Читать книгу Klinische Hypnose und Hypnotherapie - Agnes Kaiser Rekkas - Страница 14
1.7 Hypnose – gestern und heute
ОглавлениеEin zusammenfassender Überblick teilt die Geschichte der Hypnose in drei Kapitel mit jeweils völlig unterschiedlichen Ansätzen ein:
Bei dem „autoritären Ansatz“ liegt der Fokus auf dem Hypnotiseur, seinem starken Willen, seiner Macht und seinem ‚magischen Auge‘. Seine Suggestionen sollen tief in unbewußte Schichten eindringen und veränderte Verhaltens- und Reaktionsweisen beim Hypnotisanten auslösen. Diese Epoche der Hypnose ist mit den Namen von Mesmer, Charcot und Freud verbunden.
Bei dem „standardisierten“ Ansatz richtet sich das Augenmerk dagegen auf den Hypnotisierten bzw. Patienten. Aus der Experimentalpsychologie entwickelt, steht die suggestive Modifizierbarkeit des Verhaltens im Vordergrund. Dieser Ansatz zeichnet sich durch langwierige Induktionsformen ausschließlich über Entspannung und mangelnde Kontextvariablen aus. Er ist inflexibel und lastet Mißerfolge einem Manko an Suggestibilität und Hypnotisierbarkeit an. In dieser Phase wurde eine Menge an standardisierter Verfahren ausgearbeitet. Ausführliche Suggestibilitätstests sollten abklären, wieweit Hypnose wirksam werden könne. Führende Persönlichkeiten waren hier Hilgard und Hull.
Der „Kooperationsansatz“ leitet sich aus einem Zusammenspiel der modernen Psychotherapien ab und berücksichtigt die systemischen Rückkoppelungsprozesse. Alle Karten werden auf die Wechselwirkung zwischen Therapeut und Patient gesetzt. Respekt und Achtung vor den Fähigkeiten des anderen werden offen ausgedrückt und die Zusammenarbeit auf gleichem Niveau unter dem Aspekt einer Konferenz zweier Fachleute betont. Keine rigiden Prozeduren, keine fixierten Methoden schränken schöpferische Prozesse ein. Der Therapeut führt bzw. begleitet den Patienten mit fachlicher Anleitung in Richtung Therapieziel. Die Trance wird als eine Phase der Neuorientierung und des Lernens verstanden. Suggestionen werden möglichst vermieden, da der therapeutische Effekt fraglich ist. Auf jeden Fall sollte eine Analyse oder Interpretation der Hypnoseerfahrung unterbleiben, um in Gang gesetzte unbewußte Leistungen nicht durch bewußte Reflexion zu stören. Dieser Ansatz ist hervorragend zur Stärkung der Persönlichkeit in allen ihren Facetten sowie zur Nähe-Distanz-Regulierung geeignet, womit er auch in der Therapie bei Depressionen (Yapko 1996) indiziert ist. Diese Erweiterung der einfachen klassischen Hypnose wird Hypnotherapie genannt, was die gewonnene Vielfalt schon andeutet. Die Väter und Mütter der Hypnotherapie sind nicht nur Milton H. Erickson, David Cheek und weitere Hypnosefachleute, sondern auch Virginia Satir und viele andere Psychotherapeuten mit weiteren methodischen Ansätzen.
Will man sich nicht mit dieser knapp-nüchternen Auflistung begnügen, lasse man sich faszinieren von Konrad Wolffs Artikel „Hypnotische Archäologie – lang ist und windungsreich der Weg von der physikalistischen Phantastik des Mesmerismus bis zum psychologischen Realismus der Ericksonianer“ (1998). Das romangleiche Schriftstück stellt in unvergleichlicher Weise die schillernde Geschichte der Hypnose dar.