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4.4 Implikationen der „syndromalen“ Formen von ASS für das Krankheitsmodell der ASS

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Die Nosologie der ASS wird durch das häufige Auftretens von ASS im Rahmen von Syndromen schwieriger: Der Spektrums- und Kontinuumsgedanke, der derzeit von den meisten Experten für die Klassifikation autistischer Auffälligkeiten bevorzugt wird, ist zwar für die „typischen“ nicht-syndromalen ASS angemessen und richtig, für die hier beschriebenen Syndrome, die sehr wahrscheinlich einen nicht unerheblichen Anteil der ASS ausmachen, aber wahrscheinlich falsch. Es handelt sich bei den meisten hier beschriebenen Syndromen um mono- oder oligokausal verursachte Erkrankungen, für die sich ein kategoriales Krankheitsmodell weit besser eignet als ein dimensionales oder spektrales. Dies hat die nicht zu unterschätzende Folge, dass die Frage, ob ein dimensionales oder ein kategoriales Krankheitsmodell für die ASS angemessen ist, in allgemeiner Weise nicht mehr beantwortet werden kann. Korrekterweise wäre von „Autismen“ im Plural zu sprechen (vgl. Aitken 2010), die zum einen Teil eher durch den Ausprägungsgrad der „Dimension Autismus“ definiert wären und zum anderen Teil als Symptomatik definierter, kategorial beschreibbarer Syndrome aufgefasst werden müssten. Dies macht das wissenschaftliche Verstehen dessen, was Autismus ist, zuerst einmal schwieriger. Gleichzeitig wird aber deutlich, dass mit der Einführung der Diagnose „ASS“ im DSM-5 die wissenschaftlichen Bemühungen nicht enden sollten, ätiologisch definierte diagnostische Unterkategorien zu bilden, die langfristig vermutlich jeweils sehr unterschiedlichen Therapien zugänglich sein dürften.

Für pathophysiologische Überlegungen lässt sich aus der beschriebenen Konstellation relativ klar ableiten, dass autistische Symptome die gemeinsame Endstrecke sehr unterschiedlicher Primärstörungen und Ätiologien sein können und somit als breite Möglichkeit des Gehirns verstanden werden müssen, auf eine große Zahl von sehr unterschiedlichen Reizen zu reagieren. Anders ausgedrückt: Dass Autismus im Rahmen dermaßen vieler unterschiedlicher Syndrome auftreten kann, spricht sehr dafür, dass der zugrunde liegende gehirnphysiologische Prozess deutlich unspezifischer ist, als dies allgemein vermutet wird.

Autismus-Spektrum-Störungen im Erwachsenenalter

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