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(7) Argumentation basierend auf Repräsentativität

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Wir beurteilen die Gleichartigkeit zweier Dinge häufig basierend auf ihrer oberflächlichen Ähnlichkeit. Psychologen nennen dieses Phänomen Repräsentativitätsheuristik, weil wir das Ausmaß, in dem sich zwei Dinge ähneln – also einander repräsentieren –, für die Beurteilung verwenden, wie gleichartig sie sind. Eine Heuristik ist eine mentale Abkürzung oder eine Faustregel.

In den meisten Fällen leistet uns die Repräsentativitätsheuristik, wie andere Heuristiken auch, gute Dienste. Wenn wir eine Straße entlanggehen und einen maskierten und bewaffneten Mann aus einer Bank laufen sehen, werden wir wahrscheinlich zusehen, dass wir ihm möglichst nicht im Weg stehen. Das liegt daran, dass dieser Mann ein Repräsentant der Gruppe Bankräuber ist – einem solchen also ähnlich sieht –, wie wir sie aus dem Fernsehen und aus Filmen kennen. Natürlich ist es möglich, dass sich jemand nur einen Spaß erlaubt oder dass er ein Schauspieler aus einem Hollywoodfilm ist, der dort gerade gedreht wird, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht lautet hier die allgemeine Devise. Hier verlässt sich der Mensch auf eine mentale Abkürzung. Wahrscheinlich ist das auch gut so.

Dennoch wenden wir Repräsentativitätsheuristiken auch dann an, wenn es nicht sinnvoll ist. Nicht alles, was einander oberflächlich ähnelt, ist auch automatisch das Gleiche. Daher können uns Repräsentativitätsheuristiken zuweilen in die Irre führen. In diesem Fall liegt der gesunde Menschenverstand richtig: Wir sollten nicht immer nach dem Äußeren urteilen. Tatsächlich entstehen vermutlich viele psychologische Irrtümer aus der Fehlanwendung von Repräsentativitätsheuristiken. Um ein Beispiel zu nennen: Manche Graphologen (Schriftpsychologen) behaupten, dass Menschen, deren Schrift viele sperrig geschriebene Buchstaben enthält, ein besonders großes Bedürfnis nach großem persönlichen Freiraum haben. Leuten, die beim Schreiben die „t“ und die „f“ mit peitschenähnlichen Linien verbinden, wird eine sadistische Ader unterstellt. Graphologen nehmen also an, dass zwei Dinge, die sich oberflächlich ähneln, wie etwa raumeinnehmende Buchstaben und das Bedürfnis nach persönlichem Freiraum, auf statistischer Grundlage miteinander in Verbindung gebracht werden können. Für diese Annahme gibt es jedoch keinerlei wissenschaftlichen Beweis (siehe Irrtum 25).

Ein anderes Beispiel bezieht sich auf den Mensch-Zeichen-Test (MZT), den viele klinische Psychologen verwenden, um Persönlichkeitsmerkmale und psychische Störungen der untersuchten Person zu ermitteln. In Mensch-Zeichen-Tests, wie dem berühmten Goodenough-Harris Draw-a-Person-Test, werden Probanden dazu aufgefordert, eine Person (in manchen Fällen auch zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts) auf beliebige Art zu zeichnen. Es gibt praktizierende Ärzte, die behaupten, dass Patienten, die Menschen mit besonders großen Augen zeichnen, unter Paranoia leiden, solche, die Menschen mit großen Köpfen zeichnen, seien narzisstisch (egozentrisch) und dass Patienten, die Menschen mit langen Krawatten zeichnen, sich zwanghaft mit Sex beschäftigen (eine lange Krawatte ist ein bekanntes Freud'sches Symbol für das männliche Geschlechtsorgan). Alle diese Behauptungen basieren auf einer oberflächlichen Ähnlichkeit zwischen gewissen Mensch-Zeichen-Test-Indizien und bestimmten psychologischen Eigenschaften. Für diese angenommenen Zusammenhänge gibt es keinerlei wissenschaftlichen Nachweise.

Warum Mozart Babys nicht schlauer macht

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