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Heloise – das Objekt der Begierde

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Abaelard stand nicht nur in dem Ruf, ein begnadeter Philosoph und fantastischer Redner zu sein, er sah obendrein auch noch blendend aus. Und da ihn keinerlei Selbstzweifel plagten, war er sich seiner charismatischen Ausstrahlung – auch und gerade auf das „schöne Geschlecht“ – nur allzu gut bewusst: Ich hatte einen derartigen Ruf, ich war mit solcher Jugend und Schönheit begnadet, dass ich keine Zurückweisung fürchten zu müssen glaubte, wenn ich eine Frau meiner Liebe würdigte, mochte sie sein, wer sie wollte.

Die Sache hatte nur einen Haken: Bislang hatte sich Abaelard nach eigenen Worten äußerster Enthaltsamkeit befleißigt. Wie alle Gelehrten seiner Zeit hatte nämlich auch er die niederen Weihen erhalten und war damit zum Kleriker geworden. Das bedeutete zwar nicht unbedingt, dass er an den Zölibat gebunden war, doch wollte er seine Karriere nicht gefährden, dann war es ratsam, die Finger von den Frauen zu lassen und unverheiratet zu bleiben. Nur so hatte er Chancen, später Karriere beim Klerus oder am Königshof zu machen. Und Abaelard war nicht nur eitel, er war auch ungemein ehrgeizig.

Inzwischen aber ging er so langsam auf die vierzig zu, erlebte möglicherweise eine Art Midlife-Crisis, die ihn zu der späten Erkenntnis veranlasste, dass es außer Geld und Ruhm im Leben noch etwas anderes geben musste.

Eines Tages anno 1117, als sich seine Studenten in den Kreuzgängen von Notre Dame um die besten Plätze stritten, um den Vorlesungen des Meisters zu lauschen, entdeckte Abaelard unter seinen Zuhörern ein ungewöhnlich hübsches junges Mädchen, das von nun an häufiger zu seinen Vorlesungen kam und ihn mit seiner Anwesenheit erheblich verwirrte. So sehr, dass er, statt sich mit den diversen Widersprüchen der Kirchenväter zu beschäftigen, nur noch über die eine Frage nachgrübelte: Wie kann ich dieses bezaubernde Geschöpf näher kennen lernen?

Die schöne Unbekannte, das fand Abaelard bald heraus, hieß Heloise (1100–1163). Das Objekt seiner Begierde war noch minderjährig und lebte bei ihrem Onkel, dem Domherrn Fulbert. Für ein junges Mädchen ihrer Zeit war Heloise außergewöhnlich gebildet. Im Mittelalter konnten nur die wenigsten Frauen lesen und schreiben, und die meisten von ihnen waren Nonnen. Nun hatte auch Heloise in Argenteuil eine Klosterschule besucht, ohne jedoch in den Orden einzutreten, hatte dort nicht nur Latein gelernt, sondern auch die Grundlagen des Hebräischen. Eigentlich wollte sie ihre Studien weiter fortsetzen, doch nachdem sie den berühmten Abaelard mit eigenen Augen gesehen hatte, konnte sie an nichts anderes mehr denken als nur an ihn …

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