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Rudi und ich waren unterwegs. Die Handynummer, mit der Mutlak kurz vor dem Mord an Darko Grusic telefoniert hatte, gehörte wie erwartet zu einem Wegwerf-Gerät ohne Vertragsbindung. Unmöglich herauszubekommen, wem es gehörte. Die Nummer ließ sich keiner Person mit Adresse, Name und Gesicht zuordnen.

Aber die Stimme, die ich am Ohr gehabt hatte, war mir gleich bekannt vorgekommen.

Sie hatte etwas sehr Charakteristisches. Einen rauen Ton, der sich immer ein wenig so anhörte, als wäre er heiser und leicht erkältet.

Raimund Scirea.

Er war der Mann gewesen, der Mutlak angerufen und vermutlich instruiert hatte. Ob wir ihm das beweisen konnten, stand natürlich auf einem anderen Blatt.

Aber auch wenn der kurze akustische Eindruck, den ich bekommen hatte, nachdem ich die Nummer gewählt hatte, vor Gericht wohl kaum als ausreichender Beweis gegolten hätte, so war ich jetzt ziemlich sicher, dass wir Scirea trotzdem in der Falle sitzen hatten.

Er hatte nämlich einen Fehler gemacht.

Die Nummern von Wegwerf-Handys kann man zwar nicht zurückverfolgen, aber es ist durchaus möglich, den ungefähren Standort des Sprechers zu orten. Bis auf dreißig Meter genau ließ sich das auch bei Anrufen in der Vergangenheit feststellen, sofern man mit der Überprüfung nicht so lange wartete, bis die Daten gelöscht waren, die festhielten, bei welchem Funkmast sich der Betreffende eingewählt hatte.

In diesem Fall war die Sache klar.

Der Teilnehmer hatte von einem Standort aus telefoniert, der innerhalb eines Gebäudes lag, in dem Raimund Scirea sein Penthouse hatte.

Einen solchen Zufall würde ihm wohl vor Gericht kein Geschworener glauben.

Wir erreichten Scireas Adresse. Es handelte sich um ein Haus mit gut gepflegter und aufwändig restaurierter Fassade.

Ein Security Service sorgte dafür, dass man dort so sicher wie in Abrahams Schoß war.

Scirea bewohnte die gesamte oberste Etage. Ich fuhr den unscheinbaren Wagen aus den Beständen unserer Fahrbereitschaft in die Tiefgarage, die zum Gebäude gehörte. Ich schätzte, dass es irgendwann in den Dreißigern oder Vierzigern gebaut worden war. Nur die Tiefgarage, die hatte man wohl erst viel später darunter gebaut.

Unsere Kollegen Jürgen und Olli trafen kurze Zeit nach uns ein. Tommy und Leonhard ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten.

Unsere BKA-Dienstausweise überzeugten die Angehörigen des Security Service davon, uns keine Schwierigkeiten zu machen.

Der Aufzug trug uns hinauf. Gleichzeitig wurde uns über Funk gemeldet, dass einige weitere Kommissaren unseres Präsidiums eingetroffen waren.

„Ich habe den Haftbefehl und die Erlaubnis einer Wohnungsdurchsuchung dabei – und ich bezweifle, dass selbst die besten Anwälte ihn so schnell wieder auf freien Fuß bekommen!“, knurrte Jürgen Caravaggio etwas unwirscher, als es sonst seine Art war, in das Mikro hinein, das er am Kragen trug. „Ich möchte, dass alle Aus- und Eingänge besetzt werden. Scirea darf uns nicht durch die Lappen gehen.“

In diesem Punkt hätte niemand von uns Jürgen widersprechen mögen. Was die Frage anging, wie lange wir Scirea in Haft halten konnten, hing das im Wesentlichen davon ab, ob die Durchsuchung der Wohnung etwas zu Tage bringen würde, was den Anfangsverdacht erhärtete. Scirea hatte als hohes Mitglied des Al-Khalili-Syndikats ein Motiv, um Darko Grusic umbringen zu lassen. Und er hatte mit einem der Killer kurz vor der Tat telefoniert. Das zusammen musste eigentlich reichen, um ihn zumindest bis zur Anhörung vor der Grand Jury ohne Kaution aus dem Verkehr zu ziehen. Was danach geschah und ob dann ein Hauptverfahren eröffnet wurde, stand auf einem ganz anderen Blatt. Da hatten wir leider schon die bösesten Überraschungen erlebt.

Aber letztlich war gute Polizeiarbeit im Vorfeld immer die Voraussetzung, damit die Justiz nachher ihren Job machen konnte. Ich jedenfalls lehne es ab, mich über eine zu lasche Justiz zu beklagen, sondern frage mich immer erst einmal, ob wir selbst alles richtig gemacht haben.

Wir fuhren mit dem Fahrstuhl hinauf. Als wir vor der Tür zu Raimund Scireas Wohnung standen, bekamen wir über Headset die Nachricht, dass auch gerade unsere Erkennungsdienstler Sami Oldenburger und Pascal Horster eingetroffen waren. Der Durchsuchungsbeschluss erlaubte es uns nämlich auch, die übliche erkennungsdienstlichen Untersuchungen durchzuführen und zum Beispiel in den von Scirea genutzten Räumen nach Fingerabdrücken zu suchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich einige dieser Profile in den uns zugänglichen Datenbeständen befanden, war sehr groß. Und möglicherweise ergaben sich schon allein dadurch, dass wir beweisen konnten, wer sich in letzter Zeit so alles in Scireas Wohnung aufgehalten hatte, neue Zusammenhänge.

Olli betätigte die Klingel.

Es reagierte zunächst niemand.

Also klingelte Olli noch einmal. Wir hatten unsere Dienstwaffen im Anschlag. Schließlich konnte niemand sagen, wie Raimund Scirea auf unseren massiven Auftritt reagieren würde und ob er nicht vielleicht von ein paar schießwütigen Kampfhunden in Menschengestalt begleitet wurde. Gerade wenn er etwas mit der Erschießung von Darko Grusic zu tun hatte, dann musste er ja schließlich damit rechnen, dass eine Antwort der Balkan-Connection nicht lange auf sich warten lassen konnte. Der Krieg unter den Drogenbossen war so oder so in eine neue Phase getreten.

Als Olli zum zweite Mal klingelte, meldete sich jemand an der Sprechanlage. Eine Kamera erfasste uns.

„Ja bitte?“ Es war eine Frauenstimme.

„BKA. Machen Sie bitte die Tür auf, oder wir werden uns gewaltsam Zutritt verschaffen müssen“, erklärte Olli.

Einen Augenblick lang geschah nichts, außer dass es in der Leitung der Sprechanlage einmal knackte.

Eine zierliche Frau in den mittleren Jahren öffnete uns. Ihr schwarzes Haar war zu einem Knoten zusammengefasst und mit Spuren von Grau durchwirkt. Sie trug ein Kleid, das vermutlich maßgeschneidert war. Der Schmuck war dezent und verriet Stil – aber er hatte vermutlich mehr gekostet, als ein Kriminalkommissar in einem halben Jahr verdiente.

Wir zeigten unsere Dienstausweise.

„Wir suchen Raimund Scirea“, sagte Jürgen.

„Ich bin seine Frau! Mein Mann ist nicht zu Hause.“

„Davon müssen wir uns leider erst selbst überzeugen.“

Rudi drängte sich an ihr vorbei und drang in die Wohnung vor.

„Dazu haben Sie nicht das Recht!“, zeterte Frau Scirea und verstummte sogleich, als Jürgen ihr den Durchsuchungsbeschluss und den Haftbefehl zeigte.

„Doch, das haben wir. Und ich schlage vor, dass Sie sich kooperativ verhalten.“

„Den Teufel werde ich tun!“, fauchte sie auf eine Art und Weise, die zu ihrem ansonsten so damenhaften Auftreten einen seltsamen Kontrast bildete. „Ich kenne meine Rechte. Ich werde einen Anwalt anrufen.“

Spezial Krimi Koffer Juli 2021 - 9 Thriller auf 1500 Seiten

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