Читать книгу Mit Killern muss man teilen: Thriller Sammelband 11 Krimis - A. F. Morland - Страница 39
Оглавление5
Privatdetektivin Katharina Ledermacher schwitzte. Jede einzelne Pore öffnete sich. Sie hatte das Gefühl, als würde alle Flüssigkeit, die sich in ihrem Körper befand, auslaufen. Sie genoss es. Schließlich hatte sie dafür bezahlt. Katharina hockte in der Sauna. Neben ihr saß ein Mann, der mit einem Nassrasierer in seinem Gesicht herumfummelte. Es hatte den Anschein, als wolle er sich nicht nur die Bartstoppeln restlos abschaben, sondern auch die obersten Hautschichten.
Das Gesicht war schon dunkelrot, aber er hörte nicht auf. Katharina erhob sich, nahm ihr Handtuch, duschte kurz und sprang dann in das Becken mit dem eiskalten Wasser. Nachdem sie mehrmals untergetaucht war, rubbelte sie sich trocken und ging in den Ruheraum. Ein gutes Dutzend Männer und Frauen lagen auf den Betten. Einige schliefen, andere dösten vor sich hin. Ein Schild wies die Gäste darauf hin, dass im Ruheraum nicht gesprochen werden durfte. Katharina fand es angenehm, dass sich die Leute daran hielten.
Sie legte sich auf eines der Betten, deckte sich mit dem Laken zu, schob die Hände unter den Kopf und blickte zur Decke. Sie genoss die Ruhe. Ein wenig Entspannung tat ihr ganz gut. Ihre Arbeit als Privatdetektivin ließ ihr sonst kaum Zeit, sich einmal ausgiebig zu erholen. Hier konnte sie entspannen und neue Kräfte sammeln. Abschalten, nicht an den Job denken – das brauchte sie. Schade, dass ihr Lebensgefährte Robert Tillmann nicht mitkommen konnte. Er lag zurzeit im Krankenhaus.
Ohne es zu merken, schlief sie ein. Irgendwann weckte sie ein Geräusch. Jemand verließ den Ruheraum. Katharina blickte auf die elektrische Wanduhr und stellte fest, dass sie fast eine halbe Stunde geschlafen hatte. Als sie aufstand, fühlte sie sich federleicht und um zehn Jahre jünger. Sie ging zur Umkleidekabine und zog sich an, nahm ihre Brieftasche, griff noch einmal nach der Ablage und wollte die Armbanduhr hervorholen, aber sie war nicht da. Katharina nahm an, dass sie die Uhr mit einer unachtsamen Bewegung von der Ablage gestoßen hatte, ging in die Hocke und suchte den gefliesten Boden ab. Sogar auf den Bauch legte sie sich, um unter den Trennwänden hindurch in die Nachbarkabinen sehen zu können.
Keine Armbanduhr.
„Scheiße!“, entfuhr es ihr. „Sie kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.“
Sie griff in ihre Brieftasche und warf einen Blick hinein. Die Fünfzig D-Mark, die sie bei sich gehabt hatte, waren auch weg. In diesem Moment wusste sie, dass man sie bestohlen hatte.
„Die Finger sollen dem Dreckskerl abfaulen!“, machte sie ihrem Ärger Luft und verließ die Umkleidekabine.
Die Armbanduhr war ein Geschenk ihres Lebensgefährten. So ein Verlust schmerzte natürlich. Und sie hatte nicht die Absicht, diesen Vorfall mit einem gleichgültigen Schulterzucken abzutun, sondern ging auf direkten Weg zum Geschäftsführer. Ein dürrer Mann mit tiefliegenden Augen, der aussah, als hätte er eine Gelbsucht hinter sich, blickte sie fragend an.
„Man hat mich bestohlen“, sagte sie ungehalten und erzählte ihm, was ihr abhanden gekommen war.
Der Mann rieb sich die Hände, als würde er sich ohne Wasser die Hände waschen. „Das tut mir wirklich sehr leid, aber an der Kasse hängt ein Schild, das ausdrücklich darauf hinweist, dass man Wertgegenstände abgeben soll, weil wir keine Haftung übernehmen. Ich bin natürlich gerne bereit, Ihre Diebstahlsmeldung zur Kenntnis zu nehmen, aber sehr viel Hoffnung kann ich Ihnen nicht machen, dass Sie Ihr Eigentum wiederbekommen. Diese verdammten Langfinger. Wir können sie einfach nicht fassen.“
Der Dürre notierte sich ihre Personalien, ließ sie die Meldung unterschreiben und gab ihr einen Durchschlag.
„Eigentlich nett von ihm, dass er mir wenigstens meine Brieftasche gelassen hat“, sagte Katharina sarkastisch.
