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Ich kniete neben Miss Ronda nieder und sah, dass sie nicht verletzt worden war. Offensichtlich hatte sie nur einen Schock erlitten. Sie hatte in der Küche einen Fremden gesehen, der Mann hatte sie umgestoßen und war geflüchtet.

Ich jagte hinter ihm her.

Er stand am Lift, mit hochrotem Kopf, unter dem Arm ein ziemlich großes, anscheinend nicht leichtes Paket. Er starrte mir entgegen, mit halboffenem Mund und hässlichen, hasserfüllten Zügen. Ich kannte ihn. Es war mein alter Freund, der Boxer-Dandy.

In diesem Moment schaffte er es, in den Lift zu schlüpfen. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um die Tür aufzureißen. Im nächsten Augenblick standen wir uns gegenüber. Hinter mir fiel die Tür zu. Der Lift begann nach unten zu surren.

„Tag, Freundchen“, sagte ich. „Die Welt ist klein, nicht wahr?“

Er hielt das Paket fest umschlossen. Es war mit braunem Papier verpackt und ziemlich fest verschnürt. Er brauchte beide Arme, um das Paket zu halten.

„Was ist da drin?“, erkundigte ich mich freundlich.

„Was geht Sie das an?“

„Eine Menge, und das wissen Sie ganz genau!“

„Das Paket gehört uns, Tom hat mich beauftragt, es zu holen“, sagte er.

„Seit wann können Tote reden?“

Er blinzelte. „Der Teufel soll Sie holen!“, keuchte er.

Der Lift stand. Ich öffnete die Tür.

„Wir werden ein paar Häuserblocks weit gehen müssen, ich habe meinen Wagen in der Fulton Street abgestellt“, sagte ich zu ihm. „Ich hoffe doch, das Paket wird Ihnen nicht zu schwer sein?“ Ich öffnete die Lifttür. Wir betraten die Halle. Der Boxer keuchte noch immer, als sei er gezwungen, einen Felsblock zu tragen. Die Blicke seiner kleinen, tückischen Augen hasteten ziellos hin und her. Er schien einfach nicht zu wissen, wie es weitergehen sollte.

„Versuchen Sie keine Mätzchen, mein Lieber“, warnte ich ihn. „Meine Geduld ist schon hinreichend strapaziert worden. Ist das klar?“

Er gab keine Antwort. Er blieb einfach stehen und nagte an seiner dicken Unterlippe herum. Er sah nicht so aus, als ob Intelligenztests seine Stärke wären. Ich bemerkte, dass sich seine Blicke immer häufiger auf den Ausweg richteten.

„Sie sind nicht allein gekommen, nicht wahr?“, fragte ich ihn.

Er starrte mich an. „Allein?“, stotterte er. Er war richtig durcheinander.

„Draußen wartet Ihr Komplize im Wagen, stimmt das?“, sagte ich geduldig. Mir wurde klar, dass es keinen Sinn hatte, irgendwelche Risiken einzugehen.

„Kommen Sie mit“, sagte ich. Ich musste ihm einen Stoß geben, ehe er sich in Bewegung setzte. Ich dirigierte ihn zum Tisch des Portiers, der uns bereits einige Zeit ziemlich fassungslos beobachtete. Der Boxer-Dandy setzte das schwere Paket auf dem Schreibtisch ab. Auf der Stirn des Mannes standen Schweißperlen.

Ich holte meinen Ausweis hervor und zeigte ihn dem Portier.

„Rufen Sie die Polizei an“, bat ich. „Das nächste Revier soll schnellstens einen Streifenwagen vorbeischicken.“

Er nickte und griff nach dem Hörer. In diesem Moment glitt die Hand des Boxers ins Jackett. Ich packte rechtzeitig zu. Als er die Hand zurückzog, hatte ich sie gut im Griff. Er umspannte mit den Fingern eine 45er Pistole. Ein Judotrick genügte, um die Waffe zu Boden poltern zu lassen. Ich erreichte sie mit dem Fuß und kickte sie aus der Gefahrenzone.

Der Portier fuhr mit zitternden Händen fort, die Verbindung zur Polizei herzustellen. Er schnappte dabei mit den Lippen wie ein Fisch, der unversehens aufs Trockene geraten ist.

Mein Gegner hatte sich gefangen. Er besann sich auf seine Boxkünste und legte los. Da er inzwischen wusste, was ich konnte, stellte er seine Taktik darauf ein und vermied es, mit einem überhasteten Angriff sein Pulver zu verschießen. Er hielt die Deckung geschlossen und wartete auf eine gute Gelegenheit, mit einem Kerntreffer durchzukommen. Natürlich wusste er, dass ihm nicht viel Zeit blieb.

