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Weltbild und Weltanschauung

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Wir unterscheiden im deutschen Sprachgebrauch zwischen Weltbild und Weltanschauung.

Wenn wir vom Weltbild sprechen, denken wir vor allem an ein physikalisches Gebilde wie das geozentrische Weltbild, das bis zur Neuzeit das Denken der meisten Menschen beherrschte, oder das heliozentrische Weltbild, wie es uns seit Kopernikus vertraut ist. Ein Weltbild ist für uns also in erster Linie ein physikalisches Bild von Gestirnen, Räumen und Umlaufbahnen mit Sonne, Erde, Mond und den Planeten. Ein Weltbild ist ein gegenständliches, das sich auf das Sichtbare, Objektivierbare bezieht. Meistens lassen wir bei unseren Weltbildern die geistigen Dimensionen außer Acht. Sterne und Planeten, Sonne und Monde sind nun einmal gegenständlich.

Anders bei der Weltanschauung, die wir eher als ein geistiges, ideologisches, religiöses Gerüst begreifen, an dem wir unser Leben orientieren. Mit unserer Weltanschauung bezeichnen wir unser gesamtes philosophisches Gedankenkonstrukt, mit dem wir alle unsere metaphysischen, geistigen und spirituellen Wirklichkeiten zusammenfügen.

Während unser Weltbild sich der strengen naturwissenschaftlichen Erforschung zu unterwerfen hat, gestatten wir unserer Weltanschauung, dass sie von unseren ideologischen Vorprägungen und Vorverständnissen beeinflusst ist und der wissenschaftlichen Hinterfragung entzogen bleibt. Unsere Weltanschauungen beziehen sich nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare, sie lassen sich nicht verobjektivieren oder naturwissenschaftlich begründen. Während wir einerseits bereit sind, unser Weltbild den physikalischen und astronomischen Zusammenhängen einer strengen wissenschaftlichen Forschung zu unterwerfen, lassen wir unsere Weltanschauung, also unsere Lebensphilosophie, eine ganz persönliche Sache sein.

Doch dürfte diese Unterscheidung zwischen Weltbild und Weltanschauung nicht klinisch sauber durchzuhalten sein. Zum einen ist ein Weltbild nie ausschließlich ein rein physikalisch-materielles, das keine Auswirkungen auf unser philosophisches Denken hätte, zum anderen beeinflussen unsere weltanschaulichen Denkvoraussetzungen natürlich auch unser Weltbild, wie die Geschichte der Naturwissenschaft ausreichend belegt. Galileo Galilei und seine papistischen Zeitgenossen sind nur eines von vielen Beispielen dafür.

Ein Weltbild ist nicht nur der Versuch, die Welt zu verstehen, sondern auch von dem Bemühen des Menschen getragen, sich selbst zu begreifen. Jedes Weltbild will den Menschen aus seiner Orientierungslosigkeit herausretten und ihm helfen, sich in einer unbekannten und bedrohlichen Welt einen Ordnungsrahmen zu schaffen, innerhalb dessen er navigieren kann. Ein Weltbild, das uns keine zusammenhängende, in sich schlüssige Gesamtschau von der Welt bietet, in der wir unseren sicheren Platz und unsere verlorengegangene Geborgenheit wiederfinden, ein solches Weltbild lehnen wir als untauglich ab, weil es unseren urmenschlichen Bedürfnissen nach Verstehen, Abgeschlossenheit, Zusammenhalt und Geborgenheit nicht genügt.

Und sie dreht sich doch!

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