„Sie sind eine Plage, diese Langfinger, das können Sie mir glauben. Wir tun unser Möglichstes, aber es reicht nicht.“
„Dann kann ich nur hoffen, dass Sie diesmal Glück haben und den Kerl erwischen“, erwiderte sie.
„Wenn das geschieht, rufe ich Sie umgehend an“, versicherte ihr der Dürre.
Katharina verließ das Gebäude, stieg in ihren VW-Golf, der auf dem Parkplatz stand, und fuhr nach Hause. Fünfzehn Minuten später betrat sie ihre Wohnung in der Krummen Straße. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog sie den Mantel aus, hängte ihn an den Garderobenhaken und blickte auf die Anzeige des Anrufbeantworters. Dort leuchtete eine rote Drei. Die ersten beiden stammten von Firmen, die ihr ein Zeitschriftenabonnement andrehen wollten. Der Dritte stammte von ihrem Steuerberater mit der Bitte um Rückruf. Ein neuer Auftrag war vorläufig nicht in Sicht.
Dabei hätte sie im Augenblick etwas Ablenkung gebrauchen können. Ihr Lebensgefährte Robert Tillmann war vorgestern während des Unterrichts zusammengebrochen und sofort in die Charité gebracht worden. Die Ärzte hatten alle möglichen Untersuchungen durchgeführt, doch ein Ergebnis stand noch aus.
Katharina ging in die Küche. Ihr Blick fiel auf den Kalender, der an der Wand hing. Heute war der Achtzehnte. Die Miete wurde fällig. Sie musste sich etwas einfallen lassen, um an Geld zu kommen. Aber das war gar nicht so einfach. Sie konnte schließlich keinen Auftrag herbeizaubern. Vielleicht würde Robert ihr das notwendige Geld vorstrecken.
Katharina füllte Wasser in die Kaffeemaschine auf dem Küchentisch und maß sorgfältig die notwendige Menge gemahlenen Kaffees ab, bevor sie ihn in den Filter gab. Dann setzte sie den Plastikdeckel auf und schaltete das Gerät ein. In Gedanken versunken stand sie da und blickte abermals auf den Kalender. Weshalb mussten die Tage und Wochen immer so schnell vergehen? In solchen Momenten sehnte sie sich nach den alten Zeiten bei der Polizei zurück. Der Job war zwar anstrengend und Überstunden an der Tagesordnung, aber das Gehalt kam immer pünktlich aufs Konto.
Gerade als der Kaffee fertig war, klingelte das Telefon. Sie schaltete die Maschine aus, ging in den Flur und hob den Hörer ab.
„Ledermacher“, meldete sie sich.
„Arno Drews von der Casibus-Versicherung. Es geht um einen Auftrag.“
„Was kann ich für Sie tun?“
In wenigen Worten erzählte ihr der Anrufer, worum es ging.
„Wie kommen Sie ausgerechnet auf mich?“, erkundigte sich Katharina. „Sie haben in Ihrer Firma doch bestimmt geeignete Leute.“
„Zugegeben, Rudolf Thielke kennt sich gut in Berlin aus, aber er ist ein Schreibtischmensch. Ich brauche außerdem jemanden, der sich um die anderen Aspekte kümmert. Verstehen Sie, was ich meine? Für unsere Gesellschaft steht eine Riesensumme auf dem Spiel. Außerdem haben Sie schon einmal für uns erfolgreich einen Fall bearbeitet. Die Sache Kempter. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern?“
„Der Geschäftsmann, der seinen Laden abgefackelt hatte.“
„Ja, genau. Sie konnten damals beweisen, dass er der Täter war. Und deshalb glaube ich, dass Sie die Richtige für den Job sind.“
„Ich verstehe“, entgegnete Katharina. „Aber weshalb schalten Sie nicht die Polizei ein?“
„Anordnung von den Erpressern.“
„Ja schon, aber das sagen die doch immer. Ist sozusagen ein Standardspruch.“
„Wenn wir die Polizei einschalten, wird die Presse über kurz oder lang davon Wind bekommen. Und das möchte ich unter allen Umständen vermeiden. Eine negative Berichterstattung ist das Letzte, was unsere Gesellschaft im Augenblick gebrauchen kann. Außerdem dauert es dann vermutlich nicht lange, bis wir es mit Trittbrettfahrern zu tun bekommen.“
„Das sehe ich ein.“
„Kurz nach zweiundzwanzig Uhr wird unser Mitarbeiter Sie abholen und zu Kurt Brankov bringen. Sonst noch Fragen?“
„Vorläufig nicht.“
„Gut, dann ist ja alles in Ordnung. Auf Wiederhören, Frau Ledermacher.“