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Als Rayn kam, hatte ich es mir im Wohnzimmer bequem gemacht.

Ich hatte die Schuhe ausgezogen und das Radio angestellt. Außerdem hatte ich mir erlaubt, eine Dose Cola aus Dona Mitchells Kühlschrank zu holen; den Gegenwert von einem Dollar hatte ich ihr auf den Küchentisch gelegt.

Rayn schaute sich in dem Zimmer um.

„Ein richtiges Liebesnest“, sagte er und warf sein Basecap auf die cremefarbene Couch.

„Alles in zarten Pastelltönen, eher kitschig als geschmackvoll, aber sicherlich verdammt teuer!“

„Setz dich, mein Freund“, sagte ich. „Eine Cola gefällig? Im Kühlschrank ist noch genug davon.“

„Danke, ein Kaffee wäre mir lieber. Aber am wichtigsten ist mir, deine Story zu hören.“

Ich setzte mich. „Ich kann nicht behaupten, dass es langweilig war.“

Er grinste. Dann spulte ich die Geschichte ab und schloss: „Die Frage ist nur, ob Tom Nelson auch den Boss der Organisation, Dozer, ermordet hat.“

„Gab es für Tom denn einen triftigen Grund, seinen Boss zu töten?“

„Ja, das könnte ich mir denken. Bei Dozer war irgendeine Schraube locker. Er saß richtig über mich zu Gericht. Von seinen Leuten ließ er sich Richter nennen. Es war ein gespenstischer Mummenschanz, ein mystischer Nonsens, wie ihn nur ein krankes Hirn ersinnen kann.

Ich könnte mir vorstellen, dass der stärkste Mann der Dozer-Organisation sich um eine rasche Nachfolge bemühte, um zu vermeiden, dass die Führung einer Persönlichkeit überlassen blieb, bei der schizophrene Züge immer mehr die Oberhand gewannen. Tom kann dieser Mann gewesen sein. Natürlich gibt es für diese Theorie bis zur Stunde keine konkreten Beweise. Fest steht, dass ich Tom bei der Verhandlung nicht gesehen habe.“

„Gut“, meinte Rayn nachdenklich.

„Nehmen wir mal den Fall an, das Tom die Macht an sich reißen wollte. Hätte er dann in einem Moment zugeschlagen, wo es für dich um Leben und Tod ging?“

„Das ist der wunde Punkt an der Sache“, räumte ich ein. „Die Aktion – oder deren unmittelbare Auswirkungen – ermöglichten mir die Flucht. Tom hätte tatsächlich auf einen Mord verzichtet, wenn er es geahnt hätte. Andererseits war der Zeitpunkt für einen Umsturz denkbar günstig. Ich wette, dass fast alle Gangmitglieder im Raum oder im Haus waren. Vermutlich waren nur zwei oder drei eingeweiht. Dozer saß allein in der Mitte des Raumes, von einer Lampe angestrahlt, also eine hervorragende Zielscheibe. Ich erinnere mich, dass er das Fenster öffnen ließ, weil es zu heiß war. Die Klimaanlage funktionierte nicht. Angeblich war sie kaputt. Es ist ebenso gut denkbar, dass sie von einem Teilnehmer zerstört oder abgestellt wurde, nicht wahr? Jedenfalls hatte der Schütze viel Zeit, das Ziel in Ruhe anzuvisieren.“

„Wir müssen diesen Tom finden – und zwar schnellstens“, sagte Rayn.

„Was ist mit Babyfeet?“, fragte ich.

„Ich habe mich erkundigt. Es gibt in der amerikanischen Unterwelt nur einen Mann dieses Namens. Es ist George Miller.“

„Na und? Wo wohnt er?“

„Normalerweise in New York. Aber vor fünf Jahren wurde er gezwungen, das Domizil zu wechseln. Er wurde nämlich eines Bankraubes überführt und mit sechs Jahren Zuchthaus bestraft.“

„Bankraub – das ist seine Spezialität, was?“

Rayn nickte. „Bis jetzt konnte man ihm allerdings nur diesen einen nachweisen.“

„Und wo ist er jetzt?“

”Er sitzt im Zuchthaus von St. Quentin.“

„Da war er auch zur Tatzeit?“

„Natürlich!“, sagte Rayn und grinste matt. „Leute seines Schlages gibt der Staat keinen Urlaub.“

Ich rieb mir das Kinn. „Bist du ganz sicher?“, fragte ich.

Er starrte mich an. „Du glaubst doch nicht etwa...?“

Ich stand auf. „Es empfiehlt sich jedenfalls nachzuprüfen, wo Babyfeet Miller zur Tatzeit war. Ich werde mich darum kümmern.“

„Aber ich habe mich doch erkundigt, Carrie! Er...“

Rayn unterbrach sich, weil sein Handy klingelte. Er ging ran und ich sah, wie er einige Male grimmig nickte und dann auflegte.

„Das Nest in der Westend Avenue ist leer. Die Vögel sind ausgeflogen!“

„Sie werden sich ein anderes Nest suchen müssen“, sagte ich.

„Früher oder später werden wir sie fangen.“

„Ob sie Tiggers erwischt haben?“

„Ich wette, der ist auch getürmt.“

„Dann haben wir miserable Arbeit geleistet“, meinte Rayn unzufrieden.

„Diese Arbeit wird sich noch weiter verschlechtern, wenn wir nicht anfangen, ein gewisses Schlafminimum sicherzustellen“, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter.

Mit Killern muss man teilen: Thriller Sammelband 11 Krimis

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