„Überfallkommando, bitte!“, hörte ich den Portier japsen.

„Wie bitte? Ja, die Adresse“ Er sprach weiter, während ich eine Links-Rechts-Dublette ins Ziel brachte. Zwei mit Taschen beladene alte Damen kamen in die Halle. Die eine stieß einen Schrei aus und ließ alle Taschen fallen, als sie uns sah, die andere blieb nur stehen und schaute fasziniert zu.

Der Boxer-Dandy und ich nahmen diese Randerscheinung kaum wahr. Wir hatten mehr als genug mit uns zu tun. Ich fightete ohne großen Drive, gewissermaßen mit hinhaltender Technik. Es kam mir nur darauf an, den Burschen diesmal festzuhalten, koste es was es wolle.

Der Portier hatte den Anruf beendet. „Der Wagen wird gleich hier sein“, meldete er.

Die Worte brachten Bewegung in den Boxer, ihm wurde bewusst, dass er erneut alles auf eine Karte setzen musste, wenn er nicht erleben wollte, dass dieses Abenteuer mit seiner Verhaftung abgeschlossen wurde.

Er verdoppelte das Tempo und die Wucht seiner Schläge. Natürlich musste er dabei die Defensivtaktik aufgeben und die Deckung etwas vernachlässigen. Das war mir nur recht. Ich ging mit, ich legte sogar noch etwas Mut zu. Das Ende kam sehr rasch. Ich erwischte ihn voll auf den Punkt und er fiel um wie vom Blitz getroffen. Jetzt schrien die beiden alten Damen im Chor. Der Portier ging auf sie zu, um ein paar beruhigende und aufklärende Worte zu sagen. Ich bückte mich und klopfte den bewusstlosen Schläger nach Papieren ab. Er hatte eine Brieftasche bei sich, aber sie enthielt nur zweihundert Dollar in Scheinen und einige Briefmarken. Ich steckte die Brieftasche an ihren Platz zurück und kümmerte mich um die Pistole. Ich brauchte nur an der Mündung zu schnuppern, um zu wissen, dass das Ding erst kürzlich benutzt worden war. Eine 45er, das sagte mir genug. Greenland war mit einer Waffe dieses Kalibers erschossen worden. Der Boxer-Dandy sah genau so aus, als sei er auf derlei Arbeiten spezialisiert.

„Können Sie mit einem solchen Ding umgehen?“, fragte ich den Portier.

Er nickte unsicher. „Gewiss. Aber gern fasse ich so etwas nicht an!“

Ich überlegte. Die Waffe enthielt sicherlich die Fingerabdrücke des Boxers. Wenn es die Mordwaffe war, durften die Abdrücke unter keinen Umständen verwischt werden. Andererseits drängte es mich danach, auf der Straße nach dem Komplizen des Schlägers Umschau zu halten. Ich konnte mich aber nicht entfernen, ohne den Boxer in sicherem Gewahrsam zu wissen.

„Ich habe selbst eine Waffe, mit Lizenz natürlich!“, vertraute mir der Portier an. „Hier im Schreibtisch. Unter Verschluss, ganz klar! Wenn man für so viele Menschen und Wohnungen verantwortlich, ist, wissen Sie...“

„Schon gut“, unterbrach ich ihn. „Nehmen Sie die Kanone heraus, und sorgen Sie dafür, dass dieser Bursche unter keinen Umständen von hier wegkommt! Trauen Sie sich das zu?“

Der Portier sah skeptisch aus. „Er ist ziemlich rabiat, nicht wahr?“

„Er weiß, dass er verloren hat, und der Anblick einer geladenen Pistole wird ihn zur Räson bringen.“

Der Portier öffnete eine Schublade. Ich merkte, dass er sich straffte und auf die gestellte Aufgabe konzentrierte. „Sie können sich auf mich verlassen!“

„Machen Sie ruhig von der Schusswaffe Gebrauch, falls er zu fliehen versuchen sollte“, sagte ich. „Ich ermächtige Sie dazu. Zielen Sie jedoch auf seine Beine. Ich glaube jedoch, dass er vernünftig sein wird.“

„Das hoffe ich!“

Ich trat auf die Straße. Auf beiden Seiten parkten, dicht hintereinander, Fahrzeuge aller Schattierungen. Ich ließ meine Blicke über die Wagen gleiten und hatte bald das Fahrzeug entdeckt, das ich suchte. Der Mann am Steuer trug eine Sonnenbrille und las Zeitung. Er bewegte dabei kauend die Kinnladen. Ich erkannte ihn an dieser Kaubewegung. Und am Profil. Es war der Bursche, der mich zusammen mit dem Boxer in der Halle der Villa in Empfang genommen hatte.

