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Etwa zur gleichen Zeit standen unsere Kollegen Leonhard Morell und Tommy Kronburg zusammen mit unserem Chefballistiker Ludwig Valkensee auf dem Dach jenes Gebäudes, von dem aus wahrscheinlich geschossen worden war.

Der Hausmeister und der Schichtführer des privaten Security Service, dessen Aufgabe es war, das Gebäude zu sichern, begleitete unsere Kollegen dabei.

„Die Einschüsse vorne an den Scheiben der Limousine lassen eine ziemlich gute Laserpeilung zu“, meinte Ludwig Valkensee. „Vor allem ist nahezu ausgeschlossen, dass der Wagen nach der Tat noch bewegt wurde, was wir bei den Leichen ja nicht sicher ausschließen können. Ich will mich auf die Entfernung jetzt nicht auf ein paar Meter festlegen,. Aber ich denke, es steht fest, dass von hier aus geschossen wurde!“

Ludwig ließ suchend den Blick schweifen.

„Fragt sich nur, von wo genau“, meinte Tommy Kronburg. Es war ziemlich windig. Tommys Jackett schlackerte im Wind, sodass er es zuknöpfte.

Sie suchten das kiesgefüllte Flachdach ab und wurden schließlich fündig.

„Wer sagt's denn!“, meinte Ludwig Valkensee, als er die annähernd dreißig Patronenhülsen sah, aus denen ein Kreuz gelegt worden war.

Leonhard Morell sah sich in der Umgebung um. Vielleicht hatte der Täter noch irgendetwas hinterlassen – gleichgültig, ob nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt.

Tommy Kronburg wandte sich an den Hausmeister und den Security Guard.

„Hier kann jeder rauf, oder?“

„Normalerweise sollte der Zugang abgeschlossen sein“, sagte der Hausmeister. „Aber es kann schonmal sein, dass ich das vergesse. Wissen Sie, ich bin nicht nur für dieses Haus zuständig. Da gibt’s noch ein halbes Dutzend anderer Gebäude, die von unserer Firma im Schichtbetrieb in Ordnung gehalten werden.“

Tommy nickte. Hausmeisterfirmen anstatt fest angestellter Kräfte – das mochte preiswerter sein, hatte aber seine ganz eigenen Risiken. Das Personal wechselte häufig und hatte keine Ahnung, wer eigentlich im Haus wohnte oder sein Büro dort hatte. Wenn etwas Ungewöhnliches geschah, fiel das diesen Kräften häufig gar nicht auf. Tommy hatte in seiner langen Dienstzeit bei der Berliner Polizei und später beim BKA schon Fälle erlebt, bei denen ganze Wohnungs- und Büroeinrichtungen aus dem Haus getragen worden waren und der Hausmeister hatte den Security Guards noch gesagt, dass das in Ordnung sei.

„Und wo ist der Schlüssel normalerweise?“, fragte Tommy.

„Neben der Tür. Aber jetzt war er nicht da, wie Sie gerade gesehen haben.“

„Der Killer scheint ihn nicht zurückgehängt zu haben“, schloss Tommy daraus. „Da können wir ja froh sein, dass er sich nicht die Zeit genommen hat, auch noch zuzuschließen, sonst wären wir noch nicht einmal hier heraufgekommen.“

„Wissen Sie, was ich für meinen Job bekomme?“, fragte der Hausmeister. „Ich kann Ihnen eins sagen: Sie würden nicht dafür arbeiten. Und ich werde es auch nicht länger machen, als bis ich was Besseres habe! Das ist bei den meisten so, die sich mit mir um diese Häuser kümmern!“

„Ich wollte Ihnen keinen Vorwurf machen“, versuchte Tommy ihn zu beschwichtigen.

Er wandte sich an den Security Guard. Sein Name war Ernst Allmann. Jedenfalls stand das an seinem Uniformhemd unter dem Emblem seiner Firma.

