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2.1.1 Die Welt der Ergonomie

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Die Ergonomie ist die Wissenschaft, in der es darum geht, geeignete Bedingungen für menschliche Tätigkeiten zu ermitteln. Je genauer die äußeren mit den menschlichen Bedingungen übereinstimmen, umso schneller können wir sein. Unterschiede wirken sich dagegen eher als Störung oder sogar Last aus, die uns an einem höheren Tempo hindern. So wird die Weltrekordzeit über 100 Meter sicher nie unter der über 100 Meter mit Hürden liegen.

Ergonomische Überlegungen sollten schon bei der Lage eines Gebäudes beginnen und gehen bis in die einzelnen Räume. Unsere Reise führt uns in die kleinste Einheit, den Raum, das Arbeitszimmer oder Büro. Die relevanten Faktoren sind:


 Licht und Beleuchtung

 Raumklima (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftzug, Geruch, Sauerstoffgehalt, Lärm und Strahlung)

 Ausstattung

Im Licht und der Beleuchtung liegt nicht nur das Potential für die Informationsaufnahme durch einen schnellen Sehprozess und die Aufrechterhaltung der Sehfähigkeit, sondern auch eine kostenfreie Energie- und Gesundheitsquelle. Wir spüren diese Kraft des Lichts vor allem im Frühjahr und im Winter. Einige Menschen sind so sensibel, dass sie aufgrund von Licht- und Wärmemangel in eine chronische Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit fallen. Häufig als Winterblues oder im Medizinjargon als SAD für Saisonal abhängige Depression bezeichnet und durch einen Mangel an Lichtintensität und -menge ausgelöst. Charakteristisch für die quantitative Galaxie ist, dass die in ihr lebenden Menschen viel tun bzw. arbeiten, um sich dann besondere Sonnenstunden und Sonnensymbole zu leisten (z. B. Sonnenbank, Cabrio, Südseereisen und Markensonnenbrillen). Paradox beim Phänomen der Sonnebrillen ist, dass es ein unter Umständen sehr teures Statussymbol ist, durch das wir kostenfreie Gesundheitsstärkung und Leistungsförderung aussperren. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel und es gibt sicher Situationen, in denen die Erfindung der Sonnenbrillen ein Segen ist und die Schädigung der Augen verhindert (z. B. bei langer direkter Einstrahlung und besonders hoher Intensität auf schneebedeckten Bergen und auf der See). Abschließend kommen wir zu den konkreten, praktischen Empfehlungen im Umgang mit Licht und Beleuchtung:

 Natürliches Licht ist immer dem künstlichen vorzuziehen, weil es wesentlich intensiver ist (selbst bei Bewölkung noch).

 Flimmernde Beleuchtung ist abzustellen.

 Für eine gleichmäßige Ausleuchtung sorgen, damit wenig Schatten und keine hohen Hell-Dunkel-Kontraste entstehen.

 Blendung durch starken direkten Lichteinfall, stark glänzende Flächen und Reflektionen verhindern.

 Durch die Leuchtmittel für eine helle und kalte Lichtfarbe (Tageslichtqualität) sorgen (Lichtfarbe wird nach der Farbtemperatur gemessen, warme Lichtfarben gelten als beruhigend).

Das Raumklima ist ein Sammelbegriff für mehrere Faktoren. Für sie gibt es ebenfalls ganz klare und einfache Richtlinien:

 Für die Temperatur: Die Temperatur hat Einfluss darauf, ob wir frieren, uns wieder wie im Bett fühlen oder einen Hitzeschlag bekommen. Eine ausgeglichene Wärmebilanz gilt als optimal und soll um die 20 °C liegen. Bei körperlicher Betätigung (höherer Arbeitsschwere) darf die Temperatur deutlich unter diese Angabe fallen.

 Für die Luftfeuchtigkeit: Trockene Raumluft belastet Atemwege, Augen und Haut. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte deshalb dauerhaft nicht unter 30 % liegen. Bei Tätigkeiten mit einem hohen Sprechanteil wird sogar 40 % als Mindestwert empfohlen. Zu hohe Luftfeuchtigkeit beeinflusst Körper-, Luft- und Raumhygiene. Die Auswirkungen: Angefangen vom Körperschweiß, der nicht optimal verdunstet, über Geruchsbelästigung bis hin zur Schimmelbildung. Als Obergrenze für die relative Luftfeuchtigkeit gilt der Wert 65 %. Die Zugluft bzw. Luftgeschwindigkeit darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben.

