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Ein Code mit drei Milliarden Buchstaben

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Fortan galt Genetik nicht länger als suspekte Wissenschaft für schrullige Professoren, sondern als zukunftsweisende Technologie mit Alltagstauglichkeit. Allerdings fehlten den Genetikern noch viele wichtige Feinwerkzeuge. Das änderte sich in den 1980er und 1990er Jahren. 1983 entdeckte der US-Forscher Karry Mullis die Polymerase-Kettenreaktion – eine Möglichkeit, DNA-Stücke massenhaft zu vervielfältigen. Dank Mullis’ Erfindung wurde es in den 1990er Jahren möglich, aus kleinen Schnipseln von Neandertaler-DNA so viel Material des prähistorischen Erbguts zu kopieren, dass eine Untersuchung überhaupt erst möglich war.

Die Bohrmaschine der Biologie fanden 1997 die US-Forscher Andrew Fire und Craig Mello in einem Wurm. Mit einer Spritze injizierten die Biologen künstliche RNA in ein Exemplar des Fadenwurms Caenorhabditis elegans. Die eingeschleuste RNA war nicht aus einer, sondern aus zwei Strängen zusammengesetzt und ähnelte damit der DNA. Die betroffene Wurmzelle reagierte heftig. Ein Mechanismus tauchte im Zytoplasma auf und zerstörte die künstliche RNA in wenigen Augenblicken. Bei diesem Prozess vernichtete der Mechanismus allerdings auch Teile der eigenen mRNA. Als Resultat konnte die Zelle keine Proteine mehr herstellen. Wie war das möglich? Fire und Mello untersuchten das Phänomen und kamen schließlich zu der Erkenntnis: Das zuständige Gen war bei dem Experiment einfach abgeschaltet worden. RNA-Interferenz nannten Fire und Mello ihre Entdeckung. Sie ist von so großer Bedeutung, dass Andrew Fire und Craig Mello für ihre Arbeiten 2006 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin in Empfang nahmen.

Gene gezielt abschalten – mit RNA-Interferenz ist das möglich. Nicht nur die Biologie profitiert von dieser Weiterentwicklung, es sind vor allem Mediziner, die in der RNA-Interferenz Möglichkeiten zur Behandlung von Krankheiten erkennen. Sie hoffen, Tumore, Virusbefall und Erbkrankheiten durch die Weiterentwicklung der RNA-Interferenz behandeln zu können.

Als 1990 das Human-Genom-Projekt startete, begann das bislang größte Unternehmen in der Geschichte der Genetik. Ziel des Projektes war es, die Abfolge sämtlicher Bausteine menschlicher DNA zu entziffern. Wie die gesamte Wissenschaft wuchs auch das Human-Genom-Projekt rapide. Noch kurz bevor das Projekt begann, wusste niemand auch nur ansatzweise, wie viele Gene der Mensch in sich trägt. Erste Schätzungen beliefen sich auf 3000 – bald war jedoch klar, dass es mehr sein mussten. Die Aufgabe, alle zu finden, schien fast unlösbar. Noch kurz vor Projektstart hatte allein die Entdeckung des Adrenalin-Gens fast zehn Jahre gedauert. Aber der Coup gelang. Dank der gemeinsamen Anstrengung zweier wissenschaftlicher Teams und eines gewaltigen finanziellen Fonds der internationalen Staatengemeinschaft konnte bis Ende 1999 die erste Sequenz eines menschlichen Chromosoms entschlüsselt werden. 2003 war das menschliche Genom vollständig sequenziert. Aus den geschätzten 3000 waren drei Milliarden Genbuchstaben geworden. In Druckform würden sie ein Buch dieses Formats mit 1,2 Millionen Seiten füllen. Aus Gregor Mendels Sonderdruck über die Vererbungslehre von 1865 war das große Buch des Lebens geworden.

Vaterschaftstest für Pharao

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