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Prolog

Rayek:

Die untergehende Sonne scheint in das Klassenzimmer und taucht alles in ein zartes Orangerot. Der Lehrer steht an der Tafel und spricht irgendetwas über die größten Sünden der Menschheit. Alle Blicke sind auf ihn gerichtet. Zumindest fast, denn meine Aufmerksamkeit gilt nur dir. Du konzentrierst dich auf den Unterricht. Deine braunschwarzen Haare glänzen edel im hereinfallenden Licht. Dein zu langer Pony fällt dir immer wieder ins Gesicht. Nur selten hebst du die Hand, um die widerspenstigen Strähnen mit einer eleganten Bewegung auf die Seite zu streichen. Für einen kurzen Moment werden deine feinen Augenbrauen sichtbar, bis sie sich sogleich wieder schüchtern unter dem seidigen Haar verstecken. Deine Augen sind geradeaus gerichtet und erinnern an funkelnden Bernstein. Die langen Wimpern sind kunstvoll geschwungen. Du legst viel Wert auf dein Äußeres, doch das brauchst du nicht.

Plötzlich beginnen die anderen etwas in ihre Hefte und Ordner zu notieren. Ich gebe mir nicht die Mühe, herauszufinden, um was es geht. Der Unterrichtsstoff interessiert mich nicht. Den kann ich später nachholen. Doch der Anblick, wie du dein Gesicht verträumt und doch so anmutig herunter neigst, der ist einmalig und kostbar. Deine schmalen und zarten Lippen gleichen denen einer kunstvoll gezeichneten Mangafigur. Fast tanzend führen deine fragilen Finger den Stift über das Blatt. Du hast eine wundervolle Schrift, das weiß ich inzwischen. Dein Körper erzittert leicht, als du aufseufzt. Reico, weißt du eigentlich, wie schön du bist?

Kaum jemand bemerkt es, denn sie sind von deiner äußerlichen und aufreizenden Fassade abgelenkt. Menschen sind schwach und oberflächlich, aber du bist anders. Du bist etwas Besonderes. Ich kann es sehen. Du bist bildschön. Sowohl von außen, als auch von innen. Nur leider begreifst du es selbst nicht. Zu oft lässt du dich von irgendwelchen arroganten Typen herunterziehen, glaubst ihnen ihre Lügen, die sie von sich geben, nur um sich besser zu fühlen. Deine größten Narben sind nicht äußerlich ...

Es tut weh, dich leiden zu sehen. Du lächelst oft, wenngleich deine Augen die Traurigkeit kaum zurückhalten können. Das hast du nicht verdient. Mir ist klar, dass es schwer ist, in dieser verrotteten, von Hass und Gier zerfressenen Welt, jemanden zu finden, der es ehrlich mit einem meint. Allerdings kann ich nicht verstehen, wieso du dir so viel gefallen und dich immer wieder von irgendwelchen dämlichen Typen erniedrigen lässt. Warum siehst du dich nicht so, wie ich dich sehe? Ich möchte, dass du vor Glück und Freude strahlst. Von ganzem Herzen. Du musst wissen, was du tust – du bist alt genug, oder etwa nicht? Ich kann nicht immer bei dir sein, um auf dich aufzupassen. Das steht mir nicht zu und das möchte ich auch nicht. Denn letztendlich sollte man Privates und Berufliches trennen. Doch kann ich mir niemand anderen als zukünftigen Partner, als Anwärter des Lichts, an meiner Seite vorstellen, wenn unsere Ausbildung abgeschlossen ist. Die anderen respektiere ich nicht. Menschen mögen mich nicht und ich sie ebenfalls nicht. Nur dich akzeptiere ich. Wir werden Anwärter und gemeinsam zusammen arbeiten und wir sind das, was die Menschen als Freunde bezeichnen. Versteh mich nicht falsch. Ich mag und bewundere dich, doch etwas anderes, ist da nicht.

Im Licht des Mondes

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