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Wir fuhren in die Pilgrims Lane. Das Lokal im Erdgeschoss war geschlossen. Auf unser Klingeln an Tiggers Wohnungstür in der ersten Etage öffnete niemand. Das überraschte uns nicht. Wir stiegen eine Etage höher und trafen einen älteren Mann, der, mit einer Einkaufstasche in der Hand, vorsichtig auf die Treppe zuging.

„Wohnen Sie hier?“, fragte ich ihn.

Er blickte mich an. Er hatte ein hageres, misstrauisches Vogelgesicht, verschlossen, aber nicht unintelligent.

„Ja.“

Ich zeigte ihm meinen Ausweis. „Dürfen wir Sie ein paar Minuten lang sprechen?“

Er nickte und schlurfte zurück in seine Wohnung. Ich orientierte mich auf dem an der Tür befestigten Namensschild, dass er Henrik Muggle hieß.

Wir nahmen in Muggles Wohnzimmer Platz. Es war dem Verkaufsraum eines Altwarenhändlers täuschend ähnlich. Muggle war es in früheren Jahrzehnten anscheinend mal besser gegangen, später war er gezwungen worden, sich eine kleine Wohnung zu nehmen. Er hatte sich jedoch von keinem Stück der alten, liebgewordenen Einrichtung trennen können. Für Leute, die den Jugendstil schätzen, war Mr. Muggles jetzige Bleibe eine wahre Fundgrube.

„Sie haben vermutlich gehört, was gestern hier vorgefallen ist?“, fragte Rayn.

Mr. Muggle saß sehr gerade auf seinem Stuhl. Er rückte seine randlose Brille zurecht und meinte: „Ach, wissen Sie, ich kümmere mich nicht um das Geschwätz der Leute. In dieser Gegend nimmt jeder von seinem Nachbarn gleich das Schlimmste an.“

„Sie haben keinerlei Kontakt mit den übrigen Hausbewohnern?“, fragte Rayn.

„Ich bin mit keinem verzankt, aber es gibt auch niemand, den ich besonders schätze.“

„Haben Sie gestern Abend ein oder zwei Schüsse gehört?“

„Ja. Zwei. Einer fiel im Hause, und ein zweiter kurz darauf in der Pilgrims Lane.“

„Was haben Sie daraufhin getan?“

„Nichts“, sagte Mr. Muggle. „Was hätte ich denn tun sollen? Unten im Lokal waren Gäste. Junge Gäste. Die hätten sich darum kümmern können! Ich bin zu alt, um noch den Helden zu spielen.“

„Seit wann wohnen Sie hier?“

„Seit einem Jahr.“

„Gab es während dieser Zeit irgendwann einmal Reibereien mit dem Hauswirt, Mr. Tiggers?“

„Nein.“

„Mr. Tiggers ist seit heute Nacht mit seiner Nichte Nancy verschwunden. Was halten Sie davon?“

Muggle feixte. „Mit seiner Nichte? Soso!“ Die Art, wie er das äußerte, ließ mich nachstoßen.

„Sie bezweifeln, dass es seine Nichte ist?“

Mr. Muggle zuckte die Schultern und blickte vieldeutig zum Fenster hinaus. Rayn blickte mich an. Wir verstanden uns. „Danke, Mr. Muggle“, sagte Rayn höflich. „Sie haben uns sehr geholfen.“

Wir besuchten noch andere Hausbewohner. Wir sprachen auch mit einigen Geschäftsleuten, die in unmittelbarer Nähe des Hauses ihre Läden hatten. Niemand war in der Lage, uns konkrete Informationen zu liefern. Alle versteckten sich hinter allgemein gehaltenen Redensarten, niemand war bereit, sich auf irgendeine Sache festzulegen. Natürlich, jeder hatte Johnny Tiggers und seine hübsche Nichte gekannt, viele der Leute waren oft in seinem Lokal gewesen. Es war zuweilen etwas laut zugegangen in der Kneipe, die Straßenbewohner hatten sich häufig darüber beschwert, aber wirklich beklagen konnte sich niemand darüber. Tiggers und seine Nichte waren stets freundlich gewesen. Das gleiche galt für Mr. Nelson. O ja, sie kannten ihn alle, weil er so gut gekleidet war und ein neues Wagenmodell fuhr, aber näheres vermochte niemand über ihn zu sagen.„Entweder wissen die Leute wirklich nichts“, meinte Rayn, als wir zwei Stunden später in den Audi kletterten, „oder sie haben Angst.“

„Worauf tippst du?“, fragte ich.

„Auf eine Mischung von beidem“, meinte er.

Mit Killern muss man teilen: Thriller Sammelband 11 Krimis

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