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2. Noch mehr Erkenntnis

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Wieso ödet mich mein derzeitiges Leben nur so an?

Nix: „Cogito, ergo sum“ = „Ich denke, also bin ich“, wie wir seinerzeit im Lateinunterricht lernen durften. Wenn es nach dem ‚Denken’ ginge, hätte ich jetzt eine bezaubernde Frau an meiner Seite und einen Stall voller Quälgeister, sprich Kinder. – Die spinnen doch die Römer! Von wegen „cogito“ und so weiter. Wenn überhaupt, dann „Amantes amentes sunt“ = „Liebende sind von Sinnen“. Ja, da gebe ich den Römern ausnahmsweise Recht. Voll ins Schwarze getroffen. Dann hätte ich da noch: „Nosce te ipsum!“ = „Erkenne dich selbst!“ Zu philosophisch? Oder anstatt „Cogito, ergo sum“ lieber „Fühlen beziehungsweise Leiden, ergo sum“ Müsste jetzt nachschlagen was‚ Fühlen beziehungsweise Leiden‚ auf Lateinisch heißt. Bevor ich jetzt aber meinen alten Lateinwälzer vom Dachboden hole, stürze ich mich lieber aus dem Kellerfenster. „Leideo, ergo sum“ = „Ich leide, also bin ich!“ mein Leitmotiv für das Gastspiel, das man in gebildeten und auch in allen anderen Kreisen, als ‚Leben’ bezeichnet. Oder noch treffender: „Fühleo, ergo sum“ = „Ich fühle, also bin ich!“ Ich fühle mich dermaßen hingezogen zu dieser Frau, dass ich schreien könnte. Ich fühle mich dermaßen hilflos, wenn ich an sie denke – und ich denke ständig an sie – dass ich heulen könnte. Ich fühle, dass sie zum ersten Mal in meinem oben erwähnten Gastspiel, die Richtige sein könnte, bin mir aber nicht sicher, weil sie für mich unerreichbar bleibt. Ich fühle mich so verloren und machtlos, wenn sie mir gegenüber steht und ihren Kopf leicht zur Seit neigt und überlegt, wieso sie sich nur mit mir getroffen hat. Da hätte sie doch gleich bei ihrem Ex bleiben können. Und ich bei meiner.

Heute ist mein vierzigster Geburtstag. Fühle mich – Gott sei Dank – wesentlich jünger. Sagen wir mal wie einunddreißig bald zweiunddreißig. Ich schwöre, das ist die Wahrheit. Umso mehr schockiert mich die Zahl vierzig. Es ist doch nur eine Zahl! Was ist besser? Man fühlt sich wesentlich jünger, als man tatsächlich ist und hadert wieso das so ist, oder man fühlt sich so alt wie man ist und kann den Fakten voll ins Auge blicken? Das für mich Erschütternde an der Zahl vierzig, ist nicht die Zahl an sich, sondern vielmehr meine bereits zu lange anhaltende Kreativlosigkeit, die ich heute als Quittung serviert bekomme. Die Erkenntnis, dass ich auch einer von denen bin, die ihr kreatives Lebenspotential bei Weitem nicht ausgeschöpft haben. Was hat mein Leben bis dato dominiert? Platz 1: Die „Jagd“ nach Frauen. Platz 2: Die „Jagd“ nach Frauen. Platz 3: Die „Jagd“ nach Frauen. Das wirft jetzt ein verdammt schlechtes Licht auf mich. Ich weiß. (Lieblingszitat von Pia-Maus. Gemeint ist: „Ich weiß“ nicht: „Das wirft jetzt ein verdammt schlechtes Licht auf mich.“) Sollte hinzufügen: Die erfolglose Jagd nach Frauen. Und ‚jagen’ ist auch definitiv das falsche Wort. Ich habe nie ‚gejagt’. Jetzt muss ich wieder an Bernd das Brot aus dem Ki.Ka-Kanal im Fernsehen denken. Er würde sagen: “Ha, Du mit Deinem 'Jagen'! Such' Dir ein anderes Wort! Ein Synonym! Du unfähiger Journalist!“ Tiefenpsychologisch analysiert ist es eindeutig: Die Jagd = Suche nach „der Richtigen“. Und dies mitunter erwiesenermaßen aussichtslos. Als voll geschädigtes Scheidungskind bezweifele ich zum einen – trotz langjähriger Psychotherapie – dass ich überhaupt fähig bin, tiefere Gefühle für jemanden außer mich zu entwickeln (Fachjargon: „Narzistisch“!), zum anderen irritiert mich die Erkenntnis, wie viele Frauen es gibt, deren Herz bereits irreparabel geschädigt ist. Des Weiteren haben viele von ihnen eine dermaßen spürbare Angst vor Zurückweisung, dass sie es vorziehen würden, ihr Leben lieber in einem abgelegenen Kloster zu verbringen, als auch nur einen Hauch von Zuneigung zuzulassen, geschweige denn zu erwidern. Wenn ich es mir jedoch recht überlege, bin ich es, der Angst vor Zurückweisung und Verletzung hat. Ich denke, Frauen können damit weitaus besser umgehen. Ich bin ein Feigling, wie er im Buche steht. Mein Leben lang, habe ich mich mit Haut und Haaren dagegen gewehrt, wirklich zu lieben. Unterbewusst tat ich wirklich alles, um meine Angebetete wieder von mir weg zu bringen. Ich konnte einfach nicht Gefahr laufen, dass sie mich eines Tages „in die Wüste schickt“. (Weiteres Lieblingszitat von Pia-Maus.) Also tat ich es. Lange bevor „sie“ (nicht Pia-Mathe-Genie, sondern die Frauen vor ihr, im Allgemeinen) überhaupt auf die Idee gekommen wären, mich in die „Wüste zu schicken“.

So, Bernd das Brot, du hast Recht. Ich habe nie gejagt. Ich lehne Jäger und ihren tödlichen Beruf total ab. Ich traute mich nie an die wahre Liebe heran. So einfach ist das. Scheidungskind extrem! Ergebnis: Frustrierter Single und kein einziges gezeugtes Kind, das sich irgendwo in der Umlaufbahn befinden könnte. (Und Pia’s Dad’ hat vier Kinder, inklusive „ihr“. Wie hat er das nur geschafft?) Bin ich jetzt schon eine gescheiterte Existenz? Brainstorming: Die Fakten: Bin vierzig Jahre alt und spürbar unzufrieden mit meinem Job. Selbst die Jungs von der Müllabfuhr sind glücklicher. Bin wieder mal Single und unglücklich verliebt in eine Frau, die ich nicht kenne und die sich weigert, mit mir einen Kaffee trinken zu gehen. Gescheitert eben. Dale Carnegie verkündet: „Heute beginnt ein neuer Tag. Alles wird gut!“ Oder so ähnlich. Was weiß der schon? Hätte ihn gerne mal erlebt, wenn er einen Artikel hätte schreiben müssen, mit dem Thema „Ist die Erhöhung der Praxisgebühr noch sozial gerecht?“, welchen er übermorgen abgeben müsste.

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