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6. Ich fasse zusammen

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Das früheste Erbe einer mentalen Evolution des Menschen sind von „evolutionärer Intelligenz“ erschaffene biologische Grundlagen: Deren Variationen schaffen Entwicklung und schließlich auch eine mentale Evolution des Menschen. Evolutionäre Intelligenz orientiert sich am kosmologischen Gesetz von „Ursache und Wirkung“ und verwandelt dieses in ein biologisches Gesetz von „Irritation und Reaktion“. Das biologische Gesetz von „Irritation und Reaktion“ aber muss lernen zu unterscheiden: Wer überleben und sich fortpflanzen will muss erkennen, was ihm nützt und was ihm schadet. Diese Existenzsicherung liefert eine „sensorische Intelligenz“.



Die Sensorische Intelligenz ist eine Grundbedingung allen Lebens und wird in der biologischen Welt zahlreiche Variationen erfahren. Symbiose, Mutualismus und Kooperation sind akzeptierende biologische Reaktionen. Vernichtung, Parasitismus und Konkurrenz sind ablehnende Reaktionen. Sie werden, von evolutionärer Intelligenz initiiert, bereits im zellulären Miteinander beobachtet und lenken schließlich auch das menschliche Verhalten.


Zwei unterschiedliche Formen „sensorischer Intelligenz“ sind wiederum die Erfindungen einer „evolutionären Intelligenz“: Sensorische Intelligenz entsteht durch eine Vielfalt und eine Spezialisierung sensibler Organe für Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Sie werden zu einem Wesensmerkmal der tierischen Evolution, führen zu Trieben und Instinkten und entwickeln „topische“ oder „phobische“ Reaktionen. Für Säugetiere, für Primaten und für den Menschen entwickelt die evolutionäre Intelligenz eine zusätzliche Spezifität: Sensorische Wahrnehmungen, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen, werden neuronal- und hormonal bearbeitet und dann erst beantwortet.

Die Fähigkeit zu unterscheiden durch sensorische Intelligenz ist eine sehr frühe Form biologischer Intelligenz und ist verantwortlich für zwei grundsätzliche Tendenzen der biologischen Evolution. Erste Konsequenz des Unterscheidens ist die Entwicklung einer biologischen Diversität unterschiedlichster Pflanzen und Tiere: Wo in der Biologie Neues aufkommt entscheidet das Umfeld ob das Neue brauchbar und nützlich ist und eine Weiterexistenz möglich wird oder ob das Umfeld die Fortentwicklung oder die Existenz des nicht Brauchbaren oder Nutzlosen verhindert. Fortentwicklung zu Diversität, an der wir uns erfreuen, die wir bewundern und bestaunen, sind die bisher erkennbaren Folgen des biologischen Unterscheidens von Akzeptanz oder Abwehr.

Eine zweite Konsequenz der sensorischen Intelligenz des Unterscheidens macht aus einem Reiz eine topische- oder phobische Reaktion. Jeder Reiz ist in der biologischen Welt entweder mit Akzeptanz und Zuversicht oder mit Abwehr und Gefahr assoziiert. Das implizite- oder biologische Lernen wird diese doppelte Assoziation fortführen und sich zwischen Symbiose, Mutualismus und Kooperation oder Tötung, Parasitismus und Konkurrenz entscheiden. Eine wichtige Konsequenz der sensorischen Intelligenz des Unterscheidens in der Biologie ist beim Menschen ein inhärenter Dualismus seines Entscheidens: Der Mensch ist zugleich Altruist und Egoist. Kommen Emotionen und Gefühle ins Spiel, so entstehen aus einer akzeptierenden Reaktion Liebe und Zufriedenheit oder aus der ablehnenden Reaktion Angst und Sicherheit. Kognitive Reaktionen werden schließlich zum Frieden und zur Zusammenarbeit oder auch zu Krieg und Feindschaft führen. Die frühe biologische Intelligenz der Unterscheidung bestimmt bis heute das menschliche Handeln, Fühlen und Denken. Da wir aber nicht nur biologische, sondern auch fühlende und denkende Wesen sind, können wir entscheiden, ob wir uns von Angst und Unsicherheit durch Fremdes leiten lassen oder Unterschiedlichkeit und Diversität als etwas Schönes und Liebevolles akzeptieren. Nur wenn wir Diversität akzeptieren, folgen wir dem Weg der Evolution. Dies gilt für Natur und Umfeld genauso wie für das gesellschaftliche Miteinander des Menschen. Die Vielfalt und die Diversität der biologischen Welt der Pflanzen und der Tiere können wir nur über die Milliarden Jahre ihres Entstehens begreifen. Jede einzelne Pflanze und jedes Tier sind auf ihre Art genauso einmalig wie der Mensch. Evolutionäre Intelligenz schafft aus wenigen Bausteinen des Anfangs und deren unterschiedlicher Zusammenarbeit eine Kontinuität, welche in der Dialektik zwischen lebendem Akteur und Umfeld zu einer kaum begreifbaren Vielfalt und Komplexität führt.

