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26. Juli 1991

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Jugoslawien. – Eine anscheinend instinktiv befolgte Machtlogik der FAZ-Schreiber: Stärkung der Einheit bei ›uns‹ und den ›uns‹ befreundeten Mächten (der katholischen Kirche, den USA …), Schwächung der anderen, der tatsächlich oder möglicherweise in irgendeiner (oft unklaren) Weise konkurrierenden Mächte. Jugoslawien soll verschwinden, ›wir‹ sind, wie selbstverständlich, im Bunde mit den national ausscherenden Kräften. Die Chaosdrohung des Bürgerkriegs geht – natürlich nur bei ›den Anderen‹ – immer von den größeren Einheiten aus, nie von ihrer Zerlegung. Man muss den untergründigen Filiationen nachgehen, die solche instinktiven Parteinahmen tragen: der große Marktinteressent Bundesrepublik übt – als ein in Wechselwirkung mit anderen seinesgleichen Getrieben-Treibender – eine devastierende Wirkung auf Vergesellschaftungsformen aus, die sich auf niedrigerem Produktivkräfteniveau regulieren; ihre Desintegration setzt dort relative Marktinteressenten heraus, die alsbald das Weite suchen möchten. So zunächst Slowenien, der höchstindustrialisierte und finanziell das ganze Land durchdringende Norden. Auf offenem Markt wird Slowenien es zu nicht viel mehr als zu einem Klientenstatus gegenüber den entwickelten Zentren der EG bringen. Erhofft wird die Ankunft des bis dato jenseitigen Kapitals.

In der SU könnte zuwege gebracht werden, was Jugoslawien versäumt hat: ein zwischen den Mitgliedsrepubliken ausgehandelter neuer Unionsvertrag. Würde die Union zur bloßen Schattenunion, in der alle Macht bei den Republiken läge, könnte das Ganze sich wie das britische Commonwealth in irgendeine lockere Formation mit allen möglichen Übergangsformen zwischen Integration und völliger Auflösung verwandeln. Ob eine solche Struktur der multinationalen Realität der Bevölkerungen Rechnung tragen könnte? Ob sie in der Lage wäre, die nationalistischen Antagonismen notfalls mit Gewalt in rechtsstaatliche Bahnen zu kanalisieren?

Gorbatschow proklamierte vorgestern den Abschied der KPdSU vom Klassenkampf. Nach Stalins »Staat des ganzen Volkes« nun die »Volkspartei«, aber diesmal sozialdemokratischen Typs, in einer Gesellschaft agierend, die weitgehend entstaatlicht ist und sich zunehmend kapitalistisch reguliert. Jedenfalls versucht G, den bisherigen Hauptakteur zu transformieren, um eine handlungsfähige Kraft »sozialistischer Orientierung« (mehr nicht) zu behalten.

Übrigens »dereguliert« jetzt auch Indien: »sozialistische« Elemente werden abgerissen, Währungs- und Außenhandelspolitik liberalisiert. Die Inder werden sich wundern. Anscheinend gilt jede Form eines sozialstaatlichen »Merkantilismus«, das heißt der Bewahrung ökonomischer Handlungsfähigkeit auf nationaler oder regionaler Stufenleiter, als zum Scheitern verurteilt.

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