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Fall 8: Mandelstörfeld

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Die 27-jährige, sehr zierliche Sekretärin, ist mir aus der Anfangszeit meiner neuraltherapeutischen Behandlungen im Gedächtnis geblieben. Sie litt seit ihrem 14. Lebensjahr an Migräne. Die Attacken kamen in etwa wöchentlichem Abstand, dauerten zwei Tage und gingen mit Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit einher. Sie litt ein- bis zweimal jährlich wiederkehrend an Mandelentzündungen. Berufliche Belastung bestand durch eine Mobbingsituation am Arbeitsplatz. An Medikamenten hatten ihr anfänglich Triptane geholfen. Mittlerweile machte es keinen Unterschied mehr, ob sie die Medikamente einnahm oder nicht.


Ihre Wirbelsäule erschien unauffällig, der Bauch ebenfalls. Die Schulter-Nackenmuskulatur war besonders im Bereich des Trapezius-Muskels sehr hart. Sie konnte ihren Kopf nur sehr eingeschränkt nach links und rechts drehen. Bei 45° Drehung war Schluss. Normalerweise sollte sich der Kopf von der Mitte aus in jede Richtung um etwa neunzig Grad drehen lassen. Die osteopathische Lösung der verhärteten Muskel- und Bindegewebsstrukturen an Nacken und Schultern sowie die Verbesserung des venösen und lymphatischen Abflusses am Kopf-Hals-Übergang und der oberen Brustkorböffnung führten dazu, dass die Patientin nach der ersten Sitzung den Kopf wieder in gutem Winkel drehen konnte und ein angenehmes Gefühl von Leichtigkeit in diesem Bereich hatte. Sie fühlte sich, als hätte ihr jemand einen Sandsack von den Schultern genommen. Wir planten die nächste Sitzung eine Woche später und hofften, dass durch die Behandlung zumindest die nächste Migräneattacke ausbleiben würde. Aber, dies blieb zunächst nur eine Hoffnung. Unbeeindruckt von aller Entspannung trat die nächste Attacke vier Tage später, genau zum erwarteten Zeitpunkt auf. Die Untersuchung am zweiten Termin zeigte erneut eine Einschränkung der Drehfähigkeit des Kopfes. Nicht mehr so drastisch wie beim ersten Mal, aber doch deutlich. Und das, obwohl die Patientin gerade Urlaub hatte. Man konnte diese Verspannung also nicht auf ihre berufliche Belastung zurückführen, wie es sonst bei einer Sekretärin, durch den erhöhten Bedarf an Feinmotorik am PC und die damit verbundene Anspannung der Schulter-Nackenmuskulatur, nahegelegen hätte. Was also hatte die erneute Verspannung innerhalb einer Woche ausgelöst?


Schmerzhafte Verspannungen im Bereich des Trapezius-Muskels können aus anderen Körperregionen hauptsächlich auf drei Arten projiziert werden. Erstens über den Phrenicusnerv, der Störinformationen aus dem oberen Bauchraum zurück in den Bereich seiner Kerngebiete im Bereich des 3.-5. Halswirbels und die von dort abgehenden sensiblen Nervenfasern von Haut und Muskeln der Schulter projiziert. Zweitens über viszero-somatische Reflexe von Brust- und Bauchorganen. Man findet z. B. bei Asthmatikern immer eine verspannte Schulter-Nackenmuskulatur. Drittens über eine Irritation der Mandeln, die von einem kleinen Ast des Glossopharyngeusnervs versorgt werden, der wiederum in enger Verbindung zum Accessoriusnerv steht, über den der Befehl, den Trapeziusmuskel anzuspannen, übermittelt wird.

Da bei der Patientin sowohl Brustorgane als auch Bauchraum aus osteopathischer Sicht unauffällig waren, lag es nahe, die Mandeln, die schon in der Anamnese durch häufige Entzündungen auffielen, neuraltherapeutisch zu entstören. Ich spritzte also die drei Mandeln, die beiden seitlichen Gaumenmandeln und die in der Mitte hinter dem weichen Gaumen gelegene Rachenmandel, mit Procain an. Die nächste erwartete Wochenmigräne blieb zu unserer Freude dieses Mal aus, kam aber nach zwei Wochen wieder. Ein erster Hoffnungsschimmer, denn das starre wöchentliche Anfallsschema war durchbrochen. Ich spritzte die drei Mandeln in immer größer werdenden Abständen noch drei weitere Male an. Danach trat keine Migräne mehr auf. Die Patientin bestätigte mir dies letztmals zwei Jahre nach Beendigung der Behandlung.

Der Migräne-Detektiv

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