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2.1.3 Die Welt des Trainings

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„Übung macht den Meister“ und „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ lauten bekannte Redensarten. Zeitkompetenz entsteht genauso wenig über Nacht wie uns Leistungsfähigkeit geschenkt wird und dann für immer bis ans Lebensende erhalten bleibt. Wer sich Zeit für das Training seiner Tempo-Leistungsfähigkeit nehmen möchte, sollte immer wieder die Muskeln Konzentration und Gedächtnis trainieren. Konzentration bedeutet, seine Aufmerksamkeit optimal auf Tätigkeiten auszurichten und aufrechtzuerhalten. Die schon bereisten Faktoren Ergonomie und Energie des Sternbildes Leistungskompetenzen tragen dazu bereits erheblich bei. Darüber hinaus spielen für die Konzentrationsfähigkeit noch die folgenden Anregungen zum Thema Bewegung und Entspannung eine gewichtige Rolle.

An diesem Punkt unserer Zeitreise gilt die Aufmerksamkeit dem Training. Ich werde Ihnen allerdings keinen speziellen Trainingsansatz oder besondere Methoden und Techniken empfehlen. Wichtiger ist mir an diesem Punkt, Ihnen eine Tür in die riesige Welt der Übungen zu öffnen, damit Sie einen Punkt finden, wo Sie gerne und leicht andocken können. Dann steigt aus meiner Sicht nämlich die Wahrscheinlichkeit für den wichtigsten Punkt, es nämlich zu tun. Hier nun meine Anregungen, die sich häufig mit anderen Lebenswelten verbinden lassen. Sie bekommen dann vielleicht Spiel, Spaß und Spannung auf einen Streich oder Hobby, Geselligkeit und Training zusammen unter einen Hut:

 Die Welt der Kunst, angefangen beim Zeichnen und Malen über das Basteln bis hin zum Musizieren.

 Die Welt der Spiele, angefangen bei Memory und Mikado über Rätsel und Sudoku bis hin zum Schachspiel.

 Die Welt der Bewegung und des Sport, angefangen beim Jonglieren über Zaubertricks bis hin zum Bogenschießen oder asiatischen Kampfsportarten.

 Die Welt der Entspannungstechniken, angefangen bei Atemtechniken bis hin zu Autogenem Training, Yoga oder Meditation.

 Die Welt der Technik, angefangen beim Kurs zum Schreibmaschineschreiben bis hin zu den verschiedenen Computerspielangeboten.

 Die Welt des Lernens, angefangen beim Lesen über den Erwerb neuer handwerklicher Fähigkeiten bis hin zu einer neuen Sprache.

So vielfältig und einfach sind die Möglichkeiten, wenn wir uns Zeit nehmen, nicht nur unsere Nerven sondern auch unser Gehirn zu fordern. Ich wünsche Ihnen, dass sich für Sie eine Tür geöffnet hat und Sie Ihre Andockstelle bereits sehen können. Ganz nebenbei werden Sie gleichzeitig Ihr Gedächtnis automatisch mittrainieren und Ihre Hirnleistungsfähigkeit weiterentwickeln. Unter den Schlagwörtern Gedächtnistraining, Braingym und auch Lerntechniken finden Sie weitere Abflugorte, um auch speziell Ihre Behaltensleistungsfähigkeit zu trainieren. Wir werden noch in der qualitativen Galaxie einen genaueren Blick auf unser Gehirn, auf Kreativitätstechniken und das Potential einer bildhaften Denkweise werfen. Einige der inzwischen populären Gedächtnistechniken gehen übrigens auf die alten Griechen zurück. Sind also schon über die Jahrhunderte bekannt und werden leider selten früh vermittelt. Warum ist eine spannende Frage. Scheinbar entwickeln wir lieber Computer weiter als unseren Nachwuchs und unseren persönlichen Hochleistungsrechner, den wir wahrscheinlich bislang nur im einstelligen Prozentbereich nutzen. Aber das ist eine ganz andere Reise.

