Читать книгу Auswahlband Krimi Winter 2020 - A. F. Morland - Страница 16
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ОглавлениеBeim zweiten Versuch war Marty Caine zu Hause. Der Playboy ließ Bount Reiniger mit ernster Miene eintreten, nachdem dieser ihm gesagt hatte, was er von ihm wollte.
„Ich war bei der Polizei“, erklärte Caine, als sich die beiden Männer im Livingroom gegenübersaßen. „Ich wollte wissen, ob man schon eine Spur gefunden hat.“
„Hat man?“, fragte Bount.
„Leider nein“, antwortete Marty Caine gepresst. Er leckte sich nervös die Lippen. Was Miriam zugestoßen war, schien ihm nicht nur nahe zu gehen. Es schien ihn darüber hinaus auch zu quälen. „Ich mache mir große Vorwürfe“, gestand der Junge. „Sie können sich nicht vorstellen, wie das ist, wenn man schuld am Tod eines Menschen ist, Mr. Reiniger. Doch, doch. Niemand spricht es zwar aus, aber es ist so: Miriam musste durch meine Schuld sterben. Sie würde noch leben, wenn ich mich nicht so sehr danebenbenommen hätte.“
Marty Caine seufzte geplagt.
Er durchsuchte seine Taschen nach Zigaretten. Bount half ihm mit einer Pall Mall aus und zündete sich selbst ebenfalls ein Stäbchen an.
Marty Caine blies den Rauch zur Decke. „Ich würde gern abreisen, um dieses schreckliche Erlebnis vergessen zu können. Aber die Polizei hat mich gebeten, zu bleiben. Sie hofft, mir den Mörder gegenüberstellen zu können.“
„Würden Sie ihn wiedererkennen?“, fragte Bount.
„Bestimmt nicht. Wenn Sie sich von Kopf bis Fuß schwarz anziehen würden, würde ich denken, Sie wären es gewesen.“
„Dann war der Mörder also so groß wie ich.“
„Ich glaube, ja. Aber ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich weiß überhaupt nichts sicher. Ich bin ein wertloser Augenzeuge. Sie müssen sich vorstellen, es war finstere Nacht. Der Mann war schwarz angezogen. Er trug eine schwarze Strickmaske. Er war beinahe eins mit der Dunkelheit. Außerdem ... ging alles so verflucht schnell, dass ich mit dem Denken nicht mitkam. Er schlug mich nieder ...“
„Womit?“, hakte Bount ein.
„Keine Ahnung. Mit irgendeinem harten Gegenstand.“
„Also nicht mit der Faust.“
„Nein. Vielleicht war’s ein Stein. Oder ein Holuknüppel. Ich weiß es nicht.“ '
Bount bat Marty Caine, minuziös zu schildern, was in der Mordnacht geschehen war. Caine sprach zunächst von seinem Ausrutscher.
Er beschönigte nichts, sondern erzählte es so, wie es sich zugetragen hatte. Mit zunehmend heiser werdender Stimme sprach Marty Caine dann von seiner Begegnung mit dem Maskierten und von dem, was geschehen war, nachdem er aus seiner Ohnmacht erwacht war.
Bount streifte die Asche von seiner Zigarette ab. „Lassen Sie uns noch einmal über den Mörder reden, Marty“, bat er.
Caine ächzte. Er schüttelte den Kopf. „Das bringt nichts. Das bringt doch nichts. Mr. Reiniger. Ich kann Ihnen ebenso wenig helfen wie der Polizei. Ich sagte Ihnen doch, es war stockdunkel.
„Sie hatten eine Stablampe bei sich.“
„Als der Lichtschein den Mann erfasste, bekam ich auch schon eins auf den Kopf.“
„Manchmal nimmt man selbst in einer solchen Situation noch Dinge wahr, an die man sich erst viel später wieder erinnert. Wir sollten gemeinsam danach suchen. Vielleicht gibt es doch einen winzigen Anhaltspunkt, den man als solchen erst viel später erkennt.“
„Na schön, wenn Sie meinen.“ „Trug der Mann einen Gürtel?“ „Ja.“
„Welche Farbe hatte der?“
„Ich nehme an schwarz. Es war alles schwarz an dem verdammten Kerl.“
„Aus welchem Material war der Gürtel?“, forschte Bount Reiniger weiter. „Leder.“
„Welche Schnalle hatte er?“
„Keine Ahnung.“
„Trug der Mörder ein Halskettchen?“
„Das weiß ich nicht. Ich konnte seinen Hals nicht sehen.“
„Trug er einen Rollkragenpulli?“ „Ja. Ich glaube, ja“, antwortete Caine etwas unsicher.
„Kennen Sie den Privatpiloten Trevor Uggams, Mr. Caine?“ „Natürlich. Den kennt hier jeder.“ „Könnte er der Mann gewesen sein, dem Sie vorgestern Nacht begegneten?“, fragte Bount.
Marty Caine hob die Schultern. „Wenn Sie mich so fragen, muss ich leider antworten: Ja, es könnte Trevor Uggams gewesen sein. Ebenso gut könnte es aber auch jeder andere Mann gewesen sein. Verstehen Sie. was ich damit sagen will? Ich bin nicht in der Lage, den Mörder zu identifizieren.“
Bount drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. „Sollte Ihnen doch noch etwas Wichtiges einfallen, rufen Sie mich an.“ Er nannte das Hotel, in dem er wohnte.
„An Ihrer Stelle würde ich auf meinen Anruf nicht warten, Mr. Reiniger.“
„Das tu' ich auch nicht“, erwiderte Bount und erhob sich.
Marty Caine stand ebenfalls auf. Und er sagte das, was schon Orson King gesagt hatte: „Ehrlich gesagt, ich beneide Sie nicht um diesen Job. Wie wollen Sie den Mörder finden? Es gibt nicht die geringste Spur von ihm.“
Bount lächelte. „Sehen Sie, Marty, ich bin nicht erst seit ein paar Tagen Privatdetektiv. Man trägt sehr oft Fälle an mich heran, die anfangs so aussehen, als könnte niemand sie lösen. Aber mit Erfahrung, Routine und Verbissenheit ist selbst die härteste Nuss zu knacken. Ich werde es Ihnen beweisen.“
Das war wieder ein Versprechen.