Drei Gesetze bestimmen die Vielfalt und Komplexität der Pflanzen, der Tiere und auch die Welt des Menschen:

 Abhängigkeit: Die kosmologischen Faktoren Masse und Energie werden biologisch zu Reiz und Reaktion, die auch unser menschliches Verhalten lenken.Pflanzen, Tiere und Menschen können nur zusammen existieren oder miteinander untergehen.Umfeld und biologischer Akteur bewirken nur zusammen Entwicklung.

 Kontinuität:Die Evolution entwickelt Individuen, deren Fortpflanzung die Arterhaltung sichert. Ein Überfluss an Nachkommenschaft sichert die Art, auch wenn Individuen sterben.

 Diversität: Mit dem Gesetz von „Reiz-Reaktion“ oder mehr noch mit „Reiz und unterschiedlicher Reaktion“beginnt Diversität.Mit ortständiger Verwurzelung entstehen Pflanzen und mit Bewegung entstehen Tier und Mensch.Verwurzelung und Motorik sind Ursachen für eine biologische Diversität und sind zugleich Ursachen für die Diversität biologischer Individuen.

Abhängigkeit, Kontinuität und Diversität sind Phänomene, die mit der materialen- und biologischen Entwicklung in die Welt gekommen sind und für den Menschen bedenkenswerte Konsequenzen haben. Sie können genutzt-, aber auch ausgenutzt werden und zum Schaden des menschlichen Zusammenlebens führen. Für die im nächsten Kapitel analysierten Millionen Jahre der Entwicklung der Hominiden ist Abhängigkeit ein Phänomen unter Gleichen und hilft ihnen beim Überleben, weil sie ein emotionales Miteinander und Füreinander entwickeln werden. Abhängigkeit aber entsteht auch durch die Arbeitsteilung einer Gesellschaft. Sie führt zum Verlust von Kompetenz für jedes Individuum und macht aus Abhängigkeit schließlich ein fragwürdiges- ein individuelle Kompetenz reduzierendes Phänomen. Darüber wird im dritten Teil dieses Buches zu berichten sein. Gleiches gilt für Kontinuität: Auch sie ist ein zwangsläufiges Produkt der materialen- und auch der biologischen Evolution. Wir werden sehen wie die frühen Menschen bis hin zu heutigen indigenen Gruppen Kontinuität erlebten, indem eine ewige Wiederkehr des Gleichen ihnen zu Zufriedenheit und Glück verhalf und das Überleben schenkte. Der nachkommende Homo sapiens aber findet sein Glück auch im Wandel und macht aus Kontinuität eine fortwährende Beschleunigung, der Menschen kaum noch folgen können. Schließlich ist Diversität eine dritte Konsequenz erst der materialen-, dann der biologischen Evolution, an der wir uns erfreuen, die wir schätzen und bewahren sollten. Dass wir modernen Menschen eine Entwicklung zulassen, die Diversität und Vielfalt reduziert, das Artensterben zu Gunsten menschlichen Konsumverhaltens akzeptiert und der Mensch sich selbst in Gefahr bringt, darüber muss nachgedacht werden, indem wir die von der Mentalität des Menschen ausgelösten Gründe für den Umgang mit Natur und Umfeld analysieren.

EINE EVOLUTION, ABER UNTERSCHIEDLICHE GESCHICHTEN?

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