Читать книгу Auswahlband Krimi Winter 2020 - A. F. Morland - Страница 8
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ОглавлениеEs war eine Nacht, für die Liebe geschaffen. Nicht für Mord.
Und doch sollte es eine Mordnacht werden!
Marty Caine war ein Playboy. Er war der Sohn reicher Eltern, die in Phoenix, Arizona lebten. Er hatte eine Menge Geld zur Verfügung, war ein hübscher Bursche, den die Frauen mochten, arbeitete so wenig wie möglich und kam viel in der Welt herum.
Von den sechs Wochen, die er auf Hawaii gebucht hatte, war erst eine herum. Er hatte noch fünf Wochen vor sich.
Wohin es ihn danach treiben würde, wusste er noch nicht. In der Beziehung ließ er sich gern überraschen.
Er entschloss sich zumeist spontan für einen neuen Aufenthaltsort.
In dieser Nacht war der schwarzgelockte, sonnengebräunte Marty Caine mit Miriam Cavanagh beisammen.
Miriam war ein bezauberndes Mädchen mit brandrotem Haar, grünen, funkelnden Augen und einer Figur, die Kingsize Format hatte.
Marty war mit Miriam tanzen gewesen. So einen netten Abend hatte Marty Caine schon lange nicht mehr verbracht.
Miriam war trotz ihrer neunzehn Jahre schon ein sehr gescheites Girl mit recht vernünftigen Ansichten. Es gab nichts, worüber man mit ihr nicht reden konnte. Und sie tanzte wie eine Feder, so leicht war sie.
Wie fast immer hatte Marty im Verlaufe des Abends einige Drinks zuviel geschluckt. Er hätte sich hinterher nicht in seinen Wagen setzen sollen, doch er hatte es unvernünftiger Weise getan.
Miriam hatte ihm zwar gedroht, nicht mitzufahren, doch dann hatte sie sich doch zu ihm gesetzt, weil sie nicht zu Fuß nach Hause laufen wollte und weil ihr Marty Caine versprochen hatte,
ganz, ganz langsam zu fahren - was er dann auch wirklich getan hatte.
Aber Marty war mit seinem Wagen nicht sehr weit gekommen ...
Jetzt stand der Chevrolet inmitten einer Traumlandschaft. Umgeben von Palmen und wild wucherndem Tropengehölz.
Davor eine idyllische Bucht mit breitem Sandstrand, der in ein schwarzes Meer überging, auf dessen Oberfläche das silbrige Licht des Mondes schwamm.
Marty Caine war der festen Überzeugung, dass hier jedes Mädchen schwach werden würde. Auch Miriam Cavanagh, die sich in diesen Dingen bisher unnahbar gegeben hatte.
Marty war in der vergangenen Woche zweimal mit zwei verschiedenen Mädchen hier gewesen, und beide Male hatte er spielend erreicht, was er haben wollte. Warum sollte ihm das nicht auch bei Miriam gelingen?
Der Playboy schaltete das Radio ein, suchte einen Sender, der verträumte Musik spielte, um die Stimmung noch mehr aufzuschwülen.
Nun passte einfach alles. Die Festung brauchte nur noch gestürmt zu werden, dann würde sie fallen. Marty Caine ging sofort zum Angriff über.
Er wollte keine Zeit verlieren. Je eher er sein Ziel erreichte, umso länger würden sie beide was davon haben.
Marty rutschte näher an das Mädchen heran. Der Whisky machte ihn verwegen. Er legte seinen Arm um die wohlgerundeten Schultern des Mädchens.
„Du bist sehr schön, Miriam. Hat dir das schon mal ein Mann gesagt?“, flüsterte er. „Ich
möchte dich küssen.“
Miriam wich ihm aus. „Marty, du hast mir versprochen, mich nach Hause zu bringen. Ich bin müde. Warum bist du noch hierhergefahren?“
„Um mit dir allein zu sein.“
„Es ist zwei Uhr früh, Marty. Mein Vater macht sich Sorgen, wenn ich so lange wegbleibe. Bitte, fahre mich nach Hause.“
„Gib mir einen Kuss, Miriam. Sei kein Eisblock.“
„Ich mag nicht. Lass das!“
„Nur einen Kuss, was ist denn schon dabei?“
„Ich weiß, was daraus wird, Marty.“
„Wäre das denn so schlimm.“
„Es war ein Fehler, mit dir auszugehen, Marty. Ich dachte, du würdest ein Gentleman bleiben. Leider habe ich mich in dir geirrt. Schade. Noch mal kriegst du mich bestimmt nicht dran.“
Aus Erfahrung wusste Marty Caine, dass manche Frauen sich zum Schein manchmal ziemlich heftig wehrten. Und sie schalten den Mann, der sich von ihrer Abwehr abschrecken ließ, hinterher einen Idioten, denn im Grunde genommen hatten sie im Prinzip ja nichts dagegen gehabt.
Deshalb versuchte Marty das Mädchen massiver zu attackieren.
Der Whiskydunst ließ ihn nicht erkennen, dass es Miriam mit ihrer Abwehr ernst war. Er verärgerte sie mit seinem plumpen Leidenschaftsausbruch.
Es kam so weit, dass Miriam ihm eine Ohrfeige gab und wutentbrannt aus dem Wagen sprang. Sie lief einfach davon.
„Miriam!“, rief er ihr nach. „Miriam, so lauf doch nicht weg!“
Seine Wange brannte wie Feuer. Er war verstimmt, weil die Sache schiefgelaufen war. Und er überlegte kurz, ob er dem Mädchen nachlaufen sollte. Aber das fand er dann doch unter seiner Würde.
Sie würde schon wiederkommen.
Und wenn nicht, war’s auch gut. Verrücktes Weibsstück! Was bildete sie sich ein, wer sie war?
Marty Caine zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen und zündete sich mit aggressiven Bewegungen eine Zigarette an.
Indessen lief Miriam Cavanagh in die Dunkelheit hinein. Die schmale Straße machte eine Krümmung. Martys Wagen war nicht mehr zu sehen.
Miriam hörte zu laufen auf.
Sie hatte die Absicht, zur Küstenstraße zurückzugehen und irgendeinen Wagen, der gerade vorbeikam, anzuhalten.
Es gab eine Abkürzung dorthin; ein Pfad führte schnurgerade durch das Unterholz darauf zu, während die Straße, auf der sich Miriam im Augenblick befand, mehrmals hin und her schlängelte.
Deshalb wählte sie den Pfad. Sie hätte das nicht tun sollen, denn dieser Entschluss sollte ihr zum Verhängnis werden.
Schon nach kurzer Zeit bemerkte das Mädchen, dass ihm jemand folgte. Miriam Cavanagh dachte, es wäre Marty Caine. Sie vermutete, dass er sie zurückholen wollte. Doch sie war nicht gewillt, noch einmal in seinen Wagen einzusteigen. Sie hatte genug.
Sie wollte nicht riskieren, dass Marty es noch mal versuchte.
Miriam ging schneller. Aber die Person, die ihr folgte, holte dennoch auf. Das Mädchen hörte geisterhaft schleifende Geräusche, das Knacken von brechenden Ästen, das Klatschen von Zweigen.
Plötzlich war es Miriam unheimlich.
Sie hatte das Gefühl, eine kalte Hand würde sich um ihre Kehle legen und zudrücken. Sie begann zu laufen.
Allmählich stieg Angst immer mehr in ihr hoch. Der Laubbaldachin über ihr war so dicht, dass der Mond nicht zu sehen war.
Dadurch war es im Dickicht so finster, dass man kaum die Hand vor den Augen sehen konnte. Miriams Herz begann schneller und schneller zu schlagen.
Ihr Atem ging stoßweise. Dornen krallten sich in den Stoff ihres Kleides. Ein hässliches Ratschen. Der Stoff zerriss.
Miriam hastete ungeachtet dessen weiter.
Ihr Verfolger schien die Augen einer Katze zu haben. Jetzt vernahm sie bereits sein Keuchen. Miriam blickte sich schnell um.
Vage sah sie einen Schatten durch die Finsternis hinter ihr.
Eine Wurzel brachte Miriam zu Fall. Sie versuchte, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, indem sie mit den Armen durch die Luft ruderte.
Doch vergebens. Hart schlug sie auf dem Boden auf. Ein glühender Schmerz raste vom rechten Ellenbogen ausgehend durch ihren Arm, bis zur Schulter hinauf.
Sie stöhnte laut auf.
Beunruhigt erhob sie sich. Ihre Augen starrten in die Dunkelheit, aus der die Gestalt ihres Verfolgers immer deutlicher hervortrat.
Die Person schälte sich langsam aus der Finsternis.
„Marty, ich schwöre dir, du kriegst eine Menge Ärger!“, keuchte Miriam. „Mein Vater ist ein einflussreicher Mann!“
Die Gestalt glitt noch näher auf das Mädchen, das ein zweites Mal in der Aufregung gefallen war, zu.
Als der Mann auf zwei Yards heran war, übersprang Miriams Herz einen Schlag. Das war nicht Marty Caine!
Das war jemand anders! Ein Unbekannter!
Schwarz gekleidet. Von Kopf bis Fuß. Und über dem Kopf trug der Unheimliche eine schwarze Wollmaske, in die zwei Löcher für die Augen geschnitten waren. Was für Augen.
Trotz der Dunkelheit konnte Miriam Cavanagh fast seine Augen erkennen. Der Maskierte trug schwarze Handschuhe.
Lautlos wie ein Todesengel kam der Maskierte auf das Mädchen zu. Er hob seine Hände. Die Finger zuckten nervös.
Miriam halbsitzend, halb liegend schüttelte entsetzt den Kopf. „Nein! Nein! O Gott, nein!“
Todesangst peinigte sie.
Sie erhob sich, so schnell sie konnte, wirbelte herum und wollte in großer Panik davonstürmen. Doch der Unheimliche war schneller bei ihr.
Sie fühlte sich gepackt und niedergeworfen. Sie schlug wie von Sinnen um sich. Der schwere Körper des Unheimlichen drückte sie auf den Boden.
Verzweifelt versuchte sich Miriam von ihm zu befreien. Sie wollte gellend um Hilfe schreien, doch dazu war es schon zu spät.
Miriam, das lebenslustige, hübsche Mädchen war tot.