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Biblische Feste im Religionsunterricht

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Biblische Feste im Jahreskreis und der jüdische Festkalender gehören zu den obligaten Themen des christlichen Religionsunterrichts. Zum einen geht es dabei um ihren Ursprung, ihre Legende, ihren Verlauf und ihre Funktion, insbesondere im Hinblick auf ihre Bedeutung als eine generationenübergreifend erinnernde Vergegenwärtigung heilsgeschichtlicher Ursprungserfahrungen und als eine Entfaltung der biblischen Tradition im Leben der Menschen. Zum anderen ermöglicht die hohe Bedeutung der Gemeinschaft und der sinnhaften |62|Erfahrung im Festgeschehen einen grundlegend positiven emotionalen Bezug der Schülerinnen und Schüler zum Lerninhalt und bietet in gleicher Weise einen Ansatzpunkt zahlreicher Ideen zu schülerorientierter Unterrichtsgestaltung. Die ritualisierenden Elemente im Festverlauf vermögen der Orientierung und der psychischen Stabilisierung zu dienen. Erlebte Festfreude und gemeinsames Essen und Trinken als symbolhafte Grunderfahrungen des Lebens schaffen eine wesentliche Voraussetzung für das Verständnis christlicher Gemeinschaft. Gerade in der symbolischen Verwirklichung von Gerechtigkeit durch die temporäre Aufhebung sozialer Grenzen (Dtn 5,14Dtn 5,14; 16,11Dtn 16,11; vgl. Mk 2,15–17parMk 2,15–17parr..; 6,35–44parMk 6,35–44parr.. u.ö.) formulieren biblische Feste einen kritischen Anspruch an die Realität.

Die Behandlung jüdischer Feste im christlichen Religionsunterricht vermag sich zunächst dadurch zu legitimieren, dass Jesus aus Nazareth die jahreszeitlichen Feste des Judentums mitgefeiert hat. Die synoptische Tradition stellt das letzte Abendmahl Jesu als Pesachmahl dar (vgl. Mk 14,12–25parMk 14,12–25parr..); der vierte Evangelist verbindet die Kreuzigung Jesu mit der Pesachtradition (Joh 18,28Joh 18,28; 19,14Joh 19,14.33–36). Die ersten Christen separierten sich erst allmählich von den Synagogengemeinden und übernahmen dabei jüdische Festmotive und -traditionen, markierten jedoch ihre Differenz durch eigene Festätiologien und -inhalte. So wird in der liturgischen Gestaltung des Osterfestes das Verständnis des Leidens, Sterbens und Auferstehens Jesu Christi im Licht der Erlösung im Exodusgeschehen erfahrbar. An den Termin des Wochenfestes rückte (unter Übertragung der Motive des Empfangs des Wortes Gottes und seines Geistes) das Pfingstfest. Chanukka und Weihnachtsfest entsprechen sich hinsichtlich der Lichtsymbolik als Ausdruck der Nähe des Wintersolstitiums (vgl. Joh 10,22Joh 10,22) sowie hinsichtlich der hier zum Ausdruck kommenden Gewissheit der rettenden Bewahrung durch das Eingreifen Gottes in die Weltgeschichte. Der im Ostergeschehen verankerte Sonntag als wöchentlicher christlicher Fest- und Ruhetag am ersten Tag der jüdischen Woche trat an die Stelle des Sabbats (1 Kor 16,21 Kor 16,2; Apg 20,7Apg 20,7; Offb 1,10Offb 1,10).

Juden und Christen teilen bis heute eine Reihe liturgischer Traditionen. Ebenso gehört der Erwerb religionskundlicher Kenntnisse über die biblische Lebenswelt und den jüdischen Festkalender zu den Lernzielen des Religionsunterrichts. Der Vergleich jüdischer und christlicher Feste vermag zugleich zur Entstehung eines Bewusstseins der eigenen Identität als auch zur Toleranz und zur Anerkennung der religiösen Differenz beizutragen. Besonders das Motiv der gemeinschaftlichen Festfreude gestattet hier positiv besetzte emotionale Zugänge zum „anderen“ Glauben. Eine Problemanzeige betrifft die vordergründig handlungsorientierte Übernahme jüdischer Festbräuche und Praktiken im Unterricht (z.B. die Simulation eines Sederabends), die sowohl als unzulässige Vereinnahmung des Judentums als auch als eine zu starke christliche Identifikation mit dieser eigenständigen und gleichberechtigten Weltreligion empfunden werden kann.

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