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Ungeplanter Nachwuchs

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Kein Wunder, dass Abaelard nun achtkantig aus dem Haus geworfen wurde und gezwungen war, sich irgendwo eine neue Bleibe zu suchen. Aber jetzt, da er allein in einem Zimmer irgendwo auf Île de la Cité hockte, scheint ihm zum ersten Mal bewusst geworden zu sein, wie viel ihm Heloise tatsächlich bedeutete, nicht nur als „Bettschatz“, wie es Goethes Mutter formuliert hätte: Allein die Trennung befestigte nur das Band unserer Herzen, und unsere Liebe wurde umso glühender, je mehr ihr die Befriedigung fehlte.

Während Abaelard also feststellte, dass er wohl ehrlich in Heloise verliebt war, machte die junge Frau eine ganz andere Entdeckung: Sie war schwanger! Jetzt war guter Rat teuer. Ein uneheliches Kind brachte schließlich Schande über die ganze Familie. Das konnte sie dem guten Onkel Fulbert auf keinen Fall antun! (Ob Heloises Eltern damals noch lebten, ist nicht bekannt.)

Als Heloise ihrem Geliebten die „frohe Botschaft“ überbrachte, reagierte Abaelard derart entsetzt, als hätte er die Möglichkeit einer Schwangerschaft niemals in Betracht gezogen. Seine größte Sorge aber galt – wieder einmal – sich selbst. Eigentlich hätte man erwarten können, dass er unverzüglich um Heloises Hand angehalten hätte, um die junge Frau nicht zu kompromittieren. Doch Abaelard wies jeden Gedanken an Heirat weit von sich, schließlich wollte er doch nicht seine großartige Karriere aufs Spiel setzen. Noch standen ihm alle Wege offen; er konnte die geistliche Laufbahn einschlagen, Bischof werden, wie es Wilhelm von Champeux getan hatte, oder am Hof als königlicher Berater, vielleicht auch als Prinzenerzieher tätig sein. Der Gang vor den Traualtar aber würde all diese wundervollen Aussichten mit einem Schlag zunichtemachen. Um Zeit zu gewinnen, beschloss Abaelard, die schwangere Heloise erst einmal heimlich aus Paris fortzuschaffen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion brachte er sie – natürlich mit ihrem Einverständnis – zu seiner Schwester in die Bretagne.

Dann kehrte er nach Paris zurück, als sei nichts geschehen, und nahm seinen Unterricht in den Kreuzgängen der Kathedrale von Notre Dame wieder auf. Die Zeit verging und Abaelard scheint froh gewesen zu sein, dass er sein „altes Leben“ zurückbekommen hatte. Inzwischen brachte Heloise in der fernen Bretagne ihr Kind zur Welt, einen Sohn, dem sie den programmatischen Namen Astralabe gab, was so viel heißt wie: Der nach den Sternen greift.

Hätte Abaelard die Wahl gehabt, dann hätte wohl alles so weitergehen können. Doch in Paris kursierten inzwischen böse Gerüchte, denn das Verschwinden von Heloise war natürlich nicht unbemerkt geblieben. Vielleicht plagte Abaelard das Gewissen, wahrscheinlich hatte er aber nur Angst um seinen guten Ruf. Auf jeden Fall entschloss er sich etwa ein halbes Jahr nach der Geburt seines Sohnes, Onkel Fulbert aufzusuchen und ihn um Verzeihung zu bitten. Er selbst stellt den Sachverhalt folgendermaßen dar: Zuletzt aber bekam ich selbst Mitleid mit dem übermäßigen Schmerz des Mannes, auch machte ich mir Gewissensbisse über die Art und Weise, wie ich ihn um meiner Liebe willen hintergangen hatte. Ich bat ihn um Vergebung und bot ihm jede beliebige Entschädigung an.

Doch so leicht ließ sich Onkel Fulbert nicht beruhigen. Er war wütend und gekränkt, sorgte sich um den guten Ruf seiner Nichte und forderte Abaelard auf, Heloise unverzüglich zu heiraten. Tatsächlich einigten sich beide Männer auf einen wahrhaft faulen Kompromiss: Um ihn noch besser zu besänftigen, bot ich ihm eine Genugtuung an, die alles übertraf, was er hatte erhoffen können. Ich schlug ihm vor, jene, die ich verführt hatte, unter der einzigen Bedingung zu ehelichen, dass die Heirat geheim gehalten würde, damit sie meinem Ruf nicht schade. Die Arroganz und Selbstgefälligkeit, die aus diesen Zeilen sprechen, werfen wahrhaftig kein gutes Licht auf den berühmten Philosophen. Doch was blieb Onkel Fulbert anderes übrig, als das Angebot anzunehmen, das für seine Nichte und ihr Kind das Beste zu sein schien.

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