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4 Neuropsychologische Frühsymptome der Alzheimer-Demenz

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Das wichtigste und diagnostisch konstitutive neuropsychologische Symptom der Demenz ist die Gedächtnisstörung, insbesondere die Störung des episodischen Kurzzeitgedächtnisses. Darunter versteht man die Fähigkeit, sich mit zeitlichem Abstand an kontextgebundene Informationen zu erinnern, also z. B. detailliert zu wissen, was man am vergangenen Wochenende unternommen oder vorgestern zu Mittag gegessen hat.

Das zweite wichtige Symptom der Demenz ist die Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit. Unter »geistiger Leistungsfähigkeit« subsumiert man Leistungen in verschiedenen kognitiven Bereichen, z. B. zu wissen, wo man sich in Raum und Zeit befindet, Dinge, mit denen man umgeht, richtig benennen zu können, Rechnen, Lesen, Schreiben, folgerichtig Denken und Situationen angemessen beurteilen zu können.

Wenn beide Symptome bestehen und außerdem durch die Einschränkungen von Gedächtnis und geistiger Leistungsfähigkeit die Fertigkeiten für das selbstständige Funktionieren im Alltag beeinträchtigt sind, sind die Kriterien für das Demenz-Syndrom erfüllt. Bestehen noch keine Beeinträchtigungen der Alltagsfertigkeiten, spricht man von einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (LKB) (mild cognitive impairment, MCI).

Es gibt verschiedene Kriterien für das Ausmaß der Störung von Kurzzeitgedächtnis und geistiger Leistungsfähigkeit, nach denen eine LKB oder vergleichbare Syndrome definiert werden. Es erscheint jedenfalls sinnvoll, zwischen drei Arten von LKB zu unterscheiden:

• die rein amnestische LKB, die ausschließlich die Gedächtnisleistung betrifft;

• die amnestische LKB, die neben der Gedächtnisfunktion auch andere Leistungsbereiche betrifft;

• die LKB, die andere Leistungsbereiche, aber nicht die Gedächtnisleistung betrifft (Winblad et al. 2004).

Die ersten beiden Arten von LKB sind charakteristisch für ein Frühstadium einer Alzheimer-Demenz, die dritte Art tritt eher in Frühstadien anderer Demenzerkrankungen auf.

Für die Feststellung kognitiver Defizite steht eine Reihe standardisierter Testverfahren zur Verfügung. Bei ihrer Verwendung und der Beurteilung der mit ihnen erhobenen Befunde müssen zwei wichtige Eigenschaften eines Testverfahrens besonders berücksichtigt werden, nämlich Spezifität und Sensitivität. Sensitivität bedeutet, bei welchem Prozentsatz erkrankter Personen die jeweilige Störung durch die Anwendung des Tests tatsächlich erkannt wird. Die Spezifität gibt hingegen die Wahrscheinlichkeit an, mit der die tatsächlich Gesunden, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden.

Die zutreffende Einschätzung der kognitiven Leistungsfähigkeit hat ihre grundsätzlichen methodischen Schwierigkeiten. Situative Einflüsse auf die Testung, der Zeitpunkt der Testung, Schwankungen der Tagesform, das Wohlbefinden zum Untersuchungszeitpunkt und eine Vielzahl anderer Variablen beeinflussen das Untersuchungsergebnis. Dies ist insbesondere in Frühstadien der Alzheimer-Demenz der Fall und auch eine erhebliche Schwierigkeit für die Erfolgskontrolle in Therapiestudien (Liyanage et al. 2018). Wenn wir andererseits die Instabilität der kognitiven Leistungsfähigkeit als möglichen Hinweis auf das Bestehen einer Alzheimer-Krankheit werten, müssen in möglichen Frühstadien der Erkrankung auch einzelne schlechte Testergebnisse ernst genommen werden. Sie sollten nicht einfach durch eine erneute Testung an einem anderen Tag »wegkontrolliert« und im Weiteren ignoriert werden.

Viele neuropsychologische Untersuchungsverfahren sind nicht für Alter und Bildungsgrad der Probanden normiert. In diesem Fall ist die Sensitivität der Tests für gut gebildete Personen wegen Deckeneffekten im Allgemeinen gering. In diesem Zusammenhang ist es andererseits wichtig zu beachten, dass in der Generation der Kriegskinder wegen der durch die Kriegsereignisse gestörten Bildungsbiografien das Bildungsniveau oft nicht aufschlussgebend über die kognitiven Fähigkeiten ist. Über das Intelligenz- und Bildungsniveau der Probanden versucht man sich mit Wortschatztests zu orientieren (Lehrl 2005; Schmidt und Metzler 1992).

Als besonders sensitiv für die Feststellung einer kognitiven Beeinträchtigung gelten Verfahren, die geschwindigkeitsabhängige Leistungen oder exekutive Funktionen untersuchen. Ein Problem ist dabei allerdings die geringe Spezifität dieser Methoden, denn sie messen auch physiologische altersabhängige Beeinträchtigungen der fluiden Intelligenz (Horn 1982), die wie Demenzerkrankungen mit dem Lebensalter häufiger und stärker werden, aber dennoch von diesen unterschieden werden müssen.

Im Folgenden sollen einige ausgewählte Verfahren zur Untersuchung der kognitiven Leistungsfähigkeit dargestellt werden. Dabei wurden einerseits Verfahren berücksichtigt, die häufig angewendet werden, um Hinweise für die Interpretation der auf diese Weise erhobenen Befunde zu geben. Andererseits werden Verfahren dargestellt, die für die Früherkennung eines kognitiven Defizits bei Alzheimer-Krankheit besonders geeignet erscheinen.

Handbuch Demenzvorsorge

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