Читать книгу Klinische Hypnose und Hypnotherapie - Agnes Kaiser Rekkas - Страница 8
Kapitel 1 ▶ Grundlagen 1.1 In Hypnose ‚beamen‘ und a ist das Problem?
ОглавлениеEin morgendlicher Telefonanruf:
Eine Männerstimme: „Bin ich da richtig bei Frau Dr. …?“
Ich: „Ja, Sie sind richtig.“
Der Herr: „Ich interessiere mich für Hypnose.“
Ich, freundlich: „Ja?“
Der Herr: „Ich möchte, daß Sie mich in Hypnose versetzen, damit ich meine Angst loswerde.“
Na, das ist alltäglich, und ich reagiere sachlich: „Hm, im Prinzip kann Hypnose in der Angsttherapie sehr erfolgreich eingesetzt werden. Von wem kommen Sie denn, wer hat Sie an mich empfohlen?“
Der Herr: „Ich komme über diesen Verein, wie heißt er gerade noch, ‚Verein für Deutsche Hypnose‘.“
Ich: „Aha, über die ‚Deutsche Gesellschaft für Hypnose‘.“
Der Herr: „Richtig, über die Therapeutenliste der ‚Deutschen Gesellschaft für Hypnose‘.“
Im stillen denke ich mir: „Typisch. Wieder ein Artikel in der Radiozeitschrift oder in einem Heftchen in der Arztpraxis und einem schon bekannten dummen Mythos aufgesessen oder womöglich noch etwas aus meiner eigenen Feder in einem Gesundheitsmagazin und nicht offen für Bekehrung … und dann darunter die MEG- und DGH-Adresse …“
Der Herr unterbricht mein Räsonieren: „Wissen Sie, ich mache schon eine Psychotherapie, eine ganz normale. Jetzt will ich aber endlich meine Angst weghypnotisiert haben.“
Ich betone nochmals, daß Hypnose prädestiniert in der Behandlung von Angstsymptomen eingesetzt werden kann, informiere den Herrn aber auch, daß Symptome meistens ja ihre Geschichte und auch einen Sinn haben, so daß man sie nicht einfach „wegzaubern“ dürfe, was auch nicht funktioniere. In Hypnose könne leider, aber eigentlich auch glücklicherweise, niemand anderer für einen selbst das Problem erledigen. Dagegen verhelfe der veränderte Bewußtseinszustand der Hypnose einem aber dazu, ganz selbständig neue Kräfte zu mobilisieren, so daß man letztendlich selber das Problem lösen könne. Das sei doch auch viel besser. Und außerdem befände er sich ja schon in Therapie …
Ich komme nicht weit:
Der Herr: „Und das Rauchen? Können Sie mich nicht dafür in Hypnose ‚beamen‘, damit ich aufhören kann?“
„Oh, là, là ein hartnäckiger Fall“, geht mir durch den Kopf.
Ich erkläre weiter, daß Hypnose nur in einen psychotherapeutischen Rahmen eingebettet angewendet werden sollte. Auch ich würde Hypnose ausschließlich innerhalb meiner Psychotherapien einsetzen. Und da er sich schon in einer Therapie befände, bliebe mir nur übrig, ihm eine Empfehlung zu geben, und ob er diese anhören wolle.
Der Herr: „Werden Sie mich jetzt durchs Telefon hypnotisieren?“
Amüsiert antworte ich: „Durchs Telefon? Eigentlich nicht, aber wer weiß, nichts ist unmöglich. Und Sie sind ja wirklich zu vielem bereit, um Ihre Angst zu verlieren. Das ist gut. Dann werden Sie auch erfolgreich sein!“
Klingt wie eine klassische Suggestion, könnte sogar wirken, bei der Motivation …
Pause.
Gespannte Aufmerksamkeit auf der anderen Seite.
Ich: „Wollen Sie meine Empfehlung nun anhören, um sich besser zu fühlen und sicherer zu werden?“
Der Herr deutlich: „Ja.“
Ich: „Lernen Sie Selbsthypnose! Kaufen Sie sich dazu das Buch Selbsthypnose von Brian Alman, studieren Sie es, machen Sie die Übungen und besprechen Sie alles mit Ihrem Therapeuten.“
Der Herr, hörbar aus allen Wolken fallend: „Ich soll da selber was machen können?“
Ich, die sich zufällig ergebende Chance nutzend: „Ja, Sie können, weil Sie wollen!“
Der Herr, verwundert, aber sich öffnend: „Meinen Sie?“
Ich: „Ja, ich meine nicht nur, ich bin sicher. Sie werden davon profitieren.“
Der Herr: „Warum nicht?“
Ich: „Ja, warum nicht. Alles Gute!“
Dieses Gespräch gibt die typische Erwartungshaltung wieder, der wir als Hypnotherapeuten ständig von neuem ausgesetzt sind und für die wir gewappnet sein müssen. Im Moment des Niederschreibens am PC erhalte ich einen fast identischen Anruf, auch was die nachträgliche Frage nach der Raucherentwöhnung anbelangt, nur unterschieden durch die Aufzählung aller bisher durchlaufenen therapeutischen und medizinischen Stationen (zur Beseitigung einer Schlaflosigkeit der Aufenthalt im Schlaflabor etc.) und durch den Hilferuf:
„Sie sind meine letzte Rettung!“