Читать книгу Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB) - Wolfgang Schönfeld - Страница 750

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18.Veranlagung beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer

Bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern ist die Einkommensteuer grundsätzlich mit dem Lohnsteuerabzug abgegolten (§ 50 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Im bereits erwähnten Schumacker-Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch dann einen Anspruch auf Veranlagung zur Einkommensteuer haben, wenn sie nur einen Teil ihrer Einkünfte in Deutschland erzielen, also die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG nicht erfüllen (= beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer der Gruppe drei). In § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b EStG ist deshalb geregelt worden, dass nicht nur diejenigen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt werden, die einem unbeschränkt steuerpflichtigen Inländer völlig oder annähernd gleichgestellt sind (§ 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe b EStG) oder nach Ablauf des Kalenderjahres gleichgestellt werden wollen (§ 46 Abs. 2 Nr. 9 EStG), sondern auf Antrag auch alle anderen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer, wenn sie EU/EWR-Staatsangehörige sind und außerdem im EU/EWR-Gebiet ihren Wohnsitz haben (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b i. V. m. Satz 7 EStG). Einem in Deutschland als Arbeitnehmer beschränkt steuerpflichtigen US-amerikanischen Staatsangehörigen steht das Veranlagungswahlrecht auch dann nicht zu, wenn er in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat wohnt (BFH-Urteil vom 3.9.2020, BStBl. 2021 II S. 237). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit einem beschränkt steuerpflichtigen deutschen Staatsangehörigen ergibt sich auch nicht aus dem Diskriminierungsverbot des zwischen Deutschland und den USA abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens. Hiernach ergibt sich folgende Übersicht:

Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer

völlige oder annähernde Gleichstellung mit Inländern (vgl. Nrn. 6 und 7)

keine Gleichstellung mit Inländern (vgl. Nr. 8)

Pflichtveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 7b EStG)

EU/EWR-Staatsangehörigkeit und -Wohnsitz

andere beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer

Antragsveranlagung (mit Anwendung der Jahrestabelle)

Einkommensteuer ist grundsätzlich mit Lohnsteuerabzug abgegolten

Die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i. V. m. § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b und Satz 7 EStG für EU/EWR-Staatsangehörige, die ihre Einkünfte sowohl in Deutschland als auch im Ausland erzielen, führt zwar zur Anwendung der Jahrestabelle, der Arbeitnehmer kann jedoch nur Werbungskosten und bestimmte Sonderausgaben geltend machen. Alle anderen Vergünstigungen werden nicht gewährt (kein Splittingvorteil, keine Kinderfreibeträge, keine Freibeträge für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf, kein Realsplitting, keine außergewöhnlichen Belastungen). Werden keine Werbungskosten bzw. Sonderausgaben geltend gemacht, werden der (ggf. zeitanteilig zu ermäßigende) Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 1000 € (bei Versorgungsbezügen Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 102 €) und der (ggf. zeitanteilig zu ermäßigende) Sonderausgaben-Pauschbetrag in Höhe von 36 € gewährt.

Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer können zudem bei der Einkommensteuer-Veranlagung die tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen zur gesetzlichen Rentenversicherung, „Basiskrankenversicherung“ und gesetzlichen Pflegeversicherung als Sonderausgaben geltend machen (§ 50 Abs. 1 Satz 5 EStG).

Außerdem gilt bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern der dritten Gruppe ein Pflichtveranlagungstatbestand für den Fall, dass auf der Lohnsteuerabzugsbescheinigung ein Freibetrag eingetragen worden ist (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe a EStG). Auch bei einer zeitlich begrenzten Tätigkeit im Kalenderjahr kommt es in diesen Fällen zum Ansatz der Jahrestabelle. Zuständig für die Durchführung der Einkommensteuer-Veranlagung ist das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers. Die Veranlagungspflicht für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer der Gruppe drei bei Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerabzugsbescheinigung besteht aber nur, wenn der im Kalenderjahr 2022 erzielte Arbeitslohn des Arbeitnehmers 12550 € übersteigt. Bei einem Arbeitslohn bis zu dieser Höhe ergibt sich in aller Regel nämlich ohnehin keine Einkommensteuerschuld. Von dieser Regelung profitieren insbesondere ausländische Saisonarbeitskräfte, auf deren Lohnsteuerabzugsbescheinigung ein Freibetrag z. B. wegen Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und/oder Reisekosten eingetragen worden ist. Sie sind bei einem Arbeitslohn bis zu 12550 € im Kalenderjahr 2022 nicht verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Beim Vorliegen ausländischer Einkünfte kommt es in diesem Fall auch nicht zur Anwendung des Progressionsvorbehalts (vgl. auch „Saisonbeschäftigte“).