Ich überquerte die Straße und näherte mich ihm im toten Winkel. Ich sah, dass er gelegentlich einen Blick in den Rückspiegel warf. Er legte die Zeitung zusammen und schaute auf die Armbanduhr. Dann drehte er den Kopf herum und starrte auf den Hauseingang. Offenbar gefiel es ihm nicht, dass sein Komplize so lange ausblieb.

Ich trat an den Wagen und öffnete auf der Beifahrerseite den Schlag. Im nächsten Moment saß ich neben ihm. Er fuhr herum und glotzte mich an.

Ich lächelte. „Ihr Kumpel ist verhindert, Chum“, sagte ich und zog meine Waffe aus der Schulterhalfter.

Er schlucke. Er sah nicht so aus, als ob er daran dachte, sich zu verteidigen. Furchtsam starrte er die Waffe an. „Ich bin nicht bewaffnet“, murmelte er. „Stecken Sie das Ding weg.“

„Alles zu seiner Zeit“, sagte ich. „Heben Sie die Hände!“ Er gehorchte. Ich klopfte ihn ab. Erstaunlicherweise hatte er tatsächlich keine Kanone dabei. Ich schob den Revolver ins Holster zurück. Er begann zu schwitzen. „Was wollen Sie von mir?“

„Nichts Besonderes“, sagte ich. „Ich möchte Sie nur um eine kleine Gefälligkeit bitten. Ich denke dabei vor allem an Ihren Kumpel. Er ist Ihre Gesellschaft gewohnt und würde sich allein sicherlich sehr verlassen vorkommen. Hätten Sie etwas dagegen, ihn zu begleiten?“

„Wo ist er denn?“

„Er wartet in dem Haus auf mich. Auf die Polizei. Auf ein paar Verhöre. Sie sehen aus, als ob Sie das überraschte. Haben Sie niemals damit gerechnet, dass die Sache so enden würde?“

Er schluckte abermals.

„Nein“, würgte er hervor. „Offen gestanden, nein! Mit Paul wäre uns das nicht passiert. Da lief alles glatt“

„Ja, und dann kam dieser Tom auf den verrückten Einfall, selbst den Boss zu spielen, nicht wahr? Da machten Sie einfach nicht mit!“

Der Mann schwieg. Er umklammerte mit beiden Händen das Lenkrad so fest, dass die Knöchel spitz und weiß hervortraten.

„Steigen Sie aus“, forderte ich ihn auf. „Ihr Kumpel wird sich freuen, ein liebgewonnenes Gesicht zu sehen.“

Er zögerte nur eine Sekunde. Dann kletterte er ins Freie und ging mit mir auf das Haus zu.

Als wir die Halle betraten, hatte sich bereits ein Dutzend neugieriger Hausbewohner eingefunden. Sie umstanden im Halbkreis den Portier, der, mit der Pistole in der Hand, seine Rolle schätzen und genießen gelernt hatte.

Der Boxer lehnte mit verdrossenem Gesicht und verschränkten Armen am Schreibtisch. Er sah aus wie ein Mann, der vergeblich darüber nachsinnt, bei welcher Gelegenheit er seinen Schwung, seine Kraft und seine Entschlussfreudigkeit verloren hat.

Als er mich mit seinem Kumpan aufkreuzen sah, zuckte er nur leicht zusammen.

„Auch das noch!“, meinte er.

„Du bist ein Idiot!“, sagte mein Begleiter zu dem Boxer. Es war nicht viel, aber immerhin etwas. Im nächsten Moment ertönten die Sirenen der Polizeiwagen. Kurz darauf stoppten zwei Streifenwagen vor dem Hauseingang. Ein halbes Dutzend Polizisten stürmte in die Halle. Ich wies mich aus und bedeutete ihnen, die beiden Männer und das Paket mitzunehmen.

„Aufs Revier?“, fragte mich der Sergeant.

„Nein, zum FBI-Headquarters“, erwiderte ich. „Wir nehmen die beiden gleich in die Mangel. Fahren Sie schon voraus, ich habe hier noch eine Kleinigkeit zu erledigen.“

Ich beobachtete, wie die Handschellen um die Gelenke der Gangster schnappten, dann fuhr ich mit dem Lift wieder nach oben. Ich klingelte an Miss Rondas Tür. Das Mädchen machte mir auf. Sie war leichenblass.

