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Kapitel 8

Rayek:

Verschlafen greife ich mit geschlossenen Augen zum Nachttisch und suche blind nach meinem Wecker. Es ist spät geworden. Deshalb wundert es mich nicht, dass es inzwischen schon Mittag ist. Trotzdem kann ich mich nicht aufrappeln, das Bett zu verlassen. Es ist Sonntag und ich habe heute ohnehin nichts vor. Ich stelle meinen Wecker zurück auf den Nachttisch, zumindest versuche ich das, denn er geht mit einem lauten Knall zu Boden. Auch gut. Dann bleibt er eben dort. Ich schließe meine Lider und die Bilder des gestrigen Abends gehen durch den Kopf. Es war in Ordnung gewesen. Trotzdem brauche ich das definitiv nicht öfter. Unter Menschen zu sein ist dermaßen anstrengend … Die gesamte Zeit freundlich zu sein. Sich zurückzuhalten. Nicht mein Ding. Und dieser Bernd …

Ich massiere mir mit einer Hand kurz die Schläfe und starre müde an die Decke. Was findet Reico nur an ihm? Ist er derart verzweifelt auf der Suche nach einem Freund gewesen, dass er sich auf so einen Typen einlässt? Anscheinend. Äußerlich macht er absolut nichts her. Okay, jeder hat einen anderen Geschmack, aber … ich weiß auch nicht. Ich würde mich nicht aufregen, wenn er charakterlich der Überflieger wäre, aber das ist er nicht einmal annähernd. Er ist mürrisch, unaufmerksam und das glatte Gegenteil von einfühlsam. Wieso sucht er sich einen aus dem Schlag aus? Reico braucht jemand, der Feingefühl besitzt und zuvorkommend ist. Nicht einen Bauerntrampel.

Ich atme tief ein, rolle mich auf die Seite und schließe meine Augen. Warum nimmt er nicht Jan? Der sieht zwar ebenfalls nicht top aus, aber er ist wenigstens nett. Er würde viel besser zu ihm passen. Stattdessen versucht er tatsächlich, mich mit ihm zu verkuppeln. Ist doch wirklich lachhaft. Jan und ich? Niemals. Klar, der Abend war nett. Er ist in Ordnung, man hält es mit ihm aus, dennoch: Ich bin gern Single und ich habe vor, das weiter zu bleiben. Abgesehen davon ist Jan wirklich nicht mein Typ. Ich stehe auf muskulöse Kerle. Hiervon ist Jan weit entfernt. Vielleicht bin ich oberflächlich, aber warum auch nicht? Besser, als sich einen Bernd an Land zu ziehen. Ich habe doch gesehen, dass Reico völlig unglücklich ist. Sogar ein blinder hätte das bemerkt, nur sein Freund nicht. Ich stehe selbst nicht auf Kitsch, aber was soll’s?! Wäre es so schwer gewesen, ihm eine Rose zu kaufen? Oder ihn wenigstens im Laufe des Abends zu küssen?

Ich drehe mich auf die andere Seite und drücke mir das Kissen ins Gesicht. Bernds Aura gefällt mir überhaupt nicht. Natürlich konnte ich es nicht dauerhaft vermeiden. Dass ich seine Seelenfarbe sehe, war nur eine Frage der Zeit. Wie ich das verabscheue. Sein aggressives Dunkelrot hat mich geradezu angesprungen. Und der dezente schwarze Schleier darunter, der immer wieder durchblitzte, macht das Ganze noch schlimmer. Kein angenehmer Zeitgenosse. Warum sieht Reico das nicht? Ich mache mir Sorgen und ich hasse das. Das ist ein weiterer Grund, wieso ich zwischenmenschliche Kontakte meide. Nicht nur, dass neunundneunzig Prozent der Menschen selbstsüchtig, egoistisch, tyrannisch und rücksichtslos sind. Nein, man hat nichts als Ärger und Stress. Überhaupt, Reico ist alt genug! Niemand hat ihn gezwungen, sich so einen Idioten zu angeln. Ich darf mich da nicht einmischen. Es geht mich nicht die Bohne an. Wen er sich aussucht, ist seine Sache. Ich halte mich raus. Das ist für alle besser und ich habe meine Ruhe. Stimmt. Warum mache ich mir eigentlich einen Kopf? Und dazu früh morgens. Ich bin doch echt bescheuert. Einschlafen kann ich allerdings nicht mehr, so sehr ich es auch versuche und herbeisehne. Seufzend richte ich mich auf, öffne die Schublade und werfe einen Blick auf meine dort befindlichen Yaoi Bände. Ich entscheide mich für ein etwas älteres Exemplar und beginne, ihn erneut zu lesen. Nach schon kurzer Zeit spüre ich, dass nicht nur mein Geist erwacht. Ich greife abermals in den Nachttisch und krame Papiertaschentücher hervor. Während Tatzu und Yamato sich im Manga körperlich nahe kommen, wandern meine Finger unter den Stoff des T-Shirts und ich beginne, mich zu streicheln. Zielstrebig fahre ich mit der Hand zuerst zu meine Brust, wo ich nicht lange verweile, und dann weiter hinunter, über den Bauch unter den Bund meiner Hose. Wenn ich den Tag schon nichts vorhabe, wieso ihn dann nicht genießen und im Bett verbringen?

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