 Für den Geruch: Genauso wie Gerüche (selbst unterhalb der bewussten Wahrnehmungsschwelle) zum Wohlfühlen und Verweilen in Verkaufsräumen führen sollen und andere, wie Lavendel, als besonders beruhigend gelten, können sie auch zur Leistungssteigerung in unserem Sinne genutzt werden. Dazu werden vor allem Gerüche gezählt, die wir eher als erfrischend wahrnehmen. Ein wichtiger Gedanke in diesem Zusammenhang ist, dass hinter den Gerüchen oft Pflanzen stecken, die wir in vergangenen Tagen sogar als einzige Medizin zur Verfügung hatten. In Zeiten knapper Kassen zapfen wir dieses Potential und Wissen wieder Stück für Stück an.

 Für den Sauerstoff: Wir wissen, dass wir ohne Nahrung über Wochen weiterleben können, ohne Flüssigkeit aber wesentlich schneller in eine lebensbedrohliche Lage rutschen und ohne Schlaf nach ein paar Tagen Wahrnehmungsstörungen bekommen. Ohne Sauerstoff ist bereits nach ein paar Minuten für die meisten Menschen Schluss. Trotz dieser deutlichen Tatsache und so bekannter Vorgehensweisen wie Höhentrainingslager wird der Sauerstoffversorgung meiner Erfahrung nach wesentlich weniger Zeit gewidmet als dem Essen, Trinken und Schlafen. Ergebnis dieser Nichtbeachtung ist fehlendes Wissen rund um die Atmung bis hin zu verbreiteter Fehlatmung. Zum Glück leben die Menschen in der qualitativen Galaxie mit diesem Bewusstsein und nutzen es für ihr Leben. An diesem Punkt weise ich erst einmal auf die wesentlichen Punkte zur Sauerstoffregulierung in Räumen und nicht in uns selbst hin: Regelmäßig Fenster ganz öffnen (Stosslüften), statt Fenster nur auf gekippt zu stellen. Konsequentes beachten der Empfehlungen zur Temperatur und Luftfeuchtigkeit, die eng mit dem Sauerstoffgehalt verbunden sind. Pflanzen aufstellen, die nebenbei noch andere Faktoren wie Feuchtigkeit oder Schadstoffgehalt in der Luft positiv regulieren (allerdings nicht jede Pflanze im gleichen Ausmaß).

 Für den Lärm: Als Obergrenze für den Geräuschpegel gilt der Wert 85 dB(A). Für überwiegend geistige Tätigkeiten ist der Grenzwert sogar nur 55 dB(A), für einfache oder überwiegend mechanische Tätigkeiten dagegen 70 dB(A). In einer Bücherei wird z. B. ein Wert von 40 dB angenommen und für eine Unterhaltung in normaler Lautstärke schon 60 dB. Vielleicht helfen Oropax oder Kopfhörer dabei, auf die entsprechenden Werte zu kommen. Ein neuer Trend scheinen Silent Cubes zu werden oder die Besinnung auf Ruheräume. Alternativen sind: einen Besprechungsraum für sich alleine buchen oder sprichwörtlich in den Erste-Hilfe-Raum flüchten.

 Für die Strahlung: Elektrostatische, magnetische und elektromagnetische Felder und Aufladungen, die gerne auch unter dem Begriff Elektrosmog diskutiert werden, sind für mich ein weites, unbekanntes Feld. Auf der einen Seite sieht z. B. der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften in seiner Zusammenfassung kein besonderes Gefährdungspotential bei Innenraum- und Büroarbeitsplätzen durch die entsprechende Technik, wenn die gesetzlichen Grenzwerte und Bestimmungen eingehalten werden (vgl. von Hahn und Kleine 2005, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Innenraumarbeitsplätze – Vorgehensempfehlungen für die Ermittlung zum Arbeitsumfeld, 2. Auflage., S. 159 und S. 175). Auf der anderen Seite sagen mir persönliche Erfahrungsberichte von Betroffenen etwas anderes. So wurde mir u a. schon berichtet, dass die Neurodermitis der Kinder endlich verschwand, nachdem der Stromkreislauf in den Wänden über Nacht durch einen eigenen Kreislauf abgestellt werden konnte. Mein Fazit: sensibel und offen für neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse bleiben.

