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5 Diagnostik von Frühstadien der Alzheimer-Demenz

Die Selbstwahrnehmung von kognitiven Defiziten, leichte objektive Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit oder bekannte Risikofaktoren können für das Bestehen einer beginnenden Demenzerkrankung sprechen, so dass weitere diagnostische Maßnahmen erwogen werden. Es lassen sich keine eindeutigen Kriterien dafür angeben, wann genau derartige Untersuchungen angebracht sind. Neben objektiven Faktoren wie einer deutlichen Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit oder einem hohen Maß von Risikofaktoren spielen auch subjektive Präferenzen eine Rolle. Das Ergebnis der diagnostischen Untersuchungen kann eine Bedeutung für eine Behandlung und für präventive Maßnahmen, aber auch für die weitere Lebensplanung und für zu treffende juristische Verfügungen haben.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass vor dem 50. Lebensjahr die Querschnittshäufigkeit einer Demenz mit 0,25 Promille sehr niedrig ist und dass in dieser Altersgruppe nur etwa 30 % der Demenzerkrankungen auf die Alzheimer-Krankheit zurückzuführen sind (Lambert et al. 2014). Beim Beginn einer Alzheimer-Demenz vor dem 65. Lebensjahr ist zudem die Symptomatik häufig atypisch (Barnes et al. 2015). Auch seltene Sonderformen der Alzheimer-Demenz wie die posteriore kortikale Atrophie treten zumeist vor dem 65. Lebensjahr auf (Crutch et al. 2012).

Wenn es bereits zu einer eindeutigen Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit gekommen ist, dienen die ersten diagnostischen Schritte dazu, möglicherweise bestehende allgemein-körperliche Erkrankungen oder manifeste Gehirnerkrankungen als Ursache der kognitiven Leistungsminderung zu erkennen bzw. auszuschließen. Zu den dazu angebrachten Untersuchungen gehören neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung eine Reihe von Laboruntersuchungen, mit denen häufige Erkrankungen, die zu einer Minderung der geistigen Leistungsfähigkeit führen können, erfasst werden, insbesondere Anämien, entzündliche Erkrankungen oder Schilddrüsenfunktionsstörungen. Auch eine bildgebende Untersuchung des Gehirns – Magnetresonanztomogramm (MRT) oder Computertomogramm (CT) – ist sinnvoll, um beispielsweise ein chronisches subdurales Hämatom oder einen Hirntumor zu erkennen. Eine Atrophie des medialen Schläfenlappens mit einer Verschmälerung des Hippokampus spricht für das Bestehen einer Alzheimer-Demenz (Visser et al. 2002).

Wenn diese Ausschlussdiagnostik durchgeführt wurde und keine Ursache der kognitiven Leistungsminderung identifiziert werden konnte, können gezielt die Biomarker der Alzheimer-Krankheit untersucht werden, deren Gesamtschau eine Feststellung der Alzheimer-Krankheit und gegebenenfalls ihres Schweregrads erlaubt.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Alzheimer-Krankheit zwar das häufigste pathologische Substrat einer Demenz ist, jedoch nicht selten gleichzeitig weitere pathologische Veränderungen wie Durchblutungsstörungen oder Alpha-Synukleinopathien vorliegen, die gleichfalls Einfluss auf den Schweregrad der Demenz haben (Schneider et al. 2007; Nelson et al. 2010).

Der Verlauf der Alzheimer-Krankheit, also der der Alzheimer-Demenz zugrundeliegenden neuropathologischen Prozesse, beginnt viele Jahre, bevor es zu einem Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit kommt. Wie bereits erwähnt, können im Verlauf einer Alzheimer-Demenz drei Phasen unterschieden werden:

• Die erste Phase ist die »präsymptomatische Phase«, in der Alzheimer-typische neuropathologische Veränderungen bestehen, aber die kognitive Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt ist.

• Die zweite Phase ist die »prodromale Phase«, in der eine leichte kognitive Beeinträchtigung auftritt, typischerweise mit Gedächtnisstörungen, aber die Alltagsfertigkeiten noch erhalten sind.

• Die dritte Phase ist die der leichten Demenz, bei der ausgeprägte kognitive Leistungsminderungen in verschiedenen Bereichen mit Beeinträchtigung der Alltagsfunktionen bestehen.

Die Alzheimer-Krankheit beginnt mit einer Störung des Beta-Amyloid-Stoffwechsels, indem entweder zu viel Beta-Amyloid aus dem Amyloid-Präkursor-Protein produziert oder zu wenig Beta-Amyloid aus dem Gehirn eliminiert wird (Hardy und Selkoe 2002). Vermutlich in Folge der neurotoxischen Wirkungen des Beta-Amyloids (Klein et al. 2004) kommt es intrazellulär zu einer abnormalen Aggregation von Tau-Protein und im weiteren Verlauf zu synaptischen Funktionsstörungen, Zelltod und Hirnatrophie.

Das Ausmaß der kognitiven Leistungsminderung korreliert enger mit dem Ausmaß der Tau-Fibrillen als mit dem der Beta-Amyloid-Plaques (Bennett et al. 2004). Noch höher ist die Korrelation des Ausmaßes der kognitiven Einschränkungen mit dem Verlust an synaptischer Dichte (Terry et al. 1991) und dem Ausmaß der Hirnatrophie (Savva et al. 2009).

Bei den Biomarkern der Alzheimer-Krankheit kann man die Biomarker, die die Beta-Amyloid-Pathologie abbilden (Beta-Amyloid1-42im Liquor, Beta-Amyloid-Darstellung in der Positronenemissionstomographie (PET)), von denen unterscheiden, die die auf die Beta-Amyloid-Pathologie folgenden neurodegenerativen Prozesse abbilden (Tau-Protein im Liquor, Fluorodesoxyglukose-PET(FDG-PET), Elektroenzephalogramm (EEG) und MRT).

