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Der Bericht von Genesis 2

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Ganz anders der Schöpfungsbericht, der ab Gen 2,5 erzählt wird. Es wird gesagt, dass am Anfang noch keine Pflanzen da waren und auch noch kein Mensch, „denn Gott Jahweh hatte noch nicht regnen lassen auf Erden … aber ein Nebel stieg auf von der Erde und feuchtete das Land“.

Nun aber machte Gott den Menschen „aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase“. Und Gott pflanzte einen Garten und setzte den Menschen dort hinein. Dann ließ Jahweh wachsen „allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen“, darunter, in der Mitte des Gartens, den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, von dem Gott dem Menschen gebot, dass er davon nicht essen dürfe.

Erst danach machte Gott die Tiere auf dem Feld und die Vögel unter dem Himmel und „brachte sie zu dem Menschen, dass er sähe, wie er sie nennte“. Und weil die Tiere offenbar in Pärchen auftraten, vermisste der erste Mensch ein Gegenstück oder eine Gehilfin, „die um ihn sei“. So ließ Jahweh einen Schlaf über ihn kommen, entnahm ihm eine Rippe und formte daraus ein Weib, das Gott zu ihm brachte. „Und sie waren beide nackt, der Mensch und sein Weib, und schämten sich nicht.“

Diese jahwistische Erzählung wird im dritten Kapitel der Genesis dann noch weitergeführt: Wir lesen von der Verführung durch die Schlange, dem Sündenfall des ersten Menschenpaares durch das Essen der verbotenen Frucht, der Erkenntnis der eigenen Nacktheit, dem Aufkommen der Scham und daraus folgend das Verstecken vor Gott sowie schließlich die endgültige Vertreibung des Menschenpaares aus dem Paradies.

Die Unterschiede zwischen dem Bericht des Elohisten (Gen 1) und demjenigen des Jahwisten (Gen 2–3) betreffen also nicht nur Sprache und Stil des Textes, sondern auch bemerkenswerte inhaltliche und weltanschauliche Divergenzen. Im ersten Bericht scheint das damals übliche Weltbild von der so bezeichneten „Käseglocke“ vorausgesetzt zu sein, wonach sich über einer flachen Erde eine gewölbte Feste erstreckt, an deren Wölbung sich die Gestirne bewegen. Oberhalb der Feste befinden sich die oberen Wasser, die den Regen verursachen; und unterhalb und jenseits der Erde befinden sich die unteren Wasser, dank derer die Wasserquellen hervorbrechen und Brunnen gebohrt werden können.

Beim Elohisten in Gen 1 wird der Mensch erst geschaffen, nachdem alles andere bereits vorhanden ist. Dort ist die Erschaffung des Menschen der kulminierende Höhepunkt einer sich aufbauenden Erzählung, und das Menschenpaar wird gleichzeitig, nämlich am Nachmittag oder Abend des sechsten Schöpfungstages erschaffen, wobei es hier noch einen weiteren Höhepunkt gibt, nämlich die Ruhe des siebten Tages, durch die der jüdische Sabbat als kultischer Ruhetag seine Bedeutung erhält. Beim Jahwisten hingegen steht die Erschaffung des Menschen ganz am Anfang, und erst danach werden Pflanzen, Tiere und – zuletzt – auch die Frau geschaffen.

In Bezug auf das Verhältnis des Menschen zu Gott gibt es zwischen beiden Berichten einen feinen, aber bedeutenden Unterschied: Heißt es beim Elohisten, dass Gott den Menschen „nach seinem Bilde“ erschuf, der Mensch also quasi Gott gleich sei, so wird der Mensch in Gen 2 gerade davor gewarnt, Gott gleich sein zu wollen, weshalb er nicht von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen essen soll. Die Versuchung der Schlange hat genau dieses zum Inhalt: „An dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ (Gen 2,5) Und genau so kam es. Sie aßen von der Frucht, erkannten, was gut und böse ist, es „wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze … Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes Jahwehs unter den Bäumen im Garten“ (Verse 7 u. 8). Später beklagt Gott, dass „der Mensch ist geworden wie unsereiner“, weshalb er den Menschen aus dem Garten Eden verbannt. Die Gottgleichheit wird beim Elohisten als Idealzustand des Menschen verstanden, beim Jahwisten hingegen als Versuchung und Versündigung, die den Menschen das Paradies kostet.

Und sie dreht sich doch!

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