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16 Ein teuflischer Plan

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Dr. Bensimon sah Lysander zweifelnd an.

»Nun, das erscheint mir mehr als außergewöhnlich.«

»Ich weiß«, räumte Lysander ein und schüttelte den Kopf, nicht minder ratlos.

»Und alles hat funktioniert?«

»Völlig problemlos. Ganz normal. Ich habe es sogar wiederholt – nur um mir zu beweisen, dass das kein bloßer Zufall war.«

»Zwei Mal?«

»Binnen vierzig Minuten, so in etwa.«

Lysander dachte daran zurück – zwei Tage nach dem Ereignis war er immer noch verwirrt und verwundert. Sie waren in die kleine Schlafkammer gegangen und wurden dann von einem Strudel erfasst, seine Kleider wirbelten von der Wolldecke hinunter, Miss Bull riss sich Bluse, Rock, Mieder, Unterrock und Schlüpfer vom Leib, dann fanden sie sich im Eisenbett wieder, ihr schmaler, kleiner, straffer Körper wand sich in seinen Armen, seine Erregung wurde heftiger und fordernder. Gewisse Details prägten sich ihm auf Anhieb ein – ihre dunklen Haare, die sich auf dem Kissen ausbreiteten, ihre unerwartet prallen Brüste mit den kleinen kreisrunden Warzen, ihre kohleverschmierten Fingerspitzen –, danach schien er jedoch in eine Art sexuelle Trance geraten zu sein, in der alles andere verschwamm, während er sich auf das Wesentliche konzentrierte. Und als er schließlich zum Höhepunkt kam und sich entlud, war er derart überrascht, dass er »Mein Gott!« brüllte, von Lust und Erstaunen überwältigt, und sie ihn fragte, ob mit ihm alles in Ordnung sei.

Sie lösten sich voneinander und fielen zurück, Lysander vergrub den Kopf in das dünne Kissen, ihm kamen die Tränen, als Hettie – von nun an Hettie, nicht mehr Miss Bull – die Madeiraflasche und die Gläser holen ging. Sie tranken, sie streichelten einander, sie unterhielten sich.

»Das war doch alles bloß ein teuflischer Plan, nicht wahr?«, klagte er sie an.

»Ja. Das gebe ich zu – ich gestehe. Schon vom ersten Tag an, als wir uns in Dr. Bensimons Praxis begegnet sind. Ich war damals völlig außer mir, weißt du noch?«

»Ja.«

»Und trotzdem bist du mir danach nicht mehr aus dem Kopf gegangen, warum auch immer. Vielleicht, weil du mich anstandslos vorgelassen hast und so verständnisvoll warst. Du warst nicht unangenehm, sondern nett. Und hübsch dazu.«

»Und dann hast du hin und her überlegt und schließlich diese teuflische List ausgeheckt.«

»Wobei ich mir nicht sicher war, dass es funktionieren würde. Du hättest ja auch empört reagieren und Reißaus nehmen können. Aber dann dachte ich mir, da du Schauspieler –«

»Woher wusstest du, dass ich Schauspieler bin?«

»Ich habe Dr. Bensimon danach gefragt … Und so dachte ich mir, als Schauspieler bist du dieser Herausforderung vielleicht gewachsen und wirst schon deinen Mann stehen.«

»Jegliches Wortspiel wäre rein zufällig.«

»Jetzt darf ich dich doch Lysander nennen?« Sie küsste ihn aufs Kinn und ließ die Hand nach unten gleiten.

»Das scheint mir zwingend geboten.«

Und dann schliefen sie wieder miteinander, und Lysander erlebte seinen zweiten Orgasmus, der ihm sogar noch mehr Lust verschaffte als der erste, weil er sich im Vorfeld abzeichnete und sein Bewusstsein ausreichend Gelegenheit gehabt hatte, sich einzuschalten. Wie durch ein Wunder gelangte er unaufhaltsam zu einem zweiten Höhepunkt, den er in vollen Zügen auskostete.

Dr. Bensimon klopfte mit seinem Füller auf den Löschpapierblock und dachte angestrengt nach.

»Wer war Ihre Partnerin? Eine Prostituierte?«

»Äh … Nein.«

»Entsprach sie Ihren sexuellen Vorlieben, war sie gewissermaßen Ihr ›Typ‹?«

»Eigentlich nicht … Sie war gar nicht mein Typ.«

»Faszinierend. Haben Sie dafür eine Erklärung?«

Lysander überlegte. »Nein. Oder vielleicht doch. Vielleicht habe ich es Ihnen zu verdanken – unseren vielen Gesprächen. Vielleicht lag es am Parallelismus …«

Eine große Zeit

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