur führten zur Entdeckung neuer Diagnose- und Behandlungsmethoden am Patienten.

Im zunehmenden Verständnis der Osteopathie, wie sie von Dr. Still gelehrt und vorgestellt wurde, wurzelte die Entwicklung seiner Fähigkeiten als Arzt. Gegründet auf das, was ihn die Patienten lehrten, entwickelte Dr. Sutherland viele verschiedene Wege, Osteopathie zu praktizieren. Als seine Patienten von seinen Behandlungsmethoden zumindest profitierten und im besten Falle wieder gesund wurden, schloss er daraus, dass er sich eine grundlegende Wissenschaft zunutze machte, die dabei war, ihre Wahrheiten zu entfalten. Als Behandler besaß er die Fähigkeit, das jeweilige Problem ausfindig zu machen. In seinen Vorträgen betonte er, dass die Diagnose das Schwierigste sei. Sobald man das versteht, ist die Behandlung einfach.

Viele seiner Kollegen studierten bei ihm, da sie lernen wollten, die Osteopathie so zu praktizieren, wie er es tat. Dieser Wunsch war Grundlage für jene Kurse, die er in den 1940ern und 1950ern abhielt. Er begründete auch eine dazugehörige Fakultät, deren Mitglieder von ihm ausgebildet wurden.

Fast alle Teilnehmer an diesen Studiengängen spürten die Notwendigkeit, ihr Wissen in Anatomie und Physiologie nochmals zu überdenken. Sie fanden es in diesem Zusammenhang einfacher und interessanter, gemeinsam zu lernen. Als Konsequenz daraus bildeten sich landesweit Studiengruppen, und einige von ihnen beschlossen, ihre Aufmerksamkeit ganz auf den Schädel und die Lehre von Dr. Sutherland zu richten.

Die meisten der Kursteilnehmer bei Dr. Sutherland waren Mitglieder der Academy of Applied Osteopathy. Diese Organisation stellte eine Quelle der Unterstützung für seinen Unterricht dar. Im Juli 1946 versammelte sich eine Gruppe jener Interessierten auf der Konferenz und dem wissenschaftlichen Seminar der American Osteopathic Association in New York City. Dort wurde der Anstoß zur Gründung der Osteopathic Cranial Association als einer Tochter der Academy of Applied Osteopathy4 gegeben. Im Juli 1947, beim Jahrestreffen in Chicago, wurde dieser Organisationsprozess abgeschlossen.

Die Arbeit der Osteopathic Cranial Association umfasste auch das Organisieren von Konferenzen und das Aufbereiten von Material für Veröffentlichungen und Studienzwecke. Während dieser ganzen Zeit lief Dr. Sutherlands Unterrichtsprogramm weiter und schloss die Nutzung der Räumlichkeiten des Des Moines Still College of Osteopathy und des Chicago College of Osteopathy5 ein. Zusätzlich reiste Dr. Sutherland in Gegenden, die für jene, die sein Kraniales Konzept studieren wollten, günstig lagen. Kurse, die er in Providence, Rhode Island, in den Jahren 1948, 1949 und 1950 abhielt, gehörten zu diesen regionalen Ausbildungsprogramm.

Im Lauf der Zeit erkannte Dr. Sutherland die Notwendigkeit zur Schaffung einer Einrichtung, die es seinem Ausbildungsprogramm erlauben würde, unter Leitung seiner Fakultät weiterzulaufen. So veranlasste er im September 1953 die Gründung der Sutherland Cranial Teaching Foundation in Denver, Colorado.

Die Sutherland Cranial Teaching Foundation, Inc. stellt eine Ausbildungseinrichtung dar, deren Zweck die Weiterführung des von Dr. Sutherland organisierten Unterrichtsprogramms ist. 1960 organisierte sich die Academy of Applied Osteopathy neu und änderte ihren Namen in American Academy of Osteopathy. Zeitgleich änderte die Osteopathic Cranial Association ihre Verbindung zur Akademie von einer lediglich angegliederten Gesellschaft zu einem festen Bestandteil und änderte ihren Namen in Cranial Academy.

Den Mitgliedschaften in all diesen Organisationen ist eines gemeinsam: Das kontinuierliche Studium der Wissenschaft der Osteopathie und die Weiterentwicklung der Fähigkeiten in ihrem Anwendungsbereich. Es gibt Veröffentlichungen, Studiengemeinschaften, Seminare und Konferenzen. Ebenso stehen klinisch tätigen Behandlern, die osteopathische Colleges oder Krankenhäuser besuchen, Programme zur Verfügung.

Die Sutherland Cranial Teaching Foundation unterrichtet Studenten und bildet Mitglieder der medizinischen und zahnmedizinischen Berufe in den Einzelheiten der Philosophie, Anatomie und Physiologie des Primären Atemmechanismus aus. Der Unterricht lehrt die Kursteilnehmer Palpation und andere manuelle Fähigkeiten im Bereich der klinischen Anwendung des Kranialen Konzepts in Gesundheit und ebenso bei Problemen, die den Primären Atemmechanismus negativ beeinflussen, wie Krankheiten und Traumen. Dabei wird das Zusammenspiel mit der Anatomie und der Physiologie des gesamten Körpers betont.

Anne L. Wales D.O.

Herausgeberin

Das große Sutherland-Kompendium

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