„Oh, Miss Hill“

Ich musste sie stützen, als wir ins Wohnzimmer gingen.

„Haben Sie sich von dem Schock erholt?“, fragte ich.

Sie nickte. „Das hat mir geholfen“, erwiderte sie und wies auf ein Kognakglas, das einen soliden Dreistöckigen enthielt.

Wir setzten uns. „Sie erlauben doch?“, meinte sie und reduzierte den Dreistöckigen um gut die Hälfte. Entspannt lehnte sie sich zurück.

„Ich dachte, mir bliebe das Herz stehen! Sie haben mir vorhin erklärt, dass es keine Frankenstein-Typen gibt. Aber dieser Kerl bewies eher das Gegenteil! Diese hässliche Visage, die platt geschlagene Nase...“

Sie schüttelte sich. „Er gab mir einen Stoß vor die Brust, das ist alles, woran ich mich zu erinnern vermag.“

„Ich habe ihn erwischt“, sagte ich tröstend. „Ihn und seinen Komplizen.“

„Er war auf das Paket scharf, ich sah, dass er es in den Händen hielt“, meinte sie.

„Was ist darin?“

„Ich weiß es nicht!“

„Tom hat es Ihnen zur Aufbewahrung übergeben?“

„Ja, er sagte, er könnte es sich nicht leisten, das Paket in seiner Wohnung aufzubewahren. Angeblich seien Konstruktionspläne darin, hinter denen die Konkurrenz her sei. Ich glaubte ihm das nicht ganz, aber ich hatte nichts dagegen, dass er das Paket bei mir abstellte. Ich wollte nicht ungefällig sein, wissen Sie“, fügte sie wie entschuldigend hinzu.

„Natürlich, ich verstehe“, sagte ich. „Er war schließlich Ihr Freund. Ich bin sicher, dass das Paket Geld enthält. Eine halbe Million oder mehr. Dozer dürfte es aus Sicherheitsgründen unter die Bandenmitglieder aufgeteilt haben.“

Das Mädchen starrte mich großäugig an. „Soll das heißen, dass ich eine halbe Million Dollar in der Küche hatte?“

„Das wird sich herausstellen. Warum haben Sie mir vorhin nichts von dem Paket gesagt?“

Das Mädchen errötete. „Ich war schon drauf und dran, es zu erzählen, aber andererseits kam es mir wie ein Vertrauensbruch Tom gegenüber vor. Er hatte mir doch das feierliche Versprechen abgenommen, keinem Menschen etwas von dem Paket zu sagen!“

„War es nicht eher so, dass Sie sich vorgenommen hatten, den Inhalt ganz allein und nicht im Beisein von Zeugen zu untersuchen?“, fragte ich.

Ihre Röte vertiefte sich. „Es ist nicht fair, mir so etwas zu unterstellen!“, protestierte sie, aber der Protest kam ohne rechten Druck zustande.

„Hat er nur dieses Paket hinterlassen?“

„Ja.“

„Sonst nichts?“

„Sonst nichts.“ Sie nahm einen weiteren Schluck, aus dem Glas.

Ich überlegte. Alles sah so weit ganz logisch aus. Greenland hatte offenbar weder Tiggers noch Nancy getraut. Deshalb hatte er es vorgezogen, seinen Anteil nicht in der Pilgrims Lane zu verstecken. Stattdessen hatte er das Geld bei seiner Freundin untergebracht.

Natürlich gab es auch an dieser Version einige Punkte, die nicht recht ins Konzept passen wollten. Mädchen sind neugierig. Greenland hatte damit rechnen müssen, dass Miss Ronda sich vom Inhalt des Paketes überzeugte. Wie kam es, dass er diese Gefahr auf sich genommen hatte?

Ich erhob mich. „Wir sprechen uns noch“, sagte ich. „Ich muss jetzt ins Headquarters fahren.“

Sie stand auf. „Am liebsten möchte ich ausziehen! Ich werde nie mehr diese Wohnung betreten können, ohne zu befürchten, aus irgendeiner Tür könnte mir dieser furchtbar aussehende Mensch entgegenkommen.“

„Die Angst ist unbegründet“, sagte ich beruhigend. „Der Kerl wollte nur das Geld haben, sonst nichts. Normalerweise sind Sie um diese Zeit ja noch im Geschäft. Es war Zufall, dass wir ihn bei der Arbeit störten. Bleiben Sie nur ruhig sitzen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich noch ein wenig schwach auf den Beinen fühlen. Ich finde den Weg allein.“

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