Konzentrations- und Gedächtnistraining wie auch Lerntechniken haben in den letzten Jahren einen wachsenden Bekanntheitsgrad erreicht. Hoffentlich nicht nur ein (ökonomischer) Modetrend, der schnell wieder verblasst. Die gleiche Entwicklung ist dem Thema Schnell-Lese-Techniken zu wünschen. Wer seine Schnellleseleistung trainiert, bekommt gleichzeitig ein Gehirn-, Konzentrations- und Augentraining. Voraussetzung für schnelles Lesen ist wieder die Ergonomie und die Energie, mit allen Punkten die bisher beschrieben worden sind. Einen großen Teil der Reise zum schnelleren Lesen haben Sie also bereits hinter sich. Weiter biete ich Ihnen hier nur einen kurzen Einstieg ins Thema an und am Ende entsprechende Quellen zum Weiterreisen. Dazu werfen wir zunächst einen ersten Blick darauf, wie unser Gehirn in Verbindung mit unseren Augen liest:


Lesen ist in diesem Zusammenhang eher ein konstruierender Vorgang als ein fotografischer, was sich sinnvoll nutzen lässt. Sobald ein gewisser Wortschatz entwickelt ist, brauchen wir nicht mehr Buchstabe für Buchstabe und Wort für Wort zu lesen. Ungefähr im jugendlichen Alter sollen wir dann reif für ein neues Lesetraining sein, um den Sinn von Texten bei höheren Geschwindigkeiten zu erfassen. Die entsprechende Reife für eine Fremdsprache (in Form eines ausreichend großen Wortschatzes) sollen wir dagegen nie erreichen. Die neuen Lesetechniken arbeiten daran, unseren Blick senkrecht und wagerecht zu entwickeln. Praktisch bedeutet das fürs Lesen, im ersten Schritt den Blick in der Zeile zu weiten und weniger oft stehen zu bleiben, um Buchstaben und Wörter zu fixieren. Im zweiten Schritt wird dann auch noch zeilenübergreifend gelesen. In der Fachsprache heißen diese beiden Techniken z. B. „Lesen mit weniger Fixpunkten“ und „Die Blickspanne mit Hilfe von Schleifentechniken erweitern“.

Wunderbar dabei ist, dass die Übungen und Techniken fürs Schnell-Lesen gleichzeitig ein Gesundheits- und Leistungssteigerungstraining für die Augen bieten. Ähnlich wie die meisten Rückenleiden auf ein Verkümmern der Rückenmuskulatur zurückgeführt werden, verhält es sich auch mit den Augen. Wer seinen Rücken nicht fordert, fördert ihn nicht. Wer viel fixierend sieht (Bildschirme, Leinwände, Displays usw.), der erzeugt einen ständigen Stillstand der Augenmuskulatur. Kein Sportler kommt auf die Idee tagelang im Bett zu liegen, um seine Muskeln und Leistungsfähigkeit zu trainieren und aufrecht zu erhalten. Was unseren Rücken und die Augen angeht, verhalten wir uns allerdings häufig so. Allen, die sich für das Thema Augen und Gesundheit interessieren empfehle ich, einen Blick in Die Kunst des Sehens: Was wir für unsere Augen tun können“ von Aldous Huxleyzu werfen.

Intensiv wird beim Schnelllesen trainiert, den Blick waagerecht und senkrecht zu weiten und trotz eines Gefühls der Hirn- und Bewusstlosigkeit darauf zu vertrauen, dass wir doch mehr mitbekommen als wir bewusst wahrnehmen können. Vergleichbar mit dem Gefühl, wenn wir das erste Mal selber auf der Autobahn über 100 km/h schnell fahren. Mit etwas Training erscheint uns bald schon die Geschwindigkeit von 150 km/h als langsam und wir führen leider mehr oder weniger „problemlos“ verkehrsgefährdende Nebentätigkeiten aus. Wer diese Techniken trainiert, wird schnell feststellen, dass laut oder nur in Gedanken mitsprechen, den Finger als Lesestab einsetzen oder zurückspringen nur dazu beitragen, wieder langsam zu werden. Wer ins Land der schnellen Leser aufbrechen will, dem empfehle ich vor allem das Buch „Speed Reading“ von Tony Buzan oder die praktischen Trainingsangebote über Seminare. Seminare vor allem deswegen, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass der erste Schritt in die Techniken und ein Loslassen alter Lesegewohnheiten den meisten Menschen sehr schwer fällt. Angegeben wird die Lesegeschwindigkeit übrigens in WpM (Wörtern pro Minute). Die meisten Menschen liegen zu Beginn meiner Trainings zwischen 150 und 250 WpM. Nach oben ist die Skala ziemlich weit offen. Profis z. B. schaffen einen Harry Potter Band in 45 Minuten (ca. 4500 WpM) und können ihn anschließend auch erzählen. Geschwindigkeiten bis zu mehreren tausend Wörtern sind möglich. Für die meisten ist sicher schon viel gewonnen, wenn sie Geschwindigkeiten von bis zu 500 WpM nutzen können. Gerade deswegen, weil wir heute eine Vielzahl und Menge an Informationen zu sichten und zu lesen haben. Beim Lesen je nach Situation und Text über mehrere Schnelligkeiten zu verfügen, spart Zeit, lässt uns mehr Texte in gleicher Zeit lesen und schafft Raum für wichtigere und anspruchsvollere Texte oder Tätigkeiten. Natürlich können Sie die gewonnene Zeit auch für das genussvolle langsame Lesen eines guten Buches einsetzen oder für das weitere Training z. B. mit Telefonbüchern. Sie zählten zum Lesestoff des wohl berühmtesten Schnell-Lesers der Welt, Kim Peek, der zum Film Rain Man inspirierte, in dem Dustin Hoffmann einen Autisten mit besonderen Fähigkeiten spielte (bezeichnet als Inselbegabung oder Savant-Syndrom). J. F. Kennedy ist eine weitere Berühmtheit, er hatte seine Schnell-Lesefähigkeiten allerdings zu trainieren und ließ sich professionell begleiten.

