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Dr. Cliff Barker betrat mit wehendem Kittel das Zimmer und starrte auf die Leiche.

„Es war keine leichte Operation“, erinnerte er sich. „Wir mussten buchstäblich um Turners Leben kämpfen. Drei Stunden lang. Ich will dich nicht mit medizinischen Details der Operation langweilen. Ich möchte nur sagen, dass wir stolz und zufrieden waren, als wir es geschafft hatten.“

Er sah plötzlich sehr müde aus.

„Warum hat man es getan?“, fragte Barker.

„Auf der Fahrt hierher habe ich in der Hauptzentrale angerufen und mich nach dem Bankraub erkundigt. Die Gangster trugen bei dem Überfall auf die Bank schwarze Gesichtstücher“, erklärte ich. „Einem der Gangster rutschte das Tuch beim Geld einsacken bis auf das Kinn herab. Sekunden später hatte er die Maske wieder gerichtet, aber diese wenigen Sekunden genügten dem Bankangestellten Turner, sich das Gesicht des Banditen genau einzuprägen. Deshalb musste Turner sterben.“

„Ich verstehe“, murmelte Cliff.

Es klopfte. Die Stationsschwester trat ein. Das junge Gesicht strahlte Strenge und Autorität aus. Bei meinem Kommen hatte ich mich in ihr Besucherjournal eingetragen.

Ich erhob mich. Cliff sagte: „Bleib ruhig sitzen, Carrie. Für Förmlichkeiten ist jetzt keine Zeit“

Ich setzte mich wieder, und Cliff sagte zu der Schwester: „Mr. Turner ist ermordet worden. Der Täter muss vor etwa einer Stunde, also gegen dreizehn Uhr, in das Krankenzimmer eingedrungen sein. Um diese Zeit hatten Sie Ihren Dienst bereits angetreten. Wer hat Turner besucht?“

„Niemand außer Mrs. Hill, Sir.“

„Welche anderen Besucher haben die Station zur fraglichen Zeit betreten?“, erkundigte sich Dr. Barker.

„Nur zwei, Sir. Eine junge Dame, die zu dem Patienten in Nummer 109 wollte, und ein Mann, der Mr. Collin in 118 zu besuchen wünschte.“

Dr. Barker griff schweigend nach dem Telefonhörer. „Verbinden Sie mich mit Zimmer 118“, sagte er. Er musste einige Sekunden warten, dann sagte er mit seiner biegsamen, modulationsfähigen Stimme: „Hallo, Mr. Collin! Hier spricht Dr. Barker. Wie geht es Ihnen? Gut? Das freut mich zu hören! Ich hoffe, der Besucher hat Sie nicht zu sehr angestrengt?“

Ich beobachtete Cliffs schmales, klar profiliertes Gesicht und hörte, wie er halblaut fortfuhr: „Niemand ist bei Ihnen gewesen? Ich verstehe. Offenbar bin ich falsch unterrichtet worden. Wir sehen uns bei der Abendvisite!“

Er legte auf. „Da haben wir es!“, meinte er.

Ich blickte die Schwester an. „Hat der Besucher sich ausgewiesen?“

„Nein. Das ist bei uns nicht üblich.“

„Wozu dann das Besucherjournal?“, fragte ich.

„Es dient zur Kontrolle. Für manche Patienten gilt ein Besuchslimit. Wir müssen darauf achten, dass diese Beschränkungen genau eingehalten werden.“

„Wie sah der Mann aus?“, fragte ich. „Können Sie ihn beschreiben?“

„Er war ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und gut gekleidet“, sagte die Schwester. „Er trug eine ungewöhnlich große Sonnenbrille, ein Pilotenmodell. Ich konnte seine Augen also nicht erkennen. Mir fielen vor allem seine Lippen auf. Sie waren blass, schmal und beinahe farblos, Er hatte ziemlich großporige Haut und eine schmale. Nase. Seine Stimme war etwas heiser, aber sie klang nicht unangenehm. Es war eine interessante Stimme. Der Mann wirkte selbstsicher und kühl, er war ein fesselnder Typ...“ Die Schwester unterbrach sich und wurde rot. Ihr war klargeworden, dass die Beschreibung einen von persönlichen Sympathien gefärbten Akzent bekommen hatte.

„Größe?“, fragte ich.

„Knappe eins achtzig. Er hatte schmale Hüften und breite Schultern. Ich würde sagen, dass er viel Sport treibt.“

„Hatte er etwas bei sich? Ein Paket, eine Tasche?“

„Nein, nichts. Nicht einmal Blumen.“

„Irgendwas anderes auffälliges an ihm?“

„Ja, er trug dünne Lederhandschuhe. Ich wunderte mich, dass er die Handschuhe trug und auch nicht abstreifte, als er den Namen in das Journal eintrug.“

„Wie lautet der Name?“

„Kenneth.“

„Würden Sie ihn wiedererkennen?“

„Ganz bestimmt.“

„Auch ohne Sonnenbrille?“

Die Schwester zögerte mit der Antwort. „Das hängt davon ab, was er auf dem Kopf haben wird. Er trug eine helle Schirmmütze, dessen Schirm tief in die Stirn gezogen war. Vielleicht, wenn ich die Stimme wieder höre.“

Dr. Barker räusperte sich und schaute mich an. „Kommst du da mit?“, fragte er.

