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Wenig später trafen unsere BKA-eigenen Erkennungsdienstler Pascal Horster und Sami Oldenburger ein.

Außerdem ein Gerichtsmediziner namens Dr. Tamowitz. Für uns gab es hier jetzt nicht mehr viel zu tun. Tommy und Leonhard fuhren zurück zum Präsidium. Rudi und ich blieben noch etwas dort. Auch wenn wir den Spezialisten bei ihrer Arbeit etwas auf die Nerven gingen, so wollte ich doch gerne wissen, ob sich in der Wohnung nicht noch irgendwelche Hinweise auf Avakovitschs Komplizen befanden. Eine Telefonnummer, eine Notiz, irgendetwas. Angesichts der entsetzlichen Behandlung, die der Killer Avakovitsch unterzogen hatte, war davon auszugehen, dass der Mörder den Namen von Avakovitsch’ Komplizen kannte. Es lag ein Rennen gegen die Zeit vor uns, bei dem wir von Anfang an vollkommen unfair im Nachteil waren. Der Killer hatte sämtliche Trümpfe in der Hand.

Im Lauf der erkennungsdienstlichen Untersuchungen stellte sich schnell heraus, dass wir es wirklich mit einem absolut professionell und mit kühler Überlegung agierenden Täter zu tun hatten, von dem wir seit dem Mord an Azizi wussten, dass er noch einen Komplizen hatte.

So fanden wie ein Handy mit Prepaid-Karte, dessen Innenleben durch einen Schuss vollkommen zerstört war. Offenbar wollte der Killer nicht, dass wir eventuell auf seine Telefonnummer im Menue stießen.

Ähnlich rabiat war der Täter auch mit dem internetfähigen Computer des Opfers verfahren. selbst wenn es unseren Spezialisten gelang, doch noch einen Teil der Daten auf dieser zerschossenen Festplatte wieder lesbar zu machen, würde eine Wiedererstellung vermutlich Monate in Anspruch nehmen.

Die Frage, ob Sonny Avakovitsch irgendwelche Emails erhalten hatte, die für unsere Ermittlungen von Interesse gewesen wären, musste also vorerst offen bleiben. Ein Telefonregister fanden wir nicht. Es war anzunehmen, dass der Täter es mitgenommen hatte.

„Der Kerl hat wirklich an alles gedacht“, meinte Sami Oldenburger. „Und vermutlich hat er sogar Latex-Handschuhe getragen, denn Fingerabdrücke konnten wir nirgends entdecken.“

Rudi und ich fragten bei den Bewohnern der Nachbarwohnungen nach, ob ihnen irgendetwas aufgefallen wäre. Allerdings war der Großteil der Hausbewohner um diese Uhrzeit nicht zu Hause, weil sie ihren Jobs nachgingen. Immerhin hatte jemand gehört, dass zwischenzeitlich die Stereoanlage bei Avakovitsch unverhältnismäßig laut gewesen sei. Wahrscheinlich hatte der Täter damit die Schmerzensschreie seines Opfers übertönt.

Die Stunden zogen sich hin.

Eine Spur des Komplizen wollte sich in Avakovitschs Wohnung einfach nicht finden.

„Wahrscheinlich ist es das Beste, wir lassen eine Hundertschaft Bereitschaftspolizisten in die Clubs von Darko Grusic ausschwärmen und das Phantombild herumzeigen!“, meinte Rudi ironisch – denn natürlich wahr auch ihm klar, dass es dazu gar nicht die personellen Ressourcen gab.

Als wir zu Avakovitsch’ Wohnung zurückkehrten, gab es immerhin einen kleinen Lichtblick.

„Wir haben eine Spur“, verkündete Sami Oldenburger. „Es ist zwar kein Fingerprint, aber etwas, das den Täter auf ähnliche Weise identifizieren kann.“

„Na, da bin ich ja mal gespannt, Sami!“, sagte ich und Rudi meinte: „Dann spann uns nicht so auf die Folter, Sami!“

„An der Tür war ein Ohrabdruck. Der Täter hat also erstmal gehorcht, was drinnen so los ist, bevor er sich Zugang verschafft hat, wobei sehr viel dafür spricht, dass das Opfer ihn hereinließ.“

Ein Ohrabdruck!

Das war immerhin etwas.

Abdrücke von Ohren oder Lippen sind genauso individuell wie Fingerprints. Der Unterschied in der fahndungstechnischen Verwertbarkeit liegt einfach daran, dass es zwar eine Datenbank für uns gibt, die Millionen von Fingerabdrücken verwaltet und nach verschiedenen Kategorien geordnet für eine Abfrage bereithält, aber der Aufbau einer Datei von Ohrabdrücken erst im Aufbau begriffen ist. Schließlich ist man erst vor wenigen Jahren bei Ermittlungen, die die Polizei in NRW gegen eine Bande von Serieneinbrechern im Ruhrgebiet darauf gekommen, dass die Täter gerade bei Einbruchsdelikten häufig dazu neigten, das Ohr an die Tür zu legen, um sich darüber zu vergewissern, ob noch jemand in der Wohnung war. Erstmalig war damals einem Täter später vor Gericht anhand eines Ohrabdrucks nachgewiesen worden, dass er für eine ganze Serie von Einbrüchen verantwortlich gewesen war.

„Das Problem ist nur, dass wir den Täter wohl erst einmal haben müssten, damit uns dieses Indiz weiter bringt!“, meinte ich angesichts des im Moment noch geradezu erbärmlichen Bestandes an gespeicherten Ohrabdrücken.

„Ich dachte, du freust dich, Harry! Das ist doch mehr als nichts!“

„Du sieht wohl immer nur das Positive, Sami!“

„Was bleibt einem anders übrig, Harry!“

Spezial Krimi Koffer Juli 2021 - 9 Thriller auf 1500 Seiten

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