Training bedeutet, in der Zeitsprache gesprochen, Zeit zu investieren, um sie später Zeit zu sparen. Wer die verschiedenen Trainingsansätze für sich entdeckt, dem droht vielleicht sogar wirklich Multitasking-Fähigkeiten zu entwickeln und er braucht seine Energie nicht dafür, es nur so aussehen zu lassen. Im Moment hält Training praktisch und vom Gefühl her auf und macht mich kurzfristig langsam. Wer mittelfristig und langfristig Zeit gewinnen will, kommt am Training und Sich-Zeit-Nehmen nicht vorbei. In der quantitativen Galaxie wird diesem Gedanken häufig so gut wie keine Beachtung geschenkt. Wir verhalten uns lieber wie ein Hamster im Laufrad. Es sieht unglaublich aktiv aus, wenn wir darin laufen und laufen und immer schneller und schneller werden. Das wir dabei keinen Millimeter weiter gekommen sind, fällt nicht auf, solange wir nach Außen äußerst aktiv, gestresst und gehetzt wirken. Diese Art des Zeitumgangs fesselt auch den oft beschriebenen Waldarbeiter. Er arbeitet lieber mit einer stumpfen Säge weiter, raubt sich seine Kraft für die kommenden Tage und für die Zeit mit seiner Familie. Stattdessen könnte er sich auch die Zeit nehmen, um die Säge schärfen zu lassen oder sich ein neues Sägeblatt zu besorgen. Vielleicht hat er am Tagesende trotzdem die gleiche Menge geschafft oder sogar mehr und hat noch viel Lust und Kraft für zu Hause. Mark Twain fand dafür folgende Worte:

„Nachdem wir unser Ziel aus den Augen verloren hatten,

verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“

Übrigens spielt der Schlaf eine entscheidende Rolle für die Qualität von Lernprozessen, weil die mit Lernen verbundenen Verknüpfungen im Gehirn während des Schlafes verstärkt werden. Kinder profitieren dabei stärker als Erwachsene von diesem Prozess.


Zum Abschluss unseres Ausflugs ins Sternbild der Leistungskompetenzen in der quantitativen Galaxie fasse ich die wichtigsten Stationen zusammen:

 Ergonomie: Licht und Beleuchtung, Raumklima und Ausstattung

 Energie: Atmung, Ernährung und Schlaf

 Training: Aufmerksamkeit, Konzentration und Informationsverarbeitung (Gedächtnis- und Leseleistungen

PS : Nachtrag zum Hamster im Laufrad

Bei einem Test Hamster gegen Mensch, wer läuft schneller die Strecke eines Marathons von 42 km (Hamster im Laufrad und der Mensch auf dem Laufband), siegte der Hamster deutlich. Erstaunlich war die Technik, die dem Hamster zum Sieg führte. Während der Mensch die Strecke bzw. den Wettbewerb durch einen kontinuierlichen Laufstil gewinnen wollte, sprintete der Hamster direkt mit voller Kraft los. Zwischendurch legte er allerdings Pausen ein, bevor er wieder mit vollem Tempo im Laufrad rannte. Mit dem Wechsel von Sprintetappen und Pausen einlegen baute er kontinuierlich seinen Vorsprung zum Sieg aus.

Die Kunst des Timings

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