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24. August 1991 (2)

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Gorbatschow soll heute die Auflösung der KPdSU verkündet haben. Das russische KP-Verbot macht in den anderen Republiken Schule. Dietmar Wittich befürchtet Kommunisten-Pogrome in den nächsten Tagen. In effigie wurden sie bereits vollzogen: das Fernsehen zeigte, wie irgendwo unter Gegröle Statuen von Marx und Engels mit dem Vorschlaghammer niedergemacht wurden.

Das ND mit meinem Artikel auf S. 2 bringt auf der Titelseite eine Kolumne von André Brie zum selben Thema und auf S. 10 einen längeren Artikel von Heinz Jung (»Der Moskauer Coup, der Gorbatschowismus und die Linke«). Brie stellt »das endgültige Ende« der Ära Gorbatschows fest, den er einen »tragischen Helden« nennt, welcher »der Geschichte genüge tat«, indem er »das unvermeidliche Ende des stalinistischen und nachstalinistischen Staatssozialismus einleitete«. Verteidigung: »Es waren nicht Gorbatschow und die Perestrojka, die zum Zusammenbruch des osteuropäischen Staatssozialismus geführt haben, es war dessen undemokratischer Charakter, seine Unfähigkeit zur Moderne und die mindestens dreißigjährige Verspätung seiner radikalen Reformierung.« Das Neue Denken nötiger denn je, doch in der Realität missachtet; der Westen akzeptiert nur »den Übergang der Sowjetunion in ein westlichimperiales System«. Im Innern klafften Konzeption und reale Politik der Perestrojka immer weiter auseinander, und »die Konzeptionslosigkeit und das Zögern in der Wirtschaftspolitik hat mich bald bedrückt«.

Heinz Jung bereitet »die marxistische Linke« darauf vor, »dass sich der Gorbatschowismus von der bisher praktizierten sozialistischen Rhetorik trennen wird«. Den Staatsstreich schildert er verständnisvoll: »Dem Notstandskomitee kann nicht der Vorwurf gemacht werden, die Lage des Landes nicht realistisch und rücksichtslos erkannt und aufgedeckt zu haben. Der Bankrott der Perestrojka und die drohende Katastrophe sind die ungeschminkte Wahrheit«; der Coup richtete sich »wider den Zerfall der UdSSR und der sozialistischen Strukturen der Sowjetgesellschaft und gegen die Tatenlosigkeit des Staatspräsidenten«. »Eine passive und resignative Mehrheit ist dann kein Faktor der Politik, wenn eine dynamische und aktive Bewegungsminderheit die Straße und die öffentliche Meinung der Zentren beherrscht.« Die »Erfolgsmöglichkeiten für einen Coup dieser Art waren spätestens mit der Wahl Jelzins zum Präsidenten Russlands passé. Dies eröffnete die Phase der Doppelherrschaft der Unions- und Republikorgane«, was zum »Loyalitätskonflikt« in den Repressionsorganen führte. Entscheidend sei, dass es »der Gorbatschow-Richtung nicht gelungen war, eine breite und aktive Massenbewegung als Subjekt der Perestrojka zu schaffen«. Warum nicht, sagt er nicht.

Auch wenn die Perestrojka »nicht die Ursache« für die »Krisenkonstellation der sowjetischen Gesellschaft« war, habe sie als »inadäquate Antwort […] nur die Krise und Widersprüche aus der Latenz entbinden [können], ohne in der Lage zu sein, jene Bewegungsformen zu schaffen, in denen sich die Reform des Sozialismus, der Übergang von autoritären Staatssozialismus zu einem zivilgesellschaftlich und demokratisch geprägten Sozialismus hätte vollziehen können«. Das macht den »Gorbatschowismus« in Jungs Augen zur »Philosophie des Abgangs einer Weltmacht und der Kapitulation«. Das meint das Abgehen der sowjetischen Außenpolitik von der »Leninschen Imperialismustheorie als Grundlage« und die Leugnung der »bestimmenden Rolle der sozialökonomischen Antagonismen, also der Klassenfragen«, kurz, die Anerkennung der Priorität von Menschheitsfragen. Das ist alles nicht rundum falsch, aber halbrichtig, wo rücksichtslos die Fehlkonstruktion des Stalinismus analysiert werden müsste.

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