„Wie steht's mit der Überwachung? Haben wir irgendeine Chance, dass der Kerl vielleicht mit einer Video-Kamera aufgezeichnet wurde?“

„Es gibt eine Kamera im Eingangsbereich und in den meisten Fluren“, sagte Ernst Allmann.

„Wir brauchen das Material“, erklärte Tommy. „Und zwar alles von heute.“

„Das wird eine Weile dauern.“

„Nein, das wird sehr schnell gehen, sonst wird die Staatsanwaltschaft Ihre gesamte Anlage vorübergehend als Beweismittel beschlagnahmen.“

„Wissen Sie, wie wir personell besetzt sind?“, fragte Allmann. „Aber ich werde tun, was ich kann.“

„Gibt es irgendeine Möglichkeit, hier her zu gelangen, ohne den Kameras durch die Linse zu laufen?“, fragte Tommy.

„Nein“, behauptete Ernst Allmann.

„Und der Hinterausgang?“, fragte der Hausmeister.

„Der sollte eigentlich geschlossen sein“, meinte Allmann.

„Der stand in den letzten zwei Tagen aber eigentlich ständig offen“, meinte der Hausmeister. „Jedenfalls immer, wenn ich Schicht hatte. In der dritten Etage zieht ein Call Center ein und da sind immer wieder Möbel und technisches Equipment hereingebracht worden – von den Technikern, die die Ablage installiert haben, mal ganz abgesehen. Das war ein dauerndes Rein und Raus. Und auf die Tür hat da niemand geachtet.“

„Großartig, wie Sie hier für die Sicherheit sorgen“, meinte Tommy an Allmann gewandt.

„Wir kontrollieren die Anlage hier von unserer Zentrale aus und schicken in regelmäßigen Abständen ein paar Leute vorbei, die ihre Runden machen und Präsenz zeigen“, erläuterte Allmann.

„Ja, ich kann mir den Rest schon denken“, knurrte Tommy. „Sie haben noch jede Menge anderer Gebäude, um deren Sicherheit sich Ihre Firma kümmern muss!“

„Für den Preis, den man uns zahlt, ist einfach nicht mehr drin. Andernfalls müsste man das auf die Mieten aufschlagen und dafür ist die Lage hier nun wirklich nicht gut genug.“

„Was Sie nicht sagen, Herr Allmann.“

„Aber sehen Sie es von der positiven Seite!“

Tommy hob die Augenbrauen. „Die gibt’s da auch? Ich gestehe gerne, dass ich die bis jetzt noch nicht entdecken konnte.“

„Wenn der Kerl wirklich diesen Weg genommen hat, dann gibt’s zwar nicht so viele Bilder von ihm, aber ein paar eben doch! Und es schränkt das die Auswahl der Aufzeichnungen schonmal sehr ein, die Ihre Leute sich ansehen müssen. Er muss nämlich über den Korridor in der zweiten Etage gegangen sein, um hier rauf zu kommen – und da ist auch eine Kamera.“

„Tommy, hier ist noch was!“, rief Leonhard.

„Sie entschuldigen mich mal einen Moment“, murmelte Tommy Kronburg und begab sich zu seinem Partner. „Was gibt’s, Leonhard?“

Leonhard Morell hatte sich einen Latexhandschuh übergestreift und ein Briefchen mit Streichhölzern aufgehoben. „Vom STARFIRE Club“, stellte er fest. „Die liegen da für die Gäste aus.“

„Und wahrscheinlich verschenkt Darko Grusic die Dinger reichlich an Freunde und Bekannte“, meinte Tommy.

„Dieses Briefchen könnte auch hier platziert worden sein, um den Verdacht ganz gezielt in diese Richtung zu lenken“, glaubte Leonhard. „Wir wissen ja noch nicht viel mehr über den Täter, außer dass er ein hervorragender Scharfschütze ist. Aber dämlich ist er jedenfalls nicht und ich glaube kaum, dass er so unvorsichtig wäre, etwas zu hinterlassen, was wir nicht finden sollen!“

Spezial Krimi Koffer Juli 2021 - 9 Thriller auf 1500 Seiten

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