Erniedrigtes Beta-Amyloid1-42im Liquor und die Amyloid-Darstellung im Amyloid-PET bilden das Ausmaß der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn ab. Die Befunde beider Untersuchungsverfahren korrelieren hoch miteinander (Fagan et al. 2006). In Autopsie-Studien bestätigt sich der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Beta-Amyloid-Plaques und der Erniedrigung des Beta-Amyloids1-42im Liquor (Strozyk et al. 2003) bzw. den Amyloid-Ablagerungen im PET (Ikonomovic et al. 2008).

Die Erhöhung des hyperphosphorylierten Tau-Proteins im Liquor (Phospho-Tau) ist ein spezifischer Hinweis auf die im Rahmen der Alzheimer-Krankheit ablaufende Tau-Pathologie (Buerger et al. 2006). Das gesamte Tau-Protein im Liquor (Gesamt-Tau) hat hingegen eher die Merkmale eines unspezifischen neuronalen Destruktionsmarkers und ist auch bei verschiedenen anderen Schädigungen des Gehirns erhöht (Hesse et al. 2001).

Das FDG-PET stellt den zerebralen Metabolismus dar und bildet insbesondere die synaptische Aktivität ab (Attwell und Laughlin 2001). Daher ist bei der Alzheimer-Krankheit die verminderte Glukoseaufnahme im FDG-PET ein Indikator der synaptischen Funktionsstörung. Dabei zeigt die Verminderung der Glukoseaufnahme ein charakteristisches räumliches Muster und betrifft insbesondere den temporoparietalen Kortex und den hinteren Teil des Gyrus cinguli (Jagust et al. 2007). Das Ausmaß der Verminderung der Glukoseaufnahme korreliert bei Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder Alzheimer-Demenz mit dem Ausmaß der kognitiven Leistungsminderung (Minoshima et al. 1997).

Das EEG entsteht durch die Summation postsynaptischer Potenziale im Kortex. Die typischen Veränderungen des EEG bei der Alzheimer-Demenz bestehen in einer Verlangsamung der Grundaktivität und einer Verminderung der Kohärenz, insbesondere über dem temporalen Kortex (Adler et al. 2003). Diese EEG-Parameter korrelieren bei der Alzheimer-Demenz mit der Krankheitsschwere (Prichep et al. 1994) und können Behandlungseffekte abbilden (Briels et al. 2020).

Im MRT lässt sich das Ausmaß der Hirnatrophie feststellen, die bei der Alzheimer-Demenz vor allem durch das Absterben von Dendriten, Synapsen und Neuronen verursacht wird (Bobinski et al. 1999). Bei der Alzheimer-Demenz zeigt sich eine hohe Korrelation zwischen quantitativen Maßen der Hirnatrophie, insbesondere der Volumenverminderung des Hippokampus, und dem Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigung (Jack et al. 1992).

Die eben beschriebenen Veränderungen von Biomarken bei der Alzheimer-Demenz beginnen bereits vor dem Auftreten von Gedächtnisstörungen und kognitiver Leistungsminderung. So finden sich bei etwa 20–40 % der kognitiv unbeeinträchtigten älteren Personen im Amyloid-PET oder im Liquor Hinweise für Ablagerungen von Beta-Amyloid (Bouwman et al. 2009; Mintun et al. 2006). Auch Zeichen der Neurodegeneration wie verminderte Glukoseaufnahme im FDG-PET oder Volumenminderung im MRT können bei kognitiv unbeeinträchtigten Personen gefunden werden, haben dann allerdings einen hohen Vorhersagewert für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz (Minoshima et al. 1997; Kaye et al. 1997).

Bei der Alzheimer-Krankheit folgen die Veränderungen der Biomarker einem charakteristischen biphasischen Muster ( Abb. 5.1). Zunächst treten die Zeichen der Amyloid-Pathologie auf, gefolgt – nach einem individuell unterschiedlich langen Intervall – von den Zeichen der Neurodegeneration (Ingelsson et al. 2004; Jack et al. 2009).


Abb. 5.1: Zeitlicher Ablauf der Veränderungen von Biomarkern und der Symptomatik bei Patienten mit Alzheimer-Demenz (Jack et al. 2010). In der Abbildung ist das Ausmaß und die zeitliche Abfolge der Veränderungen von Zeichen der Beta-Amyloid-Pathologie, Tau-Pathologie, Neurodegeneration und der klinischen Symptomatik der Alzheimer-Demenz dargestellt.

Von besonderem Interesse für die Demenzprävention ist das individuell unterschiedlich lange Intervall zwischen dem Auftreten der Beta-Amyloid-Pathologie und den folgenden neurodegenerativen Prozessen. Faktoren, die die Länge dieses Intervalls beeinflussen, sind neben der kognitiven Reserve (Stern 2012) andere neuropathologische, insbesondere zerebrovaskuläre Veränderungen (Nelson et al. 2010).

Da Blut leichter zugänglich ist als Liquor, wären diagnostisch aussagefähige Blutmarker der Alzheimer-Krankheit wünschenswert – am ehesten, um das weitere diagnostische Vorgehen mit invasiveren Untersuchungsmethoden besser planen zu können. Allerdings ist die Bestimmung ZNS-spezifischer Proteine im Blut schwierig, wegen deren niedriger Konzentrationen, dem Abbau durch Proteasen im Plasma und der Interferenz durch andere Proteine im Blut. Die Bestimmung des Tau-Proteins im Plasma ist bereits möglich (Zetterberg et al. 2013); die diagnostische und prognostische Bedeutung ist allerdings noch nicht eindeutig geklärt.

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