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b) Der Eremit Antonius

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Der Eremit Antonius (251 – 356) gilt als das Beispiel asketischen Mönchtums schlechthin. Das Wort Mönch leitet sich vom griechischen Wort monos = allein ab. Welche Informationen und welche Quellen liegen zum Leben und Wirken des Antonius vor? Die wichtigste und gleichzeitig umstrittenste Quelle ist seine Vita, die Athanasius (295 – 373), Bischof von Alexandria, schrieb, eine viel diskutierte Gestalt in der Frühzeit der christlichen Kirche. Athanasius schrieb die Vita wenige Jahre nach dem Tod des Antonius. Historiker wie Theologen merken an, dass diese Vita zum einen als Prototyp für die späteren lateinischen Beschreibungen von Heiligenleben gelten kann, dass aber der Text zum anderen durchaus auch die eigennützigen bischöflichen Interessen widerspiegelt: Die Vita präsentiert dem Rezipienten den einfachen Ägypter Antonius, der bekehrt wird, als er eine Predigt hört, die das Bekenntnis zur evangelischen Armut fordert. Er befolgt deren Befehl, entledigt sich allen Besitzes und zieht sich in eine Höhle in der Wüste zurück. Einen guten Teil der Schilderung nimmt seine Auseinandersetzung mit den wilden Dämonen ein, die ihm körperlich und seelisch zusetzen. Diese Kämpfe wurden der zentrale Bestandteil aller späteren Adaptionen der Vita in schriftlichen Quellen, v. a. aber auch in der Transponierung des Textes auf die Bildebene wie es z. B. kaum eindrücklicher als in den großen Tafelgemälden von Hieronymus Bosch oder Matthias Grunewald vor Augen geführt werden kann – die Versuchung des hl. Antonius wurde nachgerade zu einem Standardmotiv der Malerei. Die Dämonen gewinnen eine eigene Realität in Form von körperlichen askesefeindlichen Versuchungen, z. B. in der Offerte einer luxuriösen Mahlzeit, ebenso wie in geistigen Anfechtungen wie dem Angebot, Eitelkeit, Stolz, Spitzfindigkeit und Intellektualität auszuleben. Außer dem Sieg über die Dämonen, den er nicht zuletzt durch strenge Askese, Enthaltsamkeit und den Verzicht auf lukullische Genüsse wie Fleisch und Wein erreichte, zeichnete sich Antonius nach der Vita des Athanasius darüber hinaus dadurch aus, dass er eine Vielzahl guter Taten und sogar etliche Wunder vollbrachte. Unerwähnt bleibt bei Athanasius, dass der angeblich einfache Eremit und Mönch Antonius eigentlich der gehobenen und gebildeten Schicht der Kopten, den ägyptischen Christen angehörte und eine fundierte philosophische Ausbildung an den Schulen von Alexandria erhalten hatte. Seine aktive Parteinahme für seine christlichen Glaubensgenossen während ihrer Verfolgung unter Maximinus Daja im Jahr 311 wird nur angedeutet und in der Vita als individuelles Streben nach dem Martyrium interpretiert. Ein weiterer Aufenthalt in Alexandria 337 / 338 findet ebenso wenig Beachtung. Heiligkeit erlangte Antonius nach dem Wunsch seines ersten Biographen als weltabgeschiedener Eremit, fastend und betend.

Die Vita wäre demnach weit weniger eine Biographie als ein Modell, wie man sich in mehreren Schritten der Idealvorstellung christlicher Askese nähern könne; der Prozess von Abfassung und Rezeption des Textes käme dem „making of a saint“ gleich. Hinzu kommt, dass Antonius in der Vita am Ende eines langen, über hundertjährigen Lebens, das er fast ausschließlich in der Gesellschaft anderer Eremiten verbracht haben soll, schließlich doch noch als der Gründer eines Klosters in Erscheinung tritt, das sich ganz in den institutionellen Rahmen der Kirche einfügte. Je nach dem Blickwinkel des Betrachters kommt diese Darstellung einer historischen Wahrheit nahe oder entspringt vielmehr dem Wunschdenken bzw. dem kirchenpolitischen Gestaltungswillen des Athanasius. Denn dessen Anliegen als Bischof war es, diese außerhalb der kirchlichen Hierarchie lebenden Gemeinschaften in die ecclesiastische Organisation zu integrieren und unter episkopale Kontrolle zu zwingen.

Um es noch einmal zu wiederholen: Erst die Vita des Athanasius machte den gelehrten, gebildeten und zahlreiche Kontakte pflegenden Antonius zum fast einfältigen, gläubigen Eremiten und Heiligen. Diese Vita aber – theologisches Konstrukt zur Belehrung von Gläubigen – wird mit ihrer Konzeption von Heiligkeit als Vorbild für viele weitere Heiligenleben dienen, die dann im schlechtesten Fall die wichtigsten biographischen Elemente wie Versatzstücke mit einigen Überleitungen und Ergänzungen zu einem neuen, imaginären Heiligenleben zusammenstellen.

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