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Wohin in Berlin?

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Wo also hörte man in der Hauptstadt Musik? Es gab im Berlin der 1920er Jahre Veranstaltungsorte mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten, die Übergänge waren fließend: Es gab Revuetheater, Hotels mit angeschlossenen Tanz- oder Ballsälen, Cafés mit Musik- und Tanzprogrammen, Nachtclubs, Bars und Kabaretts. Die Besetzungen variierten je nach Spielort, es fand sich alles vom solistischen Barpianisten übers Trio bis zum großen Orchester. Der Admiralspalast an der Friedrichstraße war 1911 als Vergnügungsstätte eröffnet worden, die eine Eislaufbahn, mehrere Restaurants, Bäder, Kegelbahnen, ein großes Café, ein Lichtspieltheater und diverse große Säle beinhaltete. Aus der Eisbahn wurde Anfang der 1920er Jahre ein Varieté-, kurz darauf ein Revuetheater mit über 1000 Plätzen, in dem die größten Revuen der Hauptstadt aufgeführt wurden.


Postkarte, Femina Ballsaal, Berlin, um 1930

Das Ballhaus Femina wurde Ende der 1920er Jahre an der Nürnberger Straße eröffnet und bot in mehreren Sälen und Bars Platz für mehr als 2000 Gäste. Das Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit beherbergte auch in späteren Jahren wichtige Musikspielorte, etwa die Badewanne, die in den 1950er und 1960er Jahren Berlins wichtigster Jazzclub war, oder den Dschungel, eine Diskothek, in der in den späten 1970er, frühen 1980er Jahren auch David Bowie ein- und ausging. Heute befindet sich in dem Gebäude das Hotel Ellington, dessen Jazzbezug nicht nur im Namen vorhanden ist, sondern auch in den Fotos von Jazzgrößen der deutschen Fotografin Susanne Schapowalow, die überall im Haus hängen.

Das Haus Vaterland wurde 1928 am Potsdamer Platz als Großgaststätte eröffnet und beherbergte diverse thematisch ausgerichtete Restaurants. Anzeigen aus den frühen 1930er Jahren werben mit »12 Kapellen, 24 Girls, 50 Attraktionen«, und in Fotos aus den diversen Sälen erkennt man, dass in fast jedem von ihnen eine Bühne für Bands vorhanden war. Das Kakadu am Kurfürstendamm hatte bereits 1920 eröffnet und bestand aus einer Bar, einem – für damalige Zeiten außergewöhnlich – vegetarischen Restaurant und einem Kabarett, das jeden Abend ein fünfteiliges Programm bot und davor oder danach Tanz zur Begleitung durch eine Jazzkapelle. Um die Ecke in der Hardenbergstraße befand sich der vom gleichen Besitzer betriebene Nachtclub Barberina.

Tanzorchester spielten im Hotel Excelsior gegenüber dem Anhalter Bahnhof, das in den 1920er Jahren als größtes Hotel des Kontinents galt, oder im Hotel Adlon direkt am Brandenburger Tor, auf dem Dachgarten des Warenhauses Karstadt oder auch im El Dorado, einem Nachtclub in der Lutherstraße, der in den 1920er Jahren durch seine Travestieshows bekannt wurde. In der Kantstraße wurde 1928 direkt neben dem Theater des Westens der Delphi Filmpalast eröffnet, in dem bald die bedeutendsten Tanzorchester des Landes zu erleben waren.49 Die Eröffnungskapelle war die des britischen Saxophonisten und Klarinettisten Billy Bartholomew, in der neben deutschen auch weitere britische und amerikanische Musiker mitwirkten, etwa der Banjospieler Mike Danzi oder der Trompeter Nick Casti.50 Es gab den Wintergarten und die Scala sowie unzählige andere Theater und Vergnügungsstätten, die damals in ganz Deutschland bekannt waren.

In den diversen Kabaretts stand zwar das gesprochene Wort, der politische Spott im Vordergrund, die dargebotenen Chansons nahmen aber immer auch Anleihen aus dem Jazz, in den Texten, die sich auf die Moden der Gegenwart bezogen, genauso wie in der Musik, die mitunter dann wie eine Karikatur von Jazz wirken konnte. Mischa Spoliansky etwa war ein 1898 in Weißrussland geborener Komponist und Pianist, der seit 1914 in Berlin lebte und dort fürs politisch-literarische Kabarett sowie für Revuen komponierte – beispielsweise die Show Es liegt in der Luft von 1928, in der auch Marlene Dietrich auftrat. Bekannter noch waren die Komponisten Werner Richard Heymann und Friedrich Hollaender, die beide nach ihrer Emigration in Hollywood landeten und dort Filmmusiken schrieben.



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