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7 Die primäre Sucht

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»Wie ist es beim Masturbieren?«, fragte Bensimon.

»Da klappt es fast immer. In neun von zehn Fällen, würde ich sagen. Das ist nicht das Problem.«

»Aha. Die primäre Sucht.«

»Wie bitte?«

»Ein Ausdruck von Dr. Freud …« Bensimon hielt den Füller bereit. »Was stimuliert Sie?«

»Es kommt darauf an.« Lysander räusperte sich. »Ich denke meist an Personen – Frauen –, die ich früher begehrt habe, und dann stelle ich mir eine –« Er verstummte. Nun erkannte er, wie hilfreich es war, dass er seinem Gesprächspartner nicht gegenübersaß. »Ich stelle mir eine Situation vor, bei der alles nach Wunsch verläuft.«

»Natürlich rein hypothetisch. Die Hypothese einer perfekten Welt. Die Wirklichkeit ist weitaus komplizierter.«

»Ja, mir ist schon bewusst, dass das reine Phantasie ist.« Lysander versuchte, seine Gereiztheit nicht anklingen zu lassen. Bensimon nahm das Gesagte manchmal allzu wörtlich.

»Aber das ist durchaus von Nutzen«, sagte Bensimon. »Ist Ihnen ›Parallelismus‹ ein Begriff?«

»Nein. Ist das schlimm?«

»Keineswegs. Es handelt sich um eine Theorie, die ich selbst entwickelt habe, gewissermaßen als Ergänzung zum zentralen Ansatz von Dr. Freuds Psychoanalyse. Vielleicht kommen wir später einmal darauf zurück.«

Stille. Lysander hörte Dr. Bensimons Plopplaute. Ploppploppplopp machten seine Lippen. Nervtötend.

»Lebt Ihre Mutter noch?«

»Sie erfreut sich bester Gesundheit.«

»Erzählen Sie mir mehr. Wie alt ist sie?«

»Neunundvierzig.«

»Beschreiben Sie Ihre Mutter.«

»Sie ist Österreicherin. Spricht fließend Englisch, praktisch akzentfrei. Sie ist sehr elegant. Immer auf der Höhe der Zeit.«

»Ist sie schön?«

»Ich denke schon. Als junge Frau war sie sehr schön. Ich habe Fotos gesehen.«

»Wie heißt sie?«

»Anneliese. Meistens wird sie Anna gerufen.«

»Mrs Anneliese Rief.«

»Nein. Lady Faulkner. Nach dem Tod meines Vaters hat sie einen Lord Faulkner geheiratet.«

»Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Stiefvater?«

»Sehr gut. Crickmay Faulkner ist älter als meine Mutter – deutlich älter. Er ist über siebzig.«

»Aha.« Lysander hörte den Füller kratzen.

»Denken Sie auch in sexueller Hinsicht an Ihre Mutter?«

Lysander unterdrückte ein müdes Stöhnen. Er hatte wirklich Besseres von Bensimon erwartet.

»Nein«, sagte er. »Bestimmt nicht. Nie. Niemals.«

Eine große Zeit

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