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Kennwort Thor

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Es war soweit. Sie mußten nun hinein. Das kleine Biwak in der grasigen Mulde am Berghang wurde schnell und lautlos abgebrochen. Alles sah wieder so aus, wie sie es angetroffen hatten. Auch das schärfste Auge hätte kaum eine Spur von dem kleinen Lager gefunden.

„Hier begegnen sich eh‘ nur Fuchs und Eule, sollte man denken“, brummte Seidel vor sich hin. „Wenn da nicht diese beiden Idioten aufgetaucht wären.“

„Sicher nur harmlose Polen“, meinte Hase, „die glauben, hier noch was Brauchbares finden zu können. Aber die können einem schon ganz schön die Tour vermasseln. Nun gut, jetzt sind sie unschädlich. Und nach ihrem Auftauchen hat sich ja nichts wieder getan.“

Die beiden Männer schulterten ihre schweren Rucksäcke und begaben sich, vorsichtig durch das dichte Grün des steilen Hanges pirschend, hinab zu dem verwaisten Lager- und Umschlagplatz. Eilig schritten sie hier auf das desolate Garagentor zu. Während Seidel es öffnete, sicherte Hase ihn. Man konnte ja nie wissen. Gerade jetzt durfte es zu keinem weiteren Zwischenfall kommen. Doch alles blieb ruhig. Die beiden Männer verschwanden in dem düsteren Raum, schalteten Handlampen an und zogen das Tor hinter sich wieder sorgfältig zu. Während Hase ihr Gepäck im Auto verstaute, machte sich sein Partner daran, den verborgenen Mechanismus in Gang zu setzen, der ihnen Einlaß in die unterirdischen Refugien der Basis geben würde. Mit einem surrenden Geräusch öffnete sich tatsächlich die Rückwand des überaus schmutzigen und verwahrlost wirkenden Garagen-raumes. Es zeigte sich eine Fläche, die gerade Platz genug für den Kraftwagen bot. Mit gedrosseltem Motor rollten sie hinein. Dicht neben der Fahrertür war ein Hebel an der Wand angebracht. Ein aufgemalter Pfeil daneben wies nach unten. Hase öffnete das Fahrerfenster, zog an ihm und schon begann ihre Fahrt in die Tiefe. Sie dauerte nicht lange. Nach etwa acht Sekunden des lautlosen Sinkens hielt der Aufzug mit einem scharfen Ruck. Die aufgeblendeten Scheinwerfer des Autos leuchteten eine kleine, leere Halle aus. Sie brauchten nur geradewegs in sie einzufahren. Am Boden befanden sich große weiße Markierungslinien, die pfeilartig einen Weg wiesen. Dieser führte aus der Halle in einen Tunnel Richtung Bergesinneres, in dem bequem auch ein kleiner Lkw hätte fahren können. So rollten sie los. Während Seidel fuhr, nahm sein Begleiter eine Art kleines Funkgerät zur Hand und untersuchte es. Zufrieden nickend legte er es schließlich wieder auf die Ablage zurück. Der Wagen fuhr langsam in die Tiefe des unterirdischen Systems hinein.

„Wir müssen wieder in einer kleineren Halle ankommen“, sagte Seidel leise und schaute auf einen kleinen Faltplan, der vor ihm auf dem Schoß lag. Die Scheinwerfer des Autos entrissen der Dunkelheit vorerst jedoch nur gerade, weiterführende Tunnelwände. Vorsichtig steuerte Hase den Wagen in der Mitte der unterirdischen Trasse entlang. „Wir werden schon richtig ankommen“, murmelte er. Der Plan ist jedenfalls genau. Die geben uns ja keinen Scheiß mit. Die Sache ist zu wichtig, und unsere Anreise war auch nicht gerade ein Pappenstiel.“

Als hätten seine Worte einen unbekannten Gönner gefunden, tauchte im Scheinwerferlicht eine Tunnelerweiterung auf, die sich als die gesuchte Halle erwies. Sie stoppten das Fahrzeug und sahen sich durch alle Fenster genau um. Doch offenkundig waren sie allein. Der große Raum lag dunkel und ruhig da. An den grauen Betonwänden zogen sich zahllose Leitungskabel und Rohre entlang. Wasser tropfte irgendwo zu Boden, ansonsten herrschte absolute Stille, nachdem der Automotor verstummt war. Sich dennoch mit den Waffen gegenseitig sichernd verließen die beiden Männer das Fahrzeug. „Hier muß es sein“, flüsterte Hase und wies auf eine Nische, in der eine metallische Halterung angebracht war. Das mitgebrachte Gerät paßte genau in die Aussparungen. Blanke Kupferbrücken rasteten ineinander ein. Eine grüne Lampe glomm am mitgebrachten Teil auf. Der Mechanismus war betriebsbereit. „Eisvogel an Basis, Eisvogel an Basis, kommen ...“

Dies waren die ersten Worte, die über die ausgeklügelte geheime Sprechverbindung das zentrale Kontrollpult tief im Berg erreichten und dort gleichzeitig an verschiedenen Stellen für das hektische Aufleuchten von Signallampen sorgten. Eben glitt der Lastenaufzug wieder hinab. Hahnfeld entledigte sich noch in ihm der Schutzbekleidung, als der Lift ruckend zum Halten kam. Hastig zerrte er die Gittertür auf und hörte nach Verlassen des sich anschließenden kurzen Tunnels schon undeutlich die Worte aus dem Lautsprecher, des noch entfernten Kontrollpultes. Eilig schaute er auf seine Armbanduhr. „Verflucht, die Zeit ist tatsächlich schon heran“, knurrte er. „Was hab‘ ich mich doch vertan“.

„Basis an Eisvogel, Basis an Eisvogel, habe verstanden. Geben Sie Kennwort!“ Hohl schallten die Worte aus der Sprechanlage, vor der Hase und sein Kamerad erwartungsvoll standen.

„Thor“, sagte Hase laut und deutlich in den Kasten. Und nochmals: „Thor ...“

„Verstanden, passieren Sie“, kam etwas krächzend die Antwort. Unmittelbar nach diesen Worten begann sich knirschend ein bis dahin unsichtbares türartiges Wandsegment in der Halle zu verschieben und gab einen beleuchteten Personentunnel frei.

Das Erbe

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