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Romantikengel 3

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Ich liebe es zu fliegen; mit großen Passagiermaschinen, wenn möglich mit einer Boeing 747. In kleinen Flugzeugen, wie Cessnas liebe ich es überhaupt nicht zu fliegen; weder selbst noch als Passagier; da kotze ich mir regelmäßig die Seele aus dem Leib. Zurück zu den Jumbo Jets: Als Deutsch-Amerikaner und mit Verwandtschaft in den Staaten, bin ich Zeit meines Lebens hin und her geflogen. Als junger Mensch machte mir die enge Economy Class nichts aus. Meinen Sitznachbarn nahm ich kaum wahr, weil ich mit Kino- und Hörprogramm mehr als beschäftigt war. Das änderte sich jedoch in den letzten zehn Jahren. Es war mir plötzlich nicht mehr egal, wer neben mir saß, da ich inzwischen die Nähe fremder (unsympathischer) Menschen mehr als verabscheute. Die meisten wussten sich nicht zu benehmen und redeten zudem auch noch viel zu laut, so dass ich stundenlang ihrem geistigen Müll gnadenlos ausgesetzt war. Dieses führte meistens zu verheerenden Kopfschmerzen, die ich nur mit tollem Sex mit meiner Liebsten hätte wettmachen können. Was bei den meisten Sitznachbarn auch noch dazu kam, war ihr penetranter Körpergeruch, der jedoch genau zu dieser verkorksten Person neben mir passte und dazu führte, dass ich sie spätestens nach einer Stunde Flug zutiefst hasste. Transatlantik-Flüge können verdammt lange sein. Und kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit Business Class. Haben Sie eine Ahnung, was diese kostet, geschweige denn die First Class. Bei der Anzahl meiner bisherigen Flüge könnte ich mir dafür bereits ein langweiliges Einfamilien-Reihenhaus oder einen nicht so langweiligen Ferrari oder Lamborghini leisten. Nein, ich entwickelte eine bessere und kostengünstigere Methode, mit genügend Platz zu fliegen. Ich täuschte – kurz vor Beendigung des Boardings – heftige Übelkeit vor und gab an, mich soeben auf der Toilette übergeben zu haben. Dann bat ich die nette Stewardess, zu prüfen, ob sie mich so setzen könne, dass neben mir ein freier Platz sei, da es sicherlich für meinen Nachbar sehr unangenehm werden würde, wenn ich mich während des Fluges noch öfters übergeben müsse. Ansonsten würde ich meinen Flug erst gar nicht antreten. Das jedoch, ist der Albtraum einer jeden Crew, wenn das Boarding fast „completed“ (=abgeschlossen) ist. In dem Fall müssten sie aus Sicherheitsgründen meinen Koffer unbedingt wieder aus der Maschine holen, was zu einer erheblichen Verspätung führen würde. Folglich gelang es mir mit dieser Strategie meistens einen sorgenfreien Sitzplatz zu ergattern. Ganze Abteile wurden für mich „umgesetzt“ (Achtung: der Autor verwendete gerade das literarische Stilmittel der 'Übertreibung'! Anmerkung des Verf.) Und dann kam der eine Flug, bei dem erwiesenermaßen unser Romantikengel wieder seine Finger im Spiel hatte.

Ich war in Topform. Eine Glanzleistung an vorgetäuschter Übelkeit; mir gelang es sogar meine Gesichtsfarbe in aschfahl zu verändern. Keine Ahnung, wie ich dies geschafft hatte. Jahrelanges Training nehme ich an. Allerdings hatte ich mit der Stewardess so meine Probleme. Sehr kräftig gebaut und par tout unkooperativ. Es gab weder einen freien Platz, da die Maschine komplett ausgebucht war – was, wie sich später herausstellte, auch stimmte – noch eine Chance, mich in die Business Class zu verfrachteten. Sogar der Big Boss – El Capitano persönlich – machte sich die Mühe, mir zu erklären, dass lediglich mein zugewiesener Sitzplatz zur Verfügung stünde und es „sehr bedauerlich wäre, wenn ich nicht mitfliegen könnte.“

"Fuck"! (zu Deutsch: "Fick"!)

Ich wurde in New York City von meiner lieben alten Tante erwartet! Also hatte ich keine andere Wahl, als mich fast neun Stunden lang, der Willkür eines mir völlig fremden Menschen auszusetzen. Fast hätte ich mir ein Ticket für die Business Class gekauft; 3.500 Euro, Hin- und Rückflug versteht sich. Ich tat es nicht, weil a) diese Fluggesellschaft mir mein jetziges Ticket nicht anrechnen konnte oder wollte und b) unser durchtriebener Romantikengel dafür sorgte, dass ich mich zähneknirschend und geschlagen auf den langen Weg zu meinem Sitz machte. Da ich der Letzte war, der mit Verspätung an Bord ging, hatte ich die volle Aufmerksam von nahezu dreihundert Menschen. Etwas, was ich eigentlich unter allen Umständen vermeiden wollte, da mein Verlangen im Mittelpunkt zu stehen, bereits lange vorüber war. Mein Platz war in einer Zweierreihe. Ich hatte den Gangplatz und diese „Sitznachbar-Person“ hatte den begehrten Fensterplatz. Jemand Fremdes saß folglich neben mir und musste neun Stunden lang über mich hinwegklettern, um z.B. um aufs Klo zu gehen. Ich spürte, wie mir langsam wirklich schlecht wurde und zerfloss wieder einmal vor Selbstmitleid. Wieso - hatte - meine - ansonsten - so - einzigartige - Masche - heute - auf - ganzer - Linie - versagt? Es war ein langer Weg zu meinem Sitzplatz, ziemlich weit hinten. Manche fummelten noch an ihrem Handgepäck herum, oder fanden diese Klappkästen einfach so aufregend, so dass ich minutenlang warten musste, bis ich ungehindert weitergehen konnte. Zeit genug um mir auszumalen, dass der Typ neben mir – an eine Frau dachte ich gar nicht – womöglich 150 kg auf die Waage bringt, sicher nach Schweiß müffelt und ich 9 Stunden lang wie eine arme Sardine eingequetscht sein würde. Auf der einen Seite also der „Koloss von Rhodos“, auf der anderen der Essens- und Getränkewagen, welcher mir in regelmäßigen Abständen meinen Ellenbogen und das Schultergelenk zermalmen würde. Und dann sah ich sie! – Melissa, dreiunddreißig Jahre, bald vierunddreißig und Kunsthistorikerin. Sie war schlank und wog nicht 150 kg. Ihr Duft war sanft und angenehm. Ganz und gar nicht wie dieser stickige Geruch, den ich sonst von Sitznachbarn gewohnt war. Sie lächelte, als sie bemerkte, dass ich mich neben sie setzen würde. Es gab also doch einen Gott! Wir hatten neun Stunden Zeit, uns kennenzulernen. Wieder sah ich Cyrano de Bergerac vor mir. Was ihn ebenfalls auszeichnete, war seine Schüchternheit in Gegenwart von Roxane. Ansonsten war er ein Ungestüm sondergleichen. So ergeht es mir bei Frauen, die das gewisse etwas haben. Das ist für mich Humor und eine unbeschreibliche Verletzlichkeit. Melissa war so. Nach den schönsten neun Stunden, welche ich jemals in einem Flugzeug verbracht hatte, kannte ich Melissa bereits so gut, dass wir unsere Adressen austauschten auf du und du waren und uns bereits für die Zeit nach unserer Rückkehr, fest verabredeten. Wieso wir einen „Romantikengel“ benötigen? Er sorgt dafür, dass wir gelegentlich, in den entscheidenden Momenten, unser Gehirn ausschalten. Nur ein Engel kann das! Mal ehrlich, wir sind doch alle dermaßen kopfgesteuert, dass wir die romantischsten Momente in unserem Leben nie und nimmer mitbekommen würden, wenn ER nicht tatkräftig mit von der Partie wäre. Ratio vereitelt Romantik. Romantik jedoch, überrascht unser Gehirn, es überrumpelt es. Unser Romantikengel verhindert für eine kurze Zeitspanne, dass wir die Dinge wie üblich, bewerten. Er sorgt dafür, dass wir Ereignisse und Begegnungen einfach geschehen lassen.

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