Beispiel A

Ein Saisonarbeiter aus Italien arbeitet vom 1. Juni bis 30. September 2022 in einer Eisdiele in München. Da er sich nur vier Monate in Deutschland aufhält, ist er beschränkt steuerpflichtig. Seine Frau lebt in der Familienwohnung in Neapel. Da er eine Bescheinigung seines italienischen Finanzamts über die Höhe seiner Einkünfte in Italien nicht beibringen kann (oder nicht beibringen will), wird er als beschränkt Steuerpflichtiger behandelt (vgl. die Erläuterungen unter der vorstehenden Nr. 8). Dies bedeutet Anwendung der Steuerklasse I (und ggf. einen Freibetrag für Werbungskosten).

Bei einem Monatslohn von 2000 € beträgt die Lohnsteuer nach Steuerklasse I 156,25 € und der Solidaritätszuschlag 0 €. Kirchensteuer fällt bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern nicht an.

Nach Ablauf des Jahres kann der Arbeitnehmer eine Veranlagung beantragen. Dabei ist die Jahrestabelle auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden, das sich wie folgt errechnet:

2000 € × 4 = 8000,— €
abzüglich
Arbeitnehmer-Pauschbetrag 4/12 334,— €
Vorsorgeaufwendungen (angenommen) 0,— €
Sonderausgaben-Pauschbetrag 4/12 12,— € 346,— €
zu versteuerndes Einkommen 7654,— €
zuzüglich Betrag nach § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG[176] (Grundfreibetrag 9984 € abzüglich 7654 € =) 2330,— €
„zu versteuerndes Einkommen neu“ 9984,— €
Steuer lt. Grundtabelle 0,— €

Hat der Arbeitnehmer keine ausländischen Einkünfte, wird ihm die einbehaltene Lohnsteuer in Höhe von (4 × 156,25 € =) 625,— € in vollem Umfang erstattet.

Hat der Arbeitnehmer allerdings ausländische Einkünfte, werden diese im Rahmen des Progressionsvorbehalts in die Veranlagung mit einbezogen. Dies vermindert die Erstattung entsprechend (vgl. das Stichwort „Progressionsvorbehalt“).

Seit 2020 besteht für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer auch dann eine Veranlagungspflicht, wenn

 nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen wurde,

 ein sonstiger Bezug ermäßigt besteuert worden ist oder

 auf der Lohnsteuerbescheinigung der Großbuchstabe „S“ bescheinigt worden ist.

Beispiel B

Der beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer B ist im Kalenderjahr 2022 zeitgleich für die Arbeitgeber C (mit Steuerklasse I) und D (mit Steuerklasse VI) tätig.

Für das Kalenderjahr 2022 ist für den Arbeitnehmer eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer durchzuführen (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchtstabe c i.V.m § 46 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Außerdem haben beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer bei vorweggenommenen Werbungskosten (z. B. Aufwendungen für ein Zweitstudium), nachträglichen Werbungskosten oder negativen Einnahmen (z. B. Rückzahlung von Arbeitslohn; vgl. auch dieses Stichwort) die Möglichkeit, die Feststellung eines Verlustabzugs nach § 10d EStG zu beantragen, um einen Verlustrücktrag oder einen Verlustvortrag in andere Kalenderjahre vorzunehmen. Die Abgeltungswirkung durch einen Lohnsteuerabzug (vgl. § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG) greift nämlich nur dann, wenn von einem positiven Arbeitslohn tatsächlich Lohnsteuer einbehalten worden ist oder zumindest einzubehalten war.

Beispiel C

Dem niederländischen Arbeitnehmer B sind in 2021 im Ausland Aufwendungen für ein Zweitstudium (= vorweggenommene Werbungskosten) in Höhe von 2500 € entstanden. In 2022 wird er in Deutschland erstmals beschränkt steuerpflichtig und erzielt in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG).

B hat die Möglichkeit für das Kalenderjahr 2021 wegen seiner vorweggenommenen Werbungskosten einen Verlustvortrag nach § 10d EStG in Höhe von 2500 € zu beantragen. Dieser Verlustvortrag würde bei seiner beantragten Einkommensteuer-Veranlagung 2022 (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b i. V. m. Satz 7 EStG) mit seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit verrechnet werden und in aller Regel zu einer Steuererstattung führen.

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