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2.2. Der eine Glaube und die Vielgestalt von Credotexten

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Daneben ist noch eine weitere Autorisierungsstrategie in der lateinischsprachigen Christenheit zu erkennen: der Bezug auf die Kirche von Rom. Ambrosius stellt diesen Bezug dort her, wo er über die Unveränderlichkeit des symbolum spricht: So wie die Johannesapokalypse verbietet, ihrem Text etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen (Offb 22,18f.), »wie sollten wir das Bekenntnis, das wir als überliefert und erstellt von den Aposteln empfangen haben, besudeln?« Das sei ferne! Denn, so Ambrosius weiter, »das ist das Bekenntnis, das die römische Kirche bewahrt, wo der erste unter den Aposteln, Petrus, saß und die (allen) gemeinsame Äußerung übermittelte.«[33] In einem Brief |28|an Siricius von Rom erwähnt Ambrosius um 390 ausdrücklich »das apostolische Glaubensbekenntnis, welches die römische Kirche stets unbefleckt hütet und bewahrt.«[34] Rom als »petrinischer« Bischofssitz ist demnach der Ort, wo die normative Formulierung des Glaubens zwar nicht produziert, aber zuverlässig tradiert wird. Woran man das sachlich festmachte, verdeutlicht Rufin in seinem um 404 verfassten Kommentar zum Symbolum, nämlich an dessen in Rom bewahrter Unversehrtheit:

»In verschiedenen Kirchen finden sich einige Zusätze zum Wortlaut (des Bekenntnisses der Apostel). In der römischen Kirche jedoch nicht, ein Umstand, den ich daher ableite, dass keine einzige Irrlehre dort ihren Ursprung genommen hat; zudem, weil dort die alte Sitte besteht, dass diejenigen, welche das Sakrament der Taufe empfangen wollen, öffentlich, d.h. in Gegenwart des gläubigen Volkes das Symbolum laut hersagen; die Beifügung aber auch nur eines einzigen Wortes hören zu müssen, hätten die, welche schon früher den Glauben angenommen, nicht ertragen. An andern Orten aber – soweit ich sehe – scheinen in Rücksicht auf gewisse Häretiker einige Zusätze gemacht worden zu sein und zwar solche, durch welche man den Sinn einer neuen Lehre gänzlich auszuschließen glaubte. Wir indes werden jenem Wortlaut folgen, den wir in der Kirche von Aquileia bei der Taufe empfangen haben.«[35]

Rom ist – so könnte man pointiert sagen – der Ort, an dem Orthodoxie durch Orthopraxie bewahrt wird, nämlich durch die richtige Praxis des Umgangs mit dem rechten Glauben. Die Berechtigung dieses Anspruchs mag hier auf sich beruhen; die Berufung auf das »von den Aposteln überlieferte Glaubensbekenntnis« wird jedenfalls im 5. Jahrhundert bei römischen Päpsten zur stehenden |29|Redewendung.[36] Wichtiger ist im vorliegenden Zusammenhang, dass Rufin ausdrücklich auf den Umstand hinweist, dass das eine Bekenntnis der Apostel je vor Ort in unterschiedlichen Textfassungen existiert, sodass zwar – knapp gesagt – der Glaube der Römer vorbildlich sein mochte, der Text es aber nicht ohne Weiteres war. Das macht ein Vergleich zwischen den aus Rufins Kommentar zu rekonstruierenden, in Aquileia bzw. Rom in Gebrauch befindlichen Texten des Credos deutlich:[37]

Credo von Aquileia (A) Romanum (R)
Credo in deo, patre omnipotente, invisibile et impassibile, Credo in deo, patre omnipotente,
et in Iesu Christo, unico filio eius, domino nostro, et in Iesu Christo, unico filio eius, domino nostro,
qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine, qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine,
crucifixus sub Pontio Pilato et sepultus, crucifixus sub Pontio Pilato et sepultus,
descendit in inferna;
tertia die resurrexit; tertia die resurrexit;
ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris; ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris;
inde venturus iudicare vivos et mortuos; inde venturus iudicare vivos et mortuos;
et in spiritu sancto, et in spiritu sancto,
sanctam ecclesiam, sanctam ecclesiam,
remissionem peccatorum, remissionem peccatorum,
carnis resurrectionem. carnis resurrectionem.

Die Abweichungen sind nicht sehr zahlreich, aber inhaltlich signifikant, so insbesondere der Hinabstieg in die Unterwelt. Rufins eigener Erklärung zufolge müsste in Aquileia eine diesbezügliche Häresie vorgelegen haben, auf die mit der Einfügung des Halbsatzes descendit in inferna geantwortet worden wäre. Für die hier verfolgte Fragestellung ist weniger wichtig, inwiefern dies zutrifft – Rufin selbst »konnte nicht viel Licht über die Interpolation der Klausel verbreiten«[38] –, |30|sondern was daraus für die Herausbildung des Textes des Apostolikums zu lernen ist. Das führt uns zur Frage, wie sich apostolischer Glaube und apostolisches Glaubensbekenntnis zueinander verhalten, konkret: was es zu bedeuten hat, dass das Credo von Aquileia dem Apostolikum textlich tatsächlich nähersteht als das Romanum – und zu welchem Zeitpunkt wir letzteres überhaupt als Vergleichsgröße nachweisen können.

Die Rede von Gott Vater und Gott Heiligem Geist als Glaubensaussage

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