„Die Gangster töten den Banker, um einen Tatzeugen aus dem Wege zu räumen. Gleichzeitig machen sie die Existenz eines anderen Tatzeugen möglich! Die Schwester gibt doch eine sehr präzise Beschreibung des Burschen ab, nicht wahr?“

Die Schwester wurde um einige Nuancen blasser. „Glauben Sie, dass ich gefährdet bin?“, fragte sie.

„Nein“, erwiderte ich überzeugt.

Dr. Barker stülpte skeptisch die Unterlippe nach vorn. „Natürlich liegt es mir fern, der Schwester Angst einzuflößen“, meinte er dann, „aber ich muss doch zugeben, dass ich in Sorge bin. Das bisherige Verhalten des Gangsters lässt auf eine Bande äußerst brutaler und skrupelloser Verbrecher schließen.“

„Das sind sie ohne Zweifel. Trotzdem halte ich die Schwester für nicht gefährdet, zumindest nicht im Moment. Zwischen den beiden Tatzeugen besteht meiner Ansicht nach ein grundlegender Unterschied.“

„Allerdings“, warf Cliff ein, „der eine ist nämlich schon tot!“ Er zuckte leicht zusammen, als ihm bewusst wurde, dass diese Feststellung im Beisein der Schwester zumindest unnötig war.

Er suchte nach einigen abschwächenden Worten. Ich kam ihm zuvor und sagte: „Das meinte ich nicht. Ich glaube eher, dass Turner sterben musste, weil er den Gangster erkannt hat. Das erklärt auch, dass Turner vor der Bank niedergeschossen wurde.“

Cliff hob die Augenbrauen. „Du vermutest, es könnte sich um einen Bankkunden gehandelt haben?“

„Vielleicht ja, vielleicht nein. Hast du nach der Operation mit Turner gesprochen?“

„Selbstverständlich.“

„Äußerte Turner irgendetwas, das meine Vermutung bestätigen könnte?“

„Er war schwach, entkräftet und apathisch“, erklärte der Arzt. „Seine körperliche Verfassung war so, dass er weder Furcht noch Hass empfinden konnte. Ich fragte ihn, ob er bereit und in der Lage sei, das FBI zu empfangen. Er schien etwas zu zögern, ehe er mir antwortete, dass ihm das recht sei. Mit großem Enthusiasmus schien er dem Besuch freilich nicht entgegenzusehen. Deswegen rief ich dich an“

Ich blickte die Schwester an. „Wie lange hielt sich der Mann mit der heiseren Stimme in der Station auf?“

„Genau zehn Minuten.“

„Haben Sie ihn beim Betreten oder Verlassen des Zimmers beobachtet?“

„Nein.“

„Welchen Eindruck machte er, als er ging?“

„Er sah mich nicht einmal an. Er schritt sehr aufrecht an mir vorbei. Ganz ohne Eile. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.“

„Wir nehmen das noch zu Protokoll, Schwester“, sagte ich. „Mit Hilfe des Polizeizeichners und Ihrer Erinnerung werden wir versuchen, eine möglichst genaue Skizze des vermutlichen Täters anzufertigen. Sie sind doch bereit, uns zu helfen?“

„Selbstverständlich!“, sagte sie. Dann ging sie hinaus.

„Wie viel Geld ist bei dem Bankraub gestohlen worden?“, fragte Dr. Barker.

„Naja, es war zwar nicht der größte Coup in der amerikanischen Bankraubgeschichte, aber dennoch waren es Vierzehn Millionen Dollar.“

„Aber es handelte sich doch nur um eine Privatbank, so viel mir bekannt ist?“

Ich nickte. „Normalerweise bewahren sie nur einen Bruchteil dieser Summe in ihren Tresoren auf, aber der größte Kunde der Bank, die King Food Company, hatte die Jahresgewinne für ihre siebentausend Angestellten in bar fertig machen lassen. Eine Stunde später, und das Geld wäre abgeholt gewesen! Es ist anzunehmen, dass die Gangster von einem der Bankangestellten einen entsprechenden Tipp bekommen haben.“ Dr. Barker betrachtete das Glas in seiner Hand. „Eins verstehe ich nicht, Carrie“, sagte er.

„Nämlich?“

„Turner war für das FBI der Hauptzeuge, nicht wahr? Wie konnten man zulassen, dass er ermordet wurde?“

„Du fragst mich, weshalb wir keinen Posten vor die Tür des Krankenzimmers setzten?“

„Ja, das würde mich interessieren.“

In diesem Moment klopfte es. Ein mittelgroßer, untersetzter Mann trat ein. Er hatte ein rotes, verschwitztes Gesicht und war etwas außer Atem. „Entschuldigen Sie“, sagte er und hob einen bandagierten Arm in die Höhe. „Auf dem Weg zum Krankenhaus wurde ich in einen Autounfall verwickelt. Ich musste mir eine ambulante Behandlung gefallen lassen. Der Zwischenfall hat mich fast drei Stunden Zeit gekostet.“

„Ich verstehe, Cooper“, nickte ich. „Es lässt sich nicht ändern. Sie haben drei Stunden Zeit verloren und Turner sein Leben.“ Dann schaute ich Cliff an. „Jetzt hast du die Antwort auf deine Frage.“

„Das ist der Mann?“, fragte der Arzt. „Er sollte Turner beschützen?“

Ich wurde einer Antwort enthoben, da in diesem Moment das Telefon klingelte. Dr. Barker nahm den Hörer ab und meldete sich. Er sagte: „In Ordnung“, dann legte er auf und blickte mich an.

„Soeben sind deine Kollegen von der Mordkommission eingetroffen“, informierte er mich.

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