Читать книгу Nie mehr Blind Date - Caruso Matarese - Страница 11

Tag eins nach dem „Krisengipfel“ mit Professor Tietze. Mein Treffen mit ihm, hat mich sehr bereichert. Es gab mir Zuversicht und innere Gelassenheit, da mir nun klar war, dass ich es schaffen würde, ein Buch zu schreiben. Der Mann war einfach genial. Er hätte mich auch tadeln können, da ich noch nicht einmal wusste, was ich genau vorhatte und trotzdem seine Zeit in Anspruch nahm. Stattdessen machte er sich die Mühe, mir auf seine Art, Themen schmackhaft zu machen. Ich entmüllte meine seit Tagen liegen gebliebene Post und entdeckte eine Urlaubskarte aus Sardinien, von Roland dem Hausmeister und seiner Family. Sofort musste ich an Amelie denken und wie mir ihre lebendige Art fehlte. Ich checkte meine E-Mails, was ich viel zu selten tue. Die einzig Wichtigen für mich, waren die von Melvin und Celine. Unabhängig voneinander hatten sie mir am selben Tag geschrieben:

Melvin schreibt:

Lieber bester Freund, Frauenversteher und Basketballkumpel! ;-)

Ich möchte dir zuallererst, nochmals ganz arg danken! Wenn du möchtest, dass ich eine Bank oder einen Juwelier für dich ausrauben soll, dann sag es einfach. Ich mach’s! Ich bin dir so dankbar, dass du mich überredest hast, uns auf dieser Autobahnraststätte zu treffen. Mathematiker wollen immer alles kontrollieren und planen. Was an und für sich gar nicht mal so verkehrt ist. Was wir leider nur schwer akzeptieren können, ist die Tatsache, dass „das wahre Leben“ – mit Menschen – sich nur selten zu kontrollieren lässt. Im Gegenteil: Wenn wir das Gefühl bekommen, es läuft nicht nach Plan, werden wir unsicher, oder depressiv und ziehen uns in unser Schneckenhaus zurück.

Daher hatte ich anscheinend vergessen, dass ich einen echten Freund habe. Dich! Auf Menschen – selbst auf die, die mir nahe stehen – zuzugehen, gehört offensichtlich nicht zu meinen Stärken! Ein Naturwissenschaftler liebt seine Zahlen und Fakten und sein Talent, mit diesen umzugehen! Er sehnt sich nach Perfektion. Wo er meist kläglich versagt, ist, Gefühle zu zeigen und auszuleben.

Das hat mir meine Beziehung zu Celine gezeigt. Ich wollte nur für sie da sein und war es faktisch nie. Ich hätte sie um ein Haar verloren. Ein Mathematiker lebt für seinen Job; je mehr Projekte desto besser; arbeiten am PC bis die Augen viereckig werden. Sich fast erniedrigen vor seinen Vorgesetzten. Ungerechtigkeiten 'runterschlucken und weitermachen. Warten bis man an der Reihe ist. Celines Verhalten hat mir um ein Haar das Herz gebrochen; gleichzeitig hat es mich zum Leben erweckt! Sicherlich gibt es hierfür auch bessere Methoden einen wachzurütteln! Nur das Ergebnis zählt!

Ich habe schlagartig erkannt, dass gerade ein kopfgesteuerter Mensch sich in der Liebe verzetteln muss! Zu wenig offenbart er! Und hat diesen Bereich meist ein halbes Leben lang vernachlässigt. Mitgefühl, Empathie, Selbstliebe, Körpergefühl, Lebensrhythmus und Romantik wurden sträflich vernachlässigt. Tiefere Gefühle laufen über den Verstand nicht über das Herz. Wie sollte er dies auch bemerken? In seiner rational orientierten Welt, gibt es hierfür keinen Platz. Ich für meinen Teil werde mein Leben ab sofort ändern. Das Leben ist einfach zu kurz, um nur für den Job da zu sein; die besten Jahre vergehen wie im Flug. Damit ist jetzt Schluss! Die Beamten haben schon Recht! Freitag, ab 12:00 Uhr ist Wochenende angesagt! Und montags kann man schon mal einen Tag frei nehmen… Die sollen mir nur blöd kommen. Es gibt eh zu wenig Mathematiker!

Celine hat sich sehr verändert! Ihre Augen haben einen neuen Glanz! Ihre Gesichtszüge sind viel weicher und zarter als vorher. Sie ist so unglaublich sexy, war sie schon vorher, aber jetzt ist da eine Weiblichkeit dabei, die mir den Atem raubt! Da habe ich ganz schön an mir zu arbeiten! :-)

Lass uns bitte in Kürze wieder mal was trinken gehen! Ich lade dich zu so vielen Drinks ein, wie du willst und dann erzähl mir bitte um Himmels willen, warum du dich ausgerechnet in eine Mathematikerin verguckt hast? Hallooo…? Bin ich dir als Negativbeispiel nicht abschreckend genug? :-) Sie muss schon ein toller Feger sein, um dich dermaßen in ihren Bann zu ziehen? Und wieso erfahre ich hiervon eigentlich als Letzter!

In tiefer Verbundenheit

Melvin

Celine schreibt:

Bonjour, Maxi!

Wer weiß, was ohne deine Überrumpelungsstrategie mit Melvin und mir passiert wäre? Du Romantiker hast intuitiv gespürt, wie man zwei einsame und verlorene Herzen wieder zusammenbringt! Eigentlich untypisch für einen Mann! Wie kann ich dir jemals danken? Ich weiß, dass ich früher eher kühl 'rüber kam! War ich auch! Ich war unzufrieden mit meinem Leben und wusste nicht, wie ich diesen Zustand ändern konnte. Die Folge war, dass die eigene Grundstimmung permanent zu wünschen übrig ließ!

Gestern lud ich Melvin auf einen Kaffee zu mir ein! Es war unbeschreiblich schön, ihn wiederzusehen! Er war so süß, weil er anfangs lediglich im Stande war, mich wortlos und verlegen, mit offenem Mund anzuschauen und 5 Minuten lang „Hi…“ stammelte. Erst als ich seine Hand streichelte, entspannte er sich! Noch nie hatte ich ihn so gesehen! Den Rest des Nachmittags saßen wir auf der Couch, er hatte seinen Kopf auf meinen Schoß gelegt; im Grunde redeten wir nicht viel.

Weißt du Maxi, meine Empfehlung an dich lautet: Schreibe bitte ein Buch über l'amour. Ich kann mir gut vorstellen, dass das ein wenig geschwollen klingt? Egalement! L'amour toujours! Liebe zwingt einen zu leben! Liebe zwingt einen zu leiden! Es gibt kein zurück, wenn sie dich infiziert hat!

Wenn du nach mehr Anregungen suchst, dann geh' mal spontan ins Institut für neuere Geschichte und lies die Briefe von Soldaten. Die sie im Krieg an ihre Frauen geschrieben haben. Egal welcher Kriegspartei sie angehörten, der Inhalt ist immer gleich! In dutzenden verschiedenen Sprachen. Alle reden ausnahmslos von ihrer Sehnsucht nach den Menschen die sie lieben und wahrscheinlich nie wieder sehen werden.

Lies auch die Briefe der Frauen an ihre Männer! Egal welche Epoche, welcher Krieg, in welchem Jahrhundert, ihre Sprache, sogar ihre Wortwahl, ist nahezu identisch. Amour kennt nur eine Sprache! Besuche ein Krankenhaus! Viele Stationen mit vielen Fachbereichen und vielen Menschen! Betrachte den Gesichtsausdruck von Müttern, die ihr Neugeborenes in ihren Armen halten. Müde, erschöpft und kraftlos strahlen sie dennoch eine Intensität aus, welche ihrem Baby die erste Prägung verleiht. Gehe auf eine x-beliebige Station in ein x-beliebiges Krankenzimmer und sehe ihn dir an, den sorgenvollen Ausdruck in den Gesichtern der Besucher. Alles um sie herum verschwindet: Äußerlichkeiten, Überheblichkeiten, Geld, Image, Neid und Gier verlieren ihre Bedeutung! Was bleibt, ist die Hoffnung, alles möge wieder gut werden. Hier findest du viele Geschichten über die l'amour!

Oder setze dich in ein Flughafenterminal; unerheblich welchen du aussuchst auf dieser Welt. Ob London, Paris, Frankfurt, München, Moskau, New York, Bangkok, Hongkong, Neu Delhi, Mocambique, Mombasa oder Johannesburg…Zuerst „departure“…Beobachte wie eng umschlungen sie da stehen; einer von ihnen fliegt weg. Für Tage, Wochen oder Monate; aus verschiedensten Gründen. Ihnen ist es egal, ob sie beobachtet werden, ob sie weinen oder ihre Gefühle öffentlich machen. Es ist der Moment des Abschiedes, der Sorge, der Angst und der Liebe. Bleibt derjenige treu? Stürzt der Flieger ab und man sieht sich nie wieder? Wissen sie bereits, wie es sich anfühlt, wenn der Platz im Bett neben einem in der Nacht jetzt leer ist? Lies in ihren Gesichtern und erkenne was uns zu Menschen macht!

…dann „arrival“! Umgekehrte Szene: Die Wartenden wissen, dass jeden Moment, ein ihnen wichtiger Ehepartner, Partner, Familienangehöriger oder enger Freund endlich wieder bei ihnen ist. Ob nur ein paar Tage, eine Woche oder Monate, die Intensität der Freude in ihren Gesichtern und ihre Körpersprache lassen erahnen, dass dies nun unwichtig ist. Das Gefühl, diejenige oder denjenigen wieder in die Arme schließen zu können, vereint sie zu den wenigen wirklich Glücklichen, in diesem Moment, in diesem Universum! Vor kurzem las ich in einer Fachzeitschrift: „Wo die Angst ist, ist der Weg!“ Natürlich hast du Angst zu versagen; wir alle haben Angst zu versagen! Aber du hättest überhaupt nicht bei so einer Tageszeitung anfangen dürfen. Das ist doch nur Tagesmüll. Schreibe über sie, über die l'amour und die Frauen! Schreibe über diejenigen wenigen Menschen, die sie gefunden haben. Schreibe auch über die, die sie wieder verloren haben oder unfähig waren, sie ausreichend zu schätzen! Wenn ich dir weitere Tipps geben kann, dann frage mich einfach; wie du weißt, hast du einiges gut bei mir!

Außerdem hoffe ich, dass wir uns in Zukunft öfters sehen werden!

Salut, Celine :-)

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