Abschließend kommen wir zum dritten und letzten Faktor der Ergonomie auf unserer Reise durch das Sternbild der Leistung in der quantitativen Galaxie. Im Detail geregelt sind die Aspekte zur ergonomischen Gestaltung der Raumausstattung z. B. in der Arbeitsstätten- und Bildschirmarbeitsverordnung. Ich konzentriere mich hier auf den Aspekt der Körperhaltung, um Belastungen des Muskel-Skelett-Systems zu verhindern oder zu verringern, denn mit Rückenschmerzen oder nach einem Bandscheibenvorfall erreichen Sie kein hohes Tempo mehr. Wenn das aber Ihr Ziel ist, kommen Sie an den folgenden Empfehlungen nicht vorbei. Sie können schnell sein und es auch bleiben, wenn Sie wichtige Bedingungen für eine optimale Durchblutung und Sauerstoffversorgung schaffen:

 Dynamisch sitzen: Mit geradem Oberkörper zwischen einer leicht vorgebeugten, mittleren und nach hinten gebeugten Sitzhaltung wechseln. Daraus ergeben sich Vorteile für die Muskulatur, Durchblutung und die Bandscheiben (die werden durch eine stark nach vorne gebeugte Haltung über längere Zeiträume gequetscht). Ein Stuhl sollte deshalb zumindest einen Federmechanismus bieten, der nicht blockiert wird. Alternativ bieten sich Sitzbälle oder spezielle Hocker an, damit unsere Rückenmuskulatur arbeiten kann, um unsere körperlich und geistige Leistungsfähigkeit zu bewahren. Mehr rund um das Thema Bewegung folgt in kurzer Zeit, wenn Sie fleißig weiter lesen.

 Trotz Aufstützen auf eine eher geradlinige Haltung der Arme und Hände beim Arbeiten mit der Tastatur achten. Knicken Sie die Handgelenke nicht ab, indem Sie die Tastatur stark schräg stellen.

 Eine gerade, aufrechte Haltung des Kopfes durch eine entsprechende Bildschirmposition ermöglichen (Oberkante in Augenhöhe und eine Armlänge entfernt). Mit dem Kopf auf der Brust dürfen Sie keine optimale Blut- und Sauerstoffversorgung Ihres Kopfes und Gehirns erwarten.

 Die Durchblutung und Sauerstoffversorgung im Körper wird auch durch eine Sitzposition mit stark angewinkelten Knien oder übergeschlagenen Beinen behindert. Achten Sie auf einen rechten Winkel und zusätzlich auf eine ca. hüftbreite Beinstellung. Die Fußsohlen sollen außerdem in dieser Position komplett Kontakt mit dem Boden haben.

 Nutzen Sie jede Gelegenheit, im Stehen zu arbeiten. Beim Telefonieren steigern Sie so sogar die Verständlichkeit Ihrer Stimme (vertiefen wir noch in der sozialen Galaxie). Wenn Stehpulte oder höhenverstellbare Schreibtische nicht gegeben sind, improvisieren Sie gelegentlich mit Buchstützen, Notenständern, Kartons oder einem Pilotenkoffer, um immer mal wieder auch stehend tätig zu sein.

 Stellen Sie Telefone mit Kabel als RechtshänderIn auf die linke Seite, damit Sie sich aufrecht und gerade halten können, wenn Sie sich Gesprächsnotizen machen.

Wenn Sie zur Ergonomie weitere Unterstützung und Informationen suchen, stehen Ihnen zahlreiche AnsprechpartnerInnen zur Verfügung. Angefangen mit der Arbeitssicherheit, über Genossenschaften bis hin zu den Krankenkassen, die alle zahlreiche Angebote machen (bis hin zu Messungen). Auch in der Literatur und dem Internet werden Sie schnell zahlreiche weitere Anregungen und Richtlinien finden. Eine gute Investition ist sicher ein Hygrometer, um Temperatur und Luftfeuchtigkeit eindeutig im Blick zu haben. Erwarten Sie nicht, dass andere sich für Sie Gedanken machen und aktiv werden (denn dann sind Sie verlassen). Aus meiner Erfahrung spielt nämlich die Welt der Ergonomie eher keine als eine bedeutsame Rolle in der quantitativen Galaxie. So ist der angestrebte Architekturpreis für das Bürogebäude oft wichtiger als die optimalen Arbeitsbedingungen für die darin tätigen Menschen.

Die Kunst des Timings

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