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8. Die so genannte Westpolitik des Perikles

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Fast zeitgleich mit der Ausweitung der Seeherrschaft in der Ägäis begann Athen seine Fühler gen Westen auszustrecken. Mitte der 440er Jahre wurden Bündnisse mit Leontinoi auf Sizilien und Rhegion an der gegenüberliegenden italischen Küste der Straße von Messina geschlossen, Kleruchien in Hestiaiai und Unteritalien angelegt sowie Neapolis in Kampanien durch attische |31|Kolonisten verstärkt. 444/3 rief Perikles Siedler aus ganz Griechenland auf zur Teilnahme an der Gründung der panhellenischen Kolonie Thurioi an der Stelle der zerstörten Kolonie Sybaris (am Golf von Tarent).

Über die Ziele und Motive dieser „Westpolitik“ schweigen die Quellen, die Vermutungen der Forscher reichen von einer gezielten Machterweiterung über die Gewinnung von Basen für einen Angriff auf die Peloponnes bis hin zur Sicherung des Handelsmonopols gegen korinthische Konkurrenz. Häufig hat man sich durch die späteren Ereignisse des Peloponnesischen Krieges leiten lassen, doch wird jede Interpretation zunächst zu fragen haben, was der Westen den Athenern in den frühen 440er Jahren bieten konnte. Bei der Beantwortung dieser Frage wird man zunächst auf den wirtschaftlichen Bereich verwiesen. Die Zahl der Athener Bevölkerung war stetig gestiegen und hatte seit dem Frieden des Kallias den Zugang zu dem ägyptischen Kornreservoir weitgehend verloren bzw. an phönikische Zwischenhändler abgegeben. Als Ersatz boten sich Sizilien und Kampanien geradezu an, denn sie waren die reichsten kornproduzierenden Länder des westlichen Mittelmeerraums. Hierzu passt, dass der Stratege Phormion fast zeitgleich mit den Verträgen mit Leontinoi – dem ertragreichsten Getreideanbaugebiet Siziliens – und Rhegion – dem traditionellen Knotenpunkt des Seehandels von Sizilien über Unteritalien nach Griechenland – mehrere Bündnisse mit den Gemeinden Akarnaniens abschloss. Von hier aus liefen wichtige Schifffahrtsrouten in die Adria und nach Italien. Offensichtlich wollte man sich also sichere Anlaufbasen für den Handel mit Getreide aus dem Westen schaffen. Dies schloss die Möglichkeit ein, politische Rivalen von der Kornzufuhr abzuschneiden. Tatsächlich versuchte Phormion in den Anfangsjahren des Peloponnesischen Krieges, die Kornzufuhr aus Sizilien auf die Peloponnes und nach Korinth zu blockieren. Dies zeigt erneut: Die alten Feindseligkeiten aus der Zeit des 1. Peloponnesischen Krieges waren durch den Dreißigjährigen Frieden keineswegs aufgehoben, sondern durch eine kurzzeitige Akzentverschiebung der athenischen Politik nur verdeckt worden.

Athen und Sparta

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