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Die Adresse, die Kendall uns gegeben hatte, gehörte zum Penthouse eines zehnstöckigen Sandsteinbaus in zentraler Lage.

„Gastreferent der CHURCH OF JUDGEMENT müsste man sein – wenn man dann so fürstlich untergebracht wird!“, lautete Rudis Kommentar.

„Ich schätze, dass diese Wohnung in erster Linie eine Wertanlage darstellt“, glaubte ich.

„Wie auch immer...“

Wir hatten Glück, denn immerhin war von den drei Mobilfunknummern, die Sven Nolten derzeit benutzte, zumindest ein Gerät eingeschaltet, sodass es angepeilt werden konnte.

Genau das hatten unsere Kollegen vom Innendienst gemacht. Über den Bordrechner unseres Chevy konnten wir verfolgen, wo sich der Träger des Mobilfunkgerätes gerade befand.

Und wenn nicht alles täuschte, dann war Sven Nolten gerade zu Hause.

Verstärkung war bereits angefordert. Schließlich würde das Penthouse von unseren Erkennungsdienstlern auf den Kopf gestellt werden müssen.

Wir stellten den Dienstwagen auf den Parkplatz, der zu dem Gebäude gehörte und stiegen aus. Eine Viertelstunde später standen wir zusammen mit einem Angestellten des hauseigenen Sicherheitsdienstes vor der Tür zum Penthouse.

Als Eigentümer der Wohnung war tatsächlich die Stiftung eingetragen, deren Vorstand Sven Nolten noch bis vor kurzem gewesen war.

Der Security Guard hieß Meyerstein und hatte uns zugesichert, das elektronische Schloss notfalls öffnen zu können, falls Sven Nolten nicht dazu gewillt sein sollte.

Ich betätigte die Klingel.

An der Sprechanlage meldete sich allerdings niemand.

Rudi und ich zogen unsere Dienstwaffen. Meyerstein öffnete für uns die Tür mithilfe einer Chipcard und eines Notfallcodes, der manuell eingegeben werden musste.

Die Tür ließ sich öffnen.

Wir stürzten mit der Waffe in der Hand in die Wohnung.

Das Wohnzimmer war riesig. Und dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass es zwar edel, aber verhältnismäßig karg eingerichtet war.

Die Möbel waren sehr modern. Sie bestanden zumeist aus einem Metallgestänge. In den Bücherregalen standen Schriften, die wohl aus dem Fundus der CHURCH OF JUDGEMENT stammten. Die Titel auf den Buchrücken lauteten zum Beispiel 'Vorbereitung auf die letzten Tage' oder 'Der Tag des Gerichts kommt ganz sicher'. Ein großformatiges, im Airbrushverfahren hergestelltes Gemälde zeigte ein Kreuz aus leuchtenden Schwertern, die über einer paradiesisch anmutenden Landschaft schwebten, während am Horizont die Sonne aufging und die gesamte Szenerie in ein quasi magisches Licht tauschte.

Von Sven Nolten war allerdings nirgends etwas zu sehen.

Rudi überprüfte Bad und Schlafzimmer, während ich mir die Küche vornahm.

„Herr Nolten ist ganz offensichtlich nicht zu Hause“, stellte Meyerstein fest.

Ich sah mich schließlich noch auf dem Dachgarten um, der zu dem Penthouse gehörte. Es gab keine Möglichkeit, das Penthouse auf einem anderen Weg, als durch die Eingangstür zu betreten oder zu verlassen.

„Auch wenn Nolten nicht hier ist – sein Handy muss hier sein“, stellte ich fest, nahm mein eigenes Mobiltelefon heraus und wählte einfach die Nummer des Gerätes, das unsere Innendienstler angepeilt hatten.

Wir hörten ein Klingeln.

Es kam aus dem Schlafzimmer. Rudi war dort, als ich eintrat und öffnete den Kleiderschrank.

Aus einem der Jacketts zog er dann ein Gerät hervor.

„Hat Nolten wohl vergessen mitzunehmen“, meinte Rudi.

„Verdammt!“, presste ich zwischen den Zähnen hindurch.

„Du hast gedacht, wir könnten wenigstens schon einem der beiden Mitglieder dieses tödlichen Duos Handschellen anlegen!“

„Du etwa nicht? Vor allem hätten wir dann eine ernsthafte Chance gehabt, auch diesen Schmitt zu finden.“

Ich rief Max an, um ihn darüber zu informieren, dass wir Nolten nicht in seiner Wohnung angetroffen hatten.

„Okay, falls eines der beiden anderen Mobiltelefone von ihm benutzt wird und angepeilt werden kann, sage ich euch sofort Bescheid“, versprach Max. „Ach und ich soll euch von Sami ausrichten, dass ihr nicht schon alles anfassen sollt, bis er bei euch ist und dann die meiste Zeit damit verbringen wird, eure Spuren von denen zu unterscheiden, die er hinterlassen hat!“

Wir sahen uns in der Wohnung um und suchten nach Hinweisen darauf, wo sich Nolten jetzt wohl aufhalten konnte. Es gab ein Laptop, das aber passwortgesichert war. So ohne weiteres konnten wir nicht an die Daten heran und etwa nachsehen, mit wem Nolten in letzter Zeit emails ausgetauscht hatte.

Darum würden sich unsere Kollegen kümmern müssen, sobald sie eintrafen.

Ergiebiger war da schon das Menue des Mobiltelefons, das Nolten in seiner Wohnung zurückgelassen hatte. Einige Nummern waren darin gespeichert. Die gaben wir sämtlich an Max Herter durch, damit sie überprüft werden konnten.

Ob uns das wirklich weiter brachte, musste man abwarten.

Rudi fand einen Zettel, der zusammengeknüllt in einem Papierkorb zu finden gewesen war. PADDY'S PUB stand da, außerdem eine Nummer und eine Adresse.

„Das ist hier ganz in der Nähe“, meinte Rudi. „Ein original irischer Pub – nur eben hier in Berlin. Aber ansonsten ist alles originalgetreu. Nur darf man da inzwischen nicht mehr rauchen.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob dass in der Originalversion in Irland nicht ebenfalls verboten ist!“

„Kann schon sein“, nickte Rudi. „Wenn wir nur wüssten, weshalb sich Nolten das aufgeschrieben hat?“

„Gehen wir hin und fragen“, schlug ich vor.

Spezial Krimi Koffer Juli 2021 - 9 Thriller auf 1500 Seiten

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