Читать книгу Jahrhundertwende - Wolfgang Fritz Haug - Страница 231

21. August 1991

Оглавление

Während sich die Armee in Moskau bisher zurückhält, nimmt sie in den baltischen Staaten eine systematische Besetzung vor. Noch in der Nacht hat das Parlament Estlands den Austritt aus der Union erklärt.

Dass Schewardnadse auf der Moskauer Kundgebung zum Kampf gegen die Junta aufrief, zeigt mehr als alles andere den definitiven Bruch der bisherigen Balance, die G verkörperte. Point of no return: Umschlag im Aggregatzustand der politischen Kräfte. Sie werden nun alle vor die Entscheidung im latenten Bürgerkrieg gestellt. Das macht ihre Qualifikation für die Zukunft aus. Die Vergangenheit endet; eine neue Zeit beginnt. Man riskiert den Tod für seine künftige Identität, die nicht mehr die einfache Verlängerung der bisherigen ist.

Eine Ausflucht: Die Krankheiten greifen um sich. Pawlow, der Regierungschef, ist erkrankt und durch seinen Vize ausgetauscht worden; auch Besmertnich, der Außenminister, hat sich für zwei Tage krank gemeldet, wie es, merkwürdig, in den Nachrichten hieß. Sie warten ab, wer gewinnt.

Lange ging es immer weiter wie bisher, und immer sagte man sich, es kann nicht mehr so weitergehen. Heiner Müller: »Gorbatschows Sturz ist natürlich bedauerlich, aber er war leider vorauszusehen. Er hat sich zu lange zwischen Skylla und Charybdis bewegt, ohne sich wirklich entscheiden zu können. Es gab auch nur schwierige Alternativen.« Hier vertut sich Müller in den Mythen. Wer sich zwischen Skylla und Charybdis befindet, muss den Versuchungen sowohl der unmittelbaren Gewalt- als auch der Gefallenslösungen widerstehen, statt sich zwischen ihnen zu entscheiden. Eigentlich ist es genau das, was G getan hat, den Weg zwischen Skylla und Charybdis zu steuern.

*

Ich soll auf einer Kundgebung der PDS vor der sowjetischen Botschaft sprechen. Biete stattdessen einen Artikel fürs ND an.

Jahrhundertwende

Подняться наверх