Читать книгу Mörderdutzend: 12 Thriller - Sammelband 1200 Seiten Krimi Spannung - A. F. Morland - Страница 21
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Wir erreichten einen wilden Schrottplatz am Rande von Frankfurt. Dutzende von Einsatzfahrzeugen waren bereits dort.
Wir stellten unseren Dienstwagen irgendwo an und stiegen aus.
Kollegen liefen über das Gelände und suchten nach Spuren. Lichtkegel von Taschenlampen blendeten auf und strichen dann suchend über den Boden.
Es gab hier augenscheinlich keine Beleuchtung. Die nächsten Laternen befanden sich in unmittelbarer Nähe zur Fahrbahn der Straße, über die uns unser Navi hierher geführt hatte.
Wir zeigten den Kollegen unsere Ausweise.
„Sie suchen sicher den Fischkopp aus Quardenburg”, meinte ein Kommissar. “Der so spricht, als wäre er Teil des Ohnesorg-Theaters!”
„Ja, das stimmt”, gab ich zu.
„Sehen Sie den Transporter da vorne, mit der Aufschrift ‘Die beste Pizza von Frankfurt?’”
„Sehe ich.”
„Da ist er. Und ich sage Ihnen eins: Sowas Furchtbares habe ich in all meinen Dienstjahren noch nicht gesehen. In dem Wagen sah es aus, wie in einem Schlachthaus. Aber Ihr Kollege aus Quardenburg scheint sich da richtig zu Hause zu fühlen. Er ist schon seit über einer Stunde nicht mehr aus dem Wagen ausgestiegen.”
„Klingt, als müsste man sich auf einiges gefasst machen.”
„Wir suchen gerade die Umgebung nach Spuren ab. Die Kollegen haben eine blutige Machete gefunden. Damit wurde vermutlich der Kopf abgetrennt. Außerdem gibt es ein paar Reifenspuren und Schuhabdrücke, bei denen aber nicht klar ist, ob sie wirklich etwas mit dem Verbrechen zu tun haben. Aber ich nehme an, unser Doktor Oberschlau wird dafür schon eine Erklärung finden.”
„Sie meinen Förnheim.”
„Müssen Sie öfter mit ihm zusammenarbeiten?”
„Er ist auf seinem Gebiet ein Top-Mann.”
„Ja, und er sorgt auch dafür, dass jeder mitkriegt, wie gut er ist und der Rest der Welt nur aus Idioten besteht. Stelle ich mir nicht so ganz einfach mit ihm vor.”
„Wir kommen schon mit ihm klar.”
Wir begaben uns zu dem Lieferwagen.
„Herr von und zu Förnheim?”, rief ich. Rudi und ich hatten sicherheitshalber schonmal Latexhandschuhe angelegt. „Wir sind’s! Harry Kubinke und Rudi Meier!”
„Kommen Sie bloß nicht herein!”, hörten wir Förnheims Antwort. Sie klang durch die geschlossene Hintertür des Transporters ziemlich dumpf.
Im nächsten Moment wurde die Tür von innen geöffnet.
Im Inneren des geschlossenen Transporters leuchteten mehrere Scheinwerfer, die mit Klemmen befestigt worden waren. Angesichts der Dunkelheit draußen blendete uns das Licht.
Förnheim sah uns an. Er war auf den ersten Blick kaum wieder zu erkennen, denn er trug einen Ganzkörperschutzanzug mit Kapuze. Nicht einmal sein Gesicht war noch ganz frei, denn er trug außerdem noch eine Schutzbrille.
„Bleiben Sie draußen!”, stellte Förnheim noch einmal unmissverständlich klar. „Es reicht, wenn ich Spuren vernichte. Das lässt sich wohl nicht vermeiden. Aber ich werde dafür sorgen, dass der Schaden so gering wie möglich ist.”
„Niemand will Ihnen in die Parade fahren!”, versicherte ich.
Da Förnheim uns im Moment etwas im Weg stand, sahen wir zunächst nur einen Teil des grausigen Bildes, dass sich im Inneren des Wagens bot. Überall war Blut. Es sah aus, als wäre der Transporter nicht von einem Pizzabäcker, sondern von einem mobilen Schlachterei-Service benutzt worden.
Förnheim trat jetzt etwas zur Seite.
Der Körper eines geköpften Mannes lag ausgestreckt auf dem Boden. Der Stumpf des Halses zeigte in unsere Richtung.
„Ich komme mal kurz zu Ihnen raus”, kündigte Förnheim an.
Förnheim kam aus dem Wagen und atmete tief durch.
Im Inneren des Wagens hatte ein sehr unangenehmer Geruch geherrscht.
„Ich denke, Sie haben einen Eindruck bekommen”, sagte Förnheim. „Ich war heute einige Stunden beim Anwesen von Polizeipräsident Gunnar Bellenborn und und habe mir das Tor genau angesehen, an dem der Schädel aufgespießt wurde und in der Umgebung nach Spuren gesucht.”
„Ich hoffe, Sie sind fündig geworden”, sagte Rudi.
„Na, ich will nicht übertreiben. Aber der grobe Ablauf der Tat dürfte jetzt geklärt sein.”
„Dann klären Sie uns am Besten auch gleich darüber auf”, verlangte ich.
Förnheim nickte. „Ja, aber vorher sei mir noch der Hinweis gestattet, dass manches, von dem, was ich Ihnen sage, bislang nur eine begründete Hypothese darstellt, die dann jeweils erst durch Laborergebnisse gestützt werden müsste. Laborergebnisse, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt natürlich noch nicht vorliegen können. Aber ich werde natürlich meinen Beitrag dazu leisten, dass das so schnell wie möglich geschieht.”
„Natürlich”, nickte ich.
„Und der Körper selbst muss natürlich noch bei unserem geschätzten Doktor Kuhschwanz aus Bayern unter das Messer.”
„Was ist Ihrer Meinung nach passiert?”, versuchte ich die Sache etwas abzukürzen. Förnheim konnte manchmal etwas weitschweifig sein und verlor dann mitunter auch mal das Wesentliche aus den Augen.
„Also zunächstmal hat sich laut unserer Kollegen aus Frankfurt herausgestellt, dass der Pizza-Transporter als gestohlen gemeldet wurde. Der Täter oder gegebenenfalls auch Komplize hat ihn erst kurz vor Begehung der Tat an sich gebracht. Er wusste offenbar sehr genau über die Lebensgewohnheiten des Opfers Bescheid, passte ihn irgendwo ab, überwältigte ihn und verbrachte ihn in den Transporter.”
„Hat er ihn nicht einfach erschossen?”, hakte ich nach.
„Ich bin überzeugt davon, dass er das erst danach getan hat.”
„Also im Wagen?”
„Ich habe Schmauchspuren gefunden. Es ist vollkommen eindeutig, er ist hier im Wagen erschossen worden. Außerdem habe ich vorhin noch einmal mit dem Kollegen Wildenbacher telefoniert. Die Augen des Opfers waren geöffnet, als er aus nächster Nähe erschossen wurde.”
„Der Täter hat Günter Pressburger also betäubt, wieder aufwachen lassen und dann erschossen”, fasste ich zusammen.
„Der Täter wollte zweifellos, dass das Opfer diesen Moment bewusst erlebt. Er wollte vielleicht auch, dass Pressburger erkennt, wer ihn umbringt.”
„Also ein Racheakt?”, fragte ich.
„Das wäre plausibel, ja”, bestätigte Förnheim. „Anschließend ist der Täter mit dem Transporter zum Anwesen von Gunnar Bellenborn gefahren. Das muss in den frühen Morgenstunde gewesen sein, kurz bevor Bellenborn mit seinem Hund rausgeht.”
„Der Täter hat auch Bellenborns Gewohnheiten offenbar genau gekannt”, schloss ich.
„Das ist sicher, Harry!”, glaubte Förnheim. „Und nun kommt das Entscheidende!”
Förnheim machte eine bedeutungsvolle Pause. Er hatte manchmal eine gewisse Neigung zur Theatralik. Vielleicht wäre unter anderen Umständen ein guter Shakespeare-Schauspieler an ihm verloren gegangen.
„Hat diese Pointe etwas mit der blutigen Machete zu tun, die die Kollegen gefunden haben?”, fragte ich.
„Davon wissen Sie schon?” Er schien ehrlich enttäuscht zu sein. „Ich werde es Ihnen trotzdem erzählen! Dieser Kerl hat mit einer Machete den Kopf abgetrennt.”
„Und dabei eine ziemliche Sauerei veranstaltet”, meinte Rudi.
„Ja, das ist ja der Punkt!”, sagte Förnheim. „Er hatte keine Ahnung, wie man so etwas richtig macht. Anatomische Kenntnisse waren vermutlich so gut wie überhaupt nicht vorhanden. Ein geübter Henker, wie man sie heute noch im Iran oder Saudi-Arabien findet, hätte nicht wie ein Verrückter mit einer Machete herumhacken müssen.”
„Sind Sie jetzt auch schon Gerichtsmediziner?”
„Ich habe mich mit Kollege Wildenbacher in Quardenburg kurzgeschlossen. Als ich ihm von dem nicht gerade fachgerechten Einsatz einer Machete erzählte, meinte er, dass das ein paar Befunde am Kopf erklären könnte...”
„Mit anderen Worten, der Täter hat auch öfter mal danebengehauen”, schloss ich.
„Gegen das, was der Kerl gemacht hat, ist jeder Metzger ein Künstler, Harry!”
„Und wieso hat er eine Machete genommen?”, hakte ich nach. „Ich meine...”
„Oh, täuschen Sie sich nicht, Harry! Mit einer Machete kann man durchaus den Kopf eines Menschen vom Rumpf trennen. Wenn man weiß, wie das geht. Unser Täter hat es ja schließlich auch geschafft, aber nur mit großer Mühe. Und das, obwohl es ihm ganz bestimmt nicht an Kraft gemangelt hat! Im Gegenteil!”
„Darum gehen Sie auch davon aus, dass es ein Mann war!”
„Kollege Wildenbacher teilt diese Ansicht”, ergänzte Förnheim. „Der Rest der Geschichte ist dann schnell erzählt. Der Kerl hat den Kopf dort aufgespießt, wo er gefunden wurde. Dazu ist er einfach am Gitter hochgeklettert. Das geht nämlich. Ich habe dort Blutflecken gefunden, die so erklärlich sind und nicht aus dem aufgespießten Kopf heruntergetropft sein können.
„Heißt das, er hatte sich ziemlich dreckig gemacht?”, vergewisserte ich mich.
„Sie haben doch gesehen, wie es im Wagen aussah! Er muss ausgesehen haben wie ein Schlachtergeselle. Während er das Torgitter hochkletterte, hatte er eine Plastiktüte bei sich, die wir im Wagen gefunden haben. Auf jeden Fall ist es eine sportliche Leistung. Ich habe versucht sie nachzumachen...”
„... und es etwa nicht geschafft?”, fragte Rudi.
„Wo denken Sie hin, Rudi! Natürlich habe ich es geschafft. Aber ich wäre zu langsam gewesen.”
Ich sah mich um.
„Wieso hat der Täter diesen Ort ausgesucht, um den gestohlenen Wagen loszuwerden?”, fragte ich.
„Weil er ideal dafür ist”, meinte Förnheim. „Eine Art wilder Schrottplatz. Irgendwann hat mal jemand sein altes Auto hier abgestellt, das sich wohl nicht mehr verkaufen ließ und dann haben andere angefangen, ihre Schrottwagen dazuzustellen. Manchmal auch nur das, was davon übrig geblieben ist, nachdem sie es ausgeschlachtet haben. Sehen Sie sich um, was hier für Wracks herumstehen. Für die Stadt ist das ein Ärgernis. Aber bisher hat man es nicht geschafft, das zu unterbinden. Normalerweise hätte es Wochen gedauert, bis man den Wagen und die geköpfte Leiche gefunden hätte. Vielleicht auch Monate.”
„Und wieso ging es in diesem Fall so schnell?”, fragte Rudi.
Über Förnheims Gesicht glitt ein überlegenes Lächeln. „Ich habe in der Nähe von Gunnar Bellenborns Anwesen einen Reifenabdruck gefunden, dessen Breite sehr charakteristisch ist. Ein Abgleich der Kollegen in Frankfurt mit den innerhalb der letzten 24 Stunden als gestohlen gemeldeten Fahrzeugen hat sehr schnell den Typ ergeben. Und dann musste nur noch nach einem Ort gesucht werden, der sich dafür eignet, Fahrzeuge von zweifelhafter Herkunft und mit unappetitlicher Ladung so schnell und unkompliziert wie möglich los zu werden.”
„Dann haben Sie anscheinend ganz entscheidend zu diesem Fahndungserfolg beigetragen!”, sagte ich.
„Durchaus erfreulich, dass das mal jemand zur Kenntnis nimmt, Harry. Sie dürfen es ruhig weitererzählen.”