Читать книгу Ökumenische Kirchengeschichte - Группа авторов - Страница 40

Protestantische Friedensinitiativen

Оглавление

Nach Lage der Dinge konnten protestantische Friedensinitiativen auf dem europäischen Kontinent, falls sie nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt sein sollten, nur von den neutralen Ländern ausgehen. Der bedeutendste Friedenspolitiker der protestantischen Konfessionsfamilie während des Ersten Weltkrieges war Nathan Söderblom (1866–1931), geboren im Pfarrhaus von Trönö im nördlichen Schweden, in seinen Jugendjahren Krankenhauspastor in Uppsala und Gesandtschaftspfarrer in Paris, zugleich Seemannspastor für Calais. Bereits damals entwickelte er sich zu einem anerkannten Religionswissenschaftler. Er brillierte als Élève diplômé der École des Hautes Études. Akademische Berufungen führten ihn als Professor nach Uppsala und auf den neu errichteten Lehrstuhl für Religionsgeschichte nach Leipzig. Im Weltkriegsjahr 1914 wurde er Erzbischof von Uppsala. Den Chauvinismus der Kirchen Europas fand er erschütternd. Söderblom, eine Pioniergestalt der Ökumene des 20. Jahrhunderts, an dem seine schwedischen Landsleute Züge eines modernen Heiligen entdeckten, sandte Ende 1914 einen Friedensappell in vier Sprachen an führende Kirchenmänner, in dem sich die Sätze fanden: „Wir Diener der Kirche wenden uns an alle, die in dieser Frage Macht und Einfluss besitzen, mit der nachdrücklichen Mahnung, den Gedanken des Friedens ernstlich ins Auge zu fassen, sodass des Blutvergießens bald ein Ende wird. Insonderheit wollen wir unsere Mitchristen aus den verschiedenen Völkern daran erinnern, dass der Krieg die Bande nicht zerreißen kann, mit denen Christus uns untereinander verbindet“ (Nils Karlström, Kristna Samforstandssträvanden under Väldskriget 1914–1918, Uppsala 1947, 578f.). Die Reaktion auf den Söderblom-Appell war deprimierend. Die Kirchenführer der kriegführenden Nationen weigerten sich, den Friedensappell zu unterzeichnen. Mitgetragen wurde Söderbloms Werben um den Frieden in Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, der Schweiz und den USA. Doch das eigentliche Anliegen war gescheitert. 1915 schaltete sich Söderblom vermittelnd in einen Konflikt zwischen der Anglikanischen Kirche und den deutschen Missionsinteressen in Indien und Kamerun ein, ebenfalls ohne Erfolg.

Im Epochenjahr 1917, in dem Papst Benedikt XV. (1914–1922) sich als Friedensvermittler anbot, mit seiner Friedensnote bei der deutschen Reichsregierung und bei den Mächten der Entente jedoch auf Ablehnung stieß, erneuerte Söderblom seine Bemühungen um den Frieden. Die Symbolik des vierhundertjährigen Reformationsjubiläums 1917 diente ihm als Anlass, den Friedensaktionen dieser Zeit – die sozialistische Friedenskonferenz vom Frühjahr 1917 in Stockholm, die Gründung des British Council for Promoting an International Christian Meeting vom Juli 1917 und andere – seinerseits ein weiteres Zeichen folgen zu lassen. Söderblom lud im Oktober 1917 zu einer internationalen Kirchenkonferenz nach Uppsala ein. „Die Zeit ist reif und die Gelegenheit günstig“, stimmte William Temple (1881–1944) zu, später Bischof von Manchester und von 1942 bis 1944 Erzbischof von Canterbury. Jedoch verlangte er genauere Klärungen. Eine Einladung erging nach einer Kirchenkonferenz verschiedener neutraler Länder im Dezember 1917 erneut in Uppsala im April 1918, unterzeichnet von Söderblom und seinen bischöflichen Amtsbrüdern von Christiania, dem heutigen Oslo, und Seeland. Hinhaltende Reaktionen und Terminverschiebungen, vor allem aber die sich im Frühjahr und Sommer 1918 rasch verändernde Lage auf den Kriegsschauplätzen, ließen die geistliche Konferenz nicht zustande kommen. Im Rückblick besteht der Wert der Konferenzinitiative von 1917/18 als Schritt auf jenem Wege, der 1925 zur Weltkirchenkonferenz in Stockholm im Rahmen der Bewegung Life and Work führte.

Viele weitere größere, kleine und kleinste Friedensaktionen von Kirchenorganisationen und Christen aus kriegführenden und neutralen Ländern zeigten, dass Hass und Feindschaft nicht das letzte Wort führten. Die in Konstanz geborene World Alliance, der Weltbund für Internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen, konnte auf nationale Gruppen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den USA, der Schweiz und weiteren Ländern zählen. In England erschien „The Peacemaker“ – ab 1915 „Goodwill“ –, in Deutschland Friedrich Siegmund-Schultzes (1885–1969) „Die Eiche“. Wenigstens die geistige und geistliche Isolierung zwischen den Kirchen und Nationen sollte aufgebrochen werden. 1915 trafen sich die Weltbundaktivisten in Bern. Caritas inter arma wurde zum Losungswort der Hilfe für Zivilinternierte und Kriegsgefangene. Die skandinavischen Weltbundkomitees haben durch die Planungen ihrer Konferenzaktivitäten im Herbst 1917 Söderbloms neue Schritte angeregt. Das Scheitern der kirchlichen Versöhnungs- und Friedensbemühungen über die kämpfenden Fronten hinweg war ein Teil der traurigen Gesamtbilanz von 1914 bis 1918. Ein anderer Teil war die trotzdem gewachsene ökumenische Ermutigung. Nach dem dritten vergebens anberaumten Termin für die Stockholmer Konferenz am 8. September 1918 gingen aus Skandinavien Telegramme in die kirchliche Welt. „Unsere Gebete halten ökumenische Konferenz“ (Rouse – Neill, Geschichte Bd. 2, 163).

Ökumenische Kirchengeschichte

Подняться наверх