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Kapitel 2 ▶ Reflexionen 2.1 Der Zauber der Stimme

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Obliegt es uns nun schon, den Patienten mit der Aufklärung, daß uns keine magischen Kräfte innewohnen, zu enttäuschen, sollten wir uns aber einer „Zauberkraft“ bewußt sein: der Tragkraft unserer Stimme. Mit ihrem Klang, der Melodie der Satzgebilde, der Betonung, dem Leisen, Lauten, dem Bestimmten, dem Herausfordernden und Fragenden, nicht zu vergessen dem Pausensetzen, verankern wir unseren Patienten. Diese Faszination, im wahrsten Sinne eine therapeutische „Fesselung“, ist zweifelsohne von wesentlicher Bedeutung für die Hypnose. Sei die Stimme beruhigend, sanft begleitend, bestätigend, zweifelnd oder wie mit sich selbst im Zwiegespräch, der Patient ist immer ‚ganz Ohr‘ für die Stimme des Therapeuten; vielleicht weniger bewußt, aber unbewußt uneingeschränkt. Tatsächlich belegen neurophysiologische Untersuchungen, daß die auditive auch die letzte zerebrale Funktion ist, die in der Allgemeinanästhesie erlischt. Die Struktur der Hörbahn (und da speziell die Colliculi inferiores) weist auch während Allgemeinanästhesie nahezu unveränderte Stoffwechselaktivität auf (Sokoloff 1981).

(Zu diesem Thema seien die Studien von David Cheek (Cheek 1959, 1962, 1964, 1966, 1980, 1988) zur intraoperativen akustischen Wahrnehmung sowie eine der darauf basierenden Studien an der Universität München (A. Kaiser Rekkas 1992) erwähnt; siehe auch den während des kardiochirurgischen Eingriffes präsentierten hypnotherapeutischen Tonbandtext mit der postoperativen Erinnerung von 23 % der Patienten im Kapitel ‚Hypnose in der Schmerztherapie‘.)

Sei er in tiefster Hypnose, der Patient lauscht uns. Er vernimmt die Melodie, die ihn begleitet, ihn geleitet und sichert, wie das Rauschen eines Baches, der an seiner Seite fließt. Es bewährt sich fast immer, während der Sitzung eine Tonbandaufnahme für das Üben zu Hause zu machen. Die meisten Patienten profitieren davon für die Selbsthypnose und verbinden automatisch das Hören der Stimme mit der therapeutischen Situation. „Ich brauche nur Ihre Stimme zu hören, da beginne ich mich schon zu entspannen und wohl zu fühlen …“ Oder die Aussage einer Patientin, die ab und an Hypnose mittels unserer Tonbandaufnahme in ihr turbulentes Leben einbaut: „Da nehme ich ein wenig ‚Instant-Agnes‘ zu mir.“ Naja, immerhin.

Wird die Stimme moduliert und differenziert eingesetzt, hat die Hypnotherapie ein wesentliches Agens dazugewonnen.

„Das ist gut so.“

Ein kleiner, unscheinbarer Satz. In wie vielen Variationen kann er ausgesprochen werden!

Hypnose darf nicht ‚triefelig‘ angeleitet werden: mit leiser, sedierender Stimmlage, besorgter Miene und der Angst im Nacken, die falsche Formulierung zu treffen. Das Repertoire sollte von heiter und beschwingt, über anspornend bis ernst, laut bis leise, und möglichst natürlich reichen. Die Worte auf der Zunge zergehen lassen, den Klang selber nachvollziehend, ganz in Konzentration, genügend geruhsame Pausen setzend, die sich stimmig anfühlen. Erlauben wir Zeiträume, in denen unsere Worte im Patienten zum Schwingen kommen und Bilder sich entfalten! Mit Hypnose arbeitend, empfiehlt es sich, die Augen selber öfters zu schließen, um ganz bei sich zu sein. Dann bekommt die Stimme einen schönen Klang und wirkt getragen. Als hypnotisches Fluidum verleiht sie dem Patienten Halt und Kraft und läßt ihn damit leichter therapeutische Schritte vollziehen.

Klinische Hypnose und Hypnotherapie

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