Читать книгу PUNKTUM. - Wolfgang Priedl - Страница 18
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ОглавлениеDas Spurensicherungsteam teilt sich auf. Die einen machen sich auf den Weg zum Seeblick hinauf. Die Restlichen sind mit der Zille zur Erlöserwand unterwegs.
Holzinger überlegt, ob er seinen Chef informieren soll. Grübelt hin und her, kommt aber zum Schluss, dass er erst die Berichte des Gerichtsmediziners und der Spurensicherung abwarten will. Plötzlich hört er eine Stimme hinter sich: »Herr Holzinger? – Darf ich stören?«
Der Kommissar dreht sich um und sieht Claudia auf sich zukommen. Er mustert sie. Tolles Mädchen, denkt er. Die langen Beine, die von ihrem kurzen, schwarzen Rock noch zusätzlich betont werden, ihr Gang, ihr ausnehmend hübsches Gesicht, die rotblonden, fast schulterlangen Haare, ihr bezauberndes Wesen, verwirren ihn. Er weiß nicht, wohin er zuerst sehen soll. Seinen Gleitschirm hat er bereits vergessen. Verdrängt von Frau Biglers Erscheinung.
»So ganz alleine? Wo ist denn Ihre Kollegin vom ›Postillion‹?«, versucht er seine Verwirrtheit zu überspielen und massiert mit Zeigefinger und Daumen den Nasenrücken.
»Die hat ihren Bericht schon in die Redaktion geschickt. Überschrift: Die Erlöserwand hat ein neues Opfer gefordert. Der Text frei nach dem Motto: Da hat sich ein Mensch – oder wer – vom Seeblick gestürzt – oder wo – und ist dabei ums Leben gekommen – oder was! Sie leerte vorhin ihr zweites Glas Wein, und hat sich wohl bereits auf die Heimreise begeben … «
»… und Sie wollen noch bleiben? Was hält Sie hier?«, fragt Peter neugierig.
Was für eine Frage, denkt Claudia. »Mir läuft nichts davon. Auf mich wartet niemand zuhause. Ich habe also Zeit, und ich denke mir, ich könnte meine Schulden bei Ihnen begleichen. Gleich heute, hier und jetzt … «
»… und mich so ganz nebenbei aushorchen – oder was?!«, antwortet er mit gespielter Echauffiertheit. »Ich warne Sie, das kann noch lange dauern. Ich werde ebenfalls von niemanden erwartet, und Eile ist für mich eine große Unbekannte.«
»… und? Wissen Sie denn schon mehr … «, überspielt Claudia ihre freudige Erregtheit. Er ist Junggeselle! Juhu!
»Eigentlich kann ich nur die Worte ihrer Kollegin strapazieren. Wir können zu diesem Zeitpunkt nichts Genaues sagen. Weder wer die Frau war, weshalb sie hier war, noch warum ihre Leiche dort drüben gefunden wurde. Ich warte auf den ersten Zwischenbericht der Mitarbeiter.«
»Darf ich Ihnen die Wartezeit mit der Einlösung meiner Schuld verkürzen? Ich lade Sie gerne auf einen Kaffee ein.«
»Warum nicht?«
Das ging ja easy, freut sich Claudia und ihre Lippen verziehen sich zu einem schmalen Lächeln.
Sie nehmen auf der Terrasse Platz und sie bestellt zwei große Braune. Sie ordnet immer wieder aufs Neue ihren Laptop, ihre Fotokamera mit dem Teleobjektiv und ihren Schreibblock. Schlussendlich liegen die Dinge, wie Zinnsoldaten vor der Schlacht, penibel ausgerichtet, in einer Linie.
»Frau Bigler, sagen Sie, was werden Sie in ihrem Artikel schreiben?«
»Also zunächst einmal, ich heiße Claudia … «. Mit diesen Worten strahlt sie ihr Gegenüber unmissverständlich an.
Der Kommissar fühlt, dass nur eine Antwort zulässig ist: »Ich bin der Peter … «, antwortet er überrumpelt.
Claudia nimmt ihre Kaffeetasse und stößt mit ihm an. Er erwidert ihr sichtlich verlegen: »Also mit Kaffeeschalen habe ich auch noch nicht auf das Du-Wort angestoßen.«
»Ich kann dich beruhigen, ich auch nicht. … Du wolltest wissen, was ich in meinem Artikel schreibe? Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht. Was glaubst du, warum ich noch hier bin? Ich dachte, du könntest … «, flunkert sie.
»Claudia, das fängt ja gut an. Alles nur Berechnung … «, scheint er ihre Gedanken erraten zu können.
Sie beißt sich auf die Unterlippe. UUUPS! Das war jetzt ein wenig zu schnell, denkt sie.
Steige auf die Bremse, ermahnt sie sich. »Nein keine Spur von Berechnung. Ich will nur vermeiden, dass ich den gleichen nebulösen Artikel abliefere, wie meine Kollegin. Ich weiß doch, dass du mir nicht zu viel verraten darfst. Aber ich dachte mir, so ganz blauäugig, vielleicht schaue ich dir lediglich über die Schultern. Du brauchst ja kein Wort zu sagen.«
Peter überlegt. Sieht Claudia tief in die Augen. »Und du glaubst, darauf falle ich herein?«
»Ich räume dir das absolute Vetorecht ein. Ohne deine Zustimmung schicke ich nichts in die Redaktion. Du musst mir den Artikel freigeben. Das ist doch ein Angebot? Oder? … Du siehst, du kannst nicht verlieren. … Und ich kann nur gewinnen«, strahlt Claudia über das ganze Gesicht, ohne mit den Augen zu klimpern.
»Du machst, was I C H dir sage?«
Der Redakteurin steigt die Röte in die Wangen. Sie nickt verlegen und senkt ihren Blick. Das plötzliche Läuten des Telefons hilft ihr über die Situation hinweg.
»Bigler.« Nach einer kurzen Pause: »Kann ich dir nicht sagen. Sitze hier auf der Terrasse, mit einem netten Bekannten, inmitten der Berge. Blicke auf einen smaragdgrünen See. Hier lässt es sich aushalten. Wir sollten irgendwann ein Wochenende hier verbringen. Toll hier.«
Claudia hält ihr Telefon noch eine kurze Weile ans Ohr, beendet wortlos das Gespräch und wendet sich wieder Peter zu. »OK. Wo waren wir gleich stehen geblieben? – Ach ja, weiß schon. Können wir gerne ausprobieren … «
»Aber nicht schummeln«, ermahnt er sie, ohne auf ihr Telefonat einzugehen.
»Großes Klosterschülerin-Ehrenwort!«