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Fall 4: Kohlenhydratunverträglichkeit

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Eine 23-jährige, ebenso freundliche, wie übergewichtige Sekretärin stellte sich mit Kopfschmerz seit früher Kindheit bei mir vor. In den letzten Jahren traten immer häufiger Migräneattacken auf, besonders an Wochenenden und in Entspannungsphasen nach Stress. Oft wachte sie morgens bereits mit Migräne auf. Bei der Frage nach ihren Ernährungsgewohnheiten stellte sich heraus, dass sie zum Frühstück entweder ein Schokoladencremebrötchen aß oder aus Zeitmangel gar nichts zu sich nahm. Am Mittag aß sie meist Nudeln mit Ketchup oder Pizza, dazu Kuchen und Cola in der Kantine. Am Abend machte sie sich in der Regel Käsebrote oder schob sich eine Fertigpizza in den Ofen. Da sie zwischen den Mahlzeiten oft Heißhungerattacken auf Süßigkeiten bekam, waren Schokoladenriegel und Bonbons ihre ständigen Begleiter, die sie je nach Verlangen zwischendurch konsumierte. Sie verzichtete auf Butter, da sie annahm, dass diese ihrer Figur abträglich sei. Stattdessen strich sie sich lieber eine Diätmargarine aufs Brot. Generell versuchte sie, sich fettarm und fleischarm zu ernähren und aß lieber mehr Kohlenhydrate. Ein bis zwei Stunden nach den Mahlzeiten fühlte sie sich meist müde oder spürte eine innere Unruhe. Oft war sie auch depressiv verstimmt. Hinzu kam eine starke Wetterfühligkeit.


Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Sinne von Antikörperreaktionen gegen Nahrungsmittelproteine lagen bei der Patientin nicht vor. Es gab keine Unfälle in der Vorgeschichte und auch die osteopathische Untersuchung war unspektakulär. Ich erklärte ihr, dass ihre Ernährungsgewohnheiten, ihr Körpergewicht und ihre Kopfschmerzsymptome stark auf eine Kohlenhydratunverträglichkeit schließen ließen.

Um dieses Phänomen zu verstehen, machen wir einen kleinen Ausflug in die Steinzeit. Bis vor etwa 5000 Jahren ernährten sich die Menschen als Jäger und Sammler im Wesentlichen von Fleisch, Fett, Fisch, Wurzeln, Beeren etc. Es gab kein Getreide und keinen raffinierten Zucker und somit keine schnell verbrennbaren Kohlenhydrate. Wenn nun ein genetisch derartig ausgestatteter Mensch plötzlich Zucker oder Getreide zu sich nimmt, ohne gleichzeitig ausreichend Fette zu essen, steigt der Blutzuckerspiegel sehr schnell an und fällt genauso schnell wieder ab. In Erwartung eines anhaltenden hohen Blutzuckers werden enorme Mengen an Insulin ausgeschüttet, um den Zucker abzubauen. Das Resultat ist eine Unterzuckerung, da der Blutzucker unter das Ausgangsniveau fällt. Im Hirnstamm gibt es eine Kontroll- und Messinstanz, die dafür sorgt, dass grundlegende, lebenswichtige Blutwerte wie Sauerstoffgehalt, Blutzucker und Flüssigkeitsmenge in bestimmten Grenzen gehalten werden. Fällt nun der Blutzuckerwert plötzlich stark ab, wird in diesem Zentrum Alarm geschlagen. Das aktiviert den Migränegenerator im Hirnstamm sowie den Trigeminusnerv und kann zu Veränderungen des Durchmessers der Hirngefäße führen. Der Migräneanfall kann dadurch ausgelöst werden. Dieser Vorgang läuft vor allem an Wochenenden und in Entspannungsphasen nach Stress ab, da in diesen Phasen der Cortisonspiegel, der in Stresszeiten den Blutzuckerspiegel hochhält, stark absinkt.

Es war nicht einfach, die Ernährungsgewohnheiten der Patientin völlig umzustellen. Sie sollte gute Fette wie Butter, Sahne und Pflanzenöle zu sich zu nehmen, auf konzentrierte Süßigkeiten verzichten und Zeiten der Unterzuckerung vermeiden. Da ihre Bemühungen schon bald durch immer länger werdende Intervalle ohne Migräne belohnt wurden, gelang es mir nach vier Monaten die Patientin völlig migränefrei zu bekommen.

Der